Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
Vom Netzwerk:
begutachtete er das alte aufgesetzte Schloss. Es war mit einem einfachen Bartschlüssel zu öffnen. Die Haustür aber stellte kein Hindernis für ihn dar. Sie war geöffnet. Mit gespielter Ruhe trat er hinaus. Ein paar Häuser weiter nach rechts herrschte Aufregung vor der Tür. Eine frische Seebrise kühlte seine Wangen. Von ferne sah er Menschen gestikulieren. Sie riefen irgendetwas Unverständliches durcheinander. Nur ab und zu hörte er Worte wie, „er muss noch drin sein“. Jürgen Schütz unterdrückte seine Eile, begab sich, gelassen wie ein Spaziergänger, nach links. Bald darauf war er in der Menge verschwunden.
    Im Hotel „Eden au Lac“ zahlte er seine Rechnung, packte schnellstens seinen Koffer und verließ mit seinem Auto die Tiefgarage. Am Flughafen besorgte er sich einen Revolver mit Munition. Nur für alle Fälle sagte er sich. Er raste Richtung Bodensee.
    Aus Sicherheitsgründen hatte er schon vor zwei Wochen eine Maßnahme ergriffen. Den Brief seines Kraftfahrzeuges trug er immer bei sich. Ein Stück Papier, das sich wie festes Pergament anfühlte. Daran dachte er im Augenblick. Zur Not könnte er sein Auto verkaufen, um seine finanzielle Basis zu verlängern.
     
    *
     
    Plötzlich hielt er an, wendete und fuhr zum Flughafen Zürich.
    Die Geschäfte stellten eine ideale Kulisse für seine Einkäufe dar. Nicht einmal dachte er daran, von einem seiner Feinde, die ihm nach dem Leben trachteten, entdeckt zu werden. Sein Tod war vorprogrammiert. Es durfte keine spontane ‚irgendwo‘ und ‚irgendwie‘ Entscheidung sein. Er durfte nicht in der Öffentlichkeit mit Zuschauern geschehen. Sein Tod musste, wenn er denn gelingen sollte, ohne Zeugen, wie ein Selbstmord oder Unfall aussehen. Ein verschwiegener Tod gewissermaßen, der so völlig nebenbei geschehen musste. Dann würde man nicht weiter darüber reden. Oder er würde irgendwann abseits an einsamer Stelle hinterrücks erdrosselt werden.
    Zur Vorbereitung seines eigenen Todes gehörte auch, sich mehr Luft zu verschaffen. Ein Anruf bei Frau Hubert schenkte ihm diese Zeit. Die Dame im Chefbüro wusste noch nicht, dass er beim BWB gewesen war, so normal begrüßte sie ihn. Er teilte ihr mit, dass er für seine Aufgaben ein paar Tage, wenn nicht ein oder zwei Wochen benötigte, bevor er zurückkehren könnte. Das System strafte sich selbst, denn auch diesmal blieben die Fragen nach dem ‚Warum?‘ aus. Die Büroleiterin würde noch nicht einmal überrascht reagieren, wenn er ihr am Telefon sagen würde „Frau Huber ich bin tot.“
    Nach seinem erfolgreichen Einkauf mietete sich Schütz in einem Hotel ein, duschte ausgiebig, kremte seinen Körper mit duftenden Ölen ein, wie es die olympischen Kämpfer in Griechenland getan hatten. Seine Muskulatur fühlte sich stark und geschmeidig an.
    Den Rest des Tages verbrachte Schütz wieder in einem Wald nahe der Deutsch-Schweizer Grenze. Der Himmel hatte sich inzwischen bezogen. Noch fiel kein Regen aus den dunkler werdenden Wolken. In seinem Auto legte er den Fahrersitz flach. Darauf ruhte er wie in einem weichen Bett. Als wären sie absichtlich so eingeölt worden, rochen die Ledersessel und die Armaturenbespannung nach kräftigem Leder. Die eingeschweißten Sicherheitschips in der Karosserie zeigten sich jetzt als Nachteil. Darüber könnten die Bewegungen seines Wagens über den Satelliten verfolgt werden. Das zu tun, darauf müssten seine Gegner erst einmal kommen. Das traute er ihnen einfach nicht zu. Zumindest ging er jetzt davon aus, dass es nicht so war, zumal auch der Tod in seinem Auto nicht vorgesehen war.
     
    *
     
    Könnte sein Coup, den er vorhatte, gelingen?
    In silbrigem Glanz einer weichen Straßenbeleuchtung erstrahlte der General Guisan Quai selbst des Nachts. Die wie ein grober Pfeil spitz zulaufenden Uferenden lenkten die frische Seebrise ins Stadtzentrum hinein. Regen schien hinderlich für das Unterfangen des sportlich gekleideten Mannes. Er warf auf der Seeseite der Straße einen kurzen Blick auf das BWB. Ab und zu blickte er unverfänglich auf die Wolken. Die Fenster in dem Bürohaus waren durchweg dunkel. Chefs und Sekretärinnen verbrachten um diese späte Stunde ihre Zeit auf gesellschaftlichen Empfängen oder bei sonstigen Aktivitäten der Highsociety. Nichts an dem Gebäude war zu erkennen von dem Ärgernis, das man im BWB am abgelaufenen Tag hatte. Das Leben lief normal. Die Wolkendecke lag so dicht über der Stadt, dass man glauben mochte, sie würde die Dächer der

Weitere Kostenlose Bücher