Der Kofferträger (German Edition)
griff er Frau Hubert ins Wort.
„Ist schon in Ordnung. Ich weiß Bescheid. Ich schließe den Koffer weg. Machen Sie sich keine Gedanken. Sagen Sie mir, wie viel Geld Sie von mir für Ihre Spesen bekommen.“
„Hören Sie auf mir vorzuschreiben, worüber ich mir keine Gedanken machen soll“, wollte er verärgert aufbrausen, ließ es aber doch nur bei seinen Gedanken. Schaute sie ihn nicht seltsam an? Spielte nicht um ihren runzligen Mund ein listiges Lächeln?
Ohne Nachfrage händigte sie ihm die hohen Reisekosten aus. Ohne Papierbeleg, ohne Abrechnung. Er nannte eine Zahl, sie beglich die Zahl. Als hieße sie ihn im Klub der ‚Wissenden‘ willkommen. So, als zählte er von nun an dazu. Das war’s. Er war zu nichts anderem gebraucht worden, als zum verschwiegenen Boten. Er musste seine Bewährungsprobe bestehen. Die Paten wussten schon, wohin die Reise ging. Von H.B. und W.B. von Frau Hubert und jetzt auch von Schweiger war er eingesetzt als Koffer tragender Generalbevollmächtigter der Schatzmeisterei. Ein hohes Gehalt bezog er für seinen Gepäckträgerjob.
An dem Abend hatte er zu nichts anderem Lust, als sich vor die Quatschkommode zu werfen. Er schmiss sich auf die Couch und befahl:
„Okay, gib mir Programm eins.“
Die ein mal einmeterfünfzig große, zwei Zentimeter flache Leinwand schaltete sich ein. Ein Monstrum, das sich dennoch in dem weitläufigen Wohnzimmer verlor. Im ‚Ersten‘ brachten sie die Nachrichten. „In Berlin wurde ein neues Gesetz verabschiedet. Das Parteiengesetz, das sich im Wesentlichen mit der neuen Parteienfinanzierung beschäftigt ...“
Jürgen fuhr senkrecht wie ein Besenstil auf dem Sofa hoch. Mit seinen Ohren kroch er in die rechts und links stehenden Lautsprecherboxen hinein. In seiner Anspannung knurrte er selbst seine Frau Anita an, als sie ihn fragte, ob die Reise anstrengend gewesen sei. Sie pflanzte sich beleidigt ob seiner brüsken Art neben ihn auf die Couch, hörte gemeinsam mit ihm die Meldungen. Alles längst bekannte Dinge. Jürgen hatte an der Formulierung mitgearbeitet, um Sauberkeit in die Finanzen hineinzubringen.
Die Sprecherin legte den Gesetzestext zur Seite und sprach direkt in die Kamera.
„Wir haben zu dem neuen Parteiengesetz Bundeskanzler Braunegger während seines Wahlkampfes in Brandenburg befragen können, hören sie seine Stellungnahme.“
Als stimmte er mit einem Chor die Siegeslyrik an, verkündete der Kanzler seine Überzeugung.
„Ein Gesetz, das dem Bürger vor Augen führt, wie wir für Transparenz in den Finanzen unserer Parteien eintreten. Dieses Gesetz wurde von der Fraktion der PCD in den Bundestag eingebracht. Nach langen Kämpfen gegen die Opposition konnte es den Bundestag und jetzt auch den Bundesrat passieren.“
„Herr Bundeskanzler, was ist das Neue, das Bemerkenswerte an dem Gesetz zur Parteienfinanzierung?“, eine weiche Stimme fragte aus dem Hintergrund, als würde sie sich um die Verpackung von Bananen kümmern.
„Jetzt herrscht endgültig Klarheit. Vor allem weiß jeder in der Politik, dass er bei Verstößen persönlich bestraft wird. Seine Karriere wäre damit beendet. Das bedeutet, dass sich jeder Einzelne davor hüten wird, sich mit irgendwelchen unsauberen Geschäften abzugeben. Das entspricht unserem Anspruch eines moralisch neuen Aufbruchs. Es ist ein Gesetz, das geeignet ist, das Vertrauen der Bürger in seinen Staat zu festigen. In der Bundesrepublik Deutschland, unter meiner Führung, beweisen wir die Unkäuflichkeit politischer Entscheidungen. Was wir dennoch weit über ein derartiges Gesetz hinaus anstreben, ist das Bewusstsei n und der Anspruch aller Bürger auf eine saubere und ehrliche Politik.“
„Ist was? “, fragte Anita ihn, als sie seine nachdenkliche Stirn sah. Aus ihren Augen leuchtete eine herablassende Weltklugheit. Was wusste sie?
„Hast du was dagegen, wenn ich noch mal ins Büro gehe? Es gibt noch ein paar Unklarheiten abzustimmen.“
„Ach schade, aber ich weiß um die Wichtigkeit deines Amtes“, mit diesen Worten ließ sie ihn gehen. Er konnte noch zu wenig aus ihren Äußerungen erkennen. Sehr lange, sehr oft hatte sie mit ihrem Onkel in vertrauter Runde zusammengehockt. Was ist da besprochen worden?
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Zur Bonzenmeile verkehrten die Buslinie S7 und die U-Bahn-Linie 5 die ganze Nacht hindurch im Zehnminutentakt. Das hatten Parteien und Regierende so beschlossen. Schütz hockte auf der gepolsterten Bank in dem fast leeren
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