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Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Titel: Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Slade
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und als ich am nächsten Tag mein Gesicht an ihrer Tür zeigte, sah sie mich traurig an und schüttelte den Kopf. Sie sagte mir, ich solle einen Tag Pause machen. Sie könne die Stellung allein halten. Aber das habe ich abgelehnt.
    Am Nachmittag saßen wir in ihrem Allerheiligsten und ich las gerade einen Bericht über den Arboristik-Kongress von 1917 in Stanley Park, als Elvira Franklen plötzlich buchstäblich mit einem Satz aus ihrem Stuhl sprang. Ich dachte, sie hätte einen Schlaganfall. »Oh du liebe Güte!«, kreischte sie.
    Können Menschen sich wirklich so erregen?, fragte ich mich, während meine liebenswerte Zwergin mit einem Blatt Papier in der Luft herumfuchtelte.
    »Ich hab’s gefunden!«, rief sie – und, ich schwör’s, mein Herz setzte einen Schlag aus.
    Ich schoss wie der Blitz durchs Zimmer.
    Dann legte Elvira das Blatt auf ihren Schreibtisch, strich es mit der Hand glatt und deutete auf einen Artikel in der Ausgabe vom Juli 1955 des Pacific Planter . Der Artikel lautete:
    AUF DEN KRIEG VORBEREITET,
    ABER AUF FRIEDEN HOFFEND
    Heute gedeihen über Mr. Albert Stones Luftschutzkeller Ahornbäume. Mr. Stone hat sein Grundstück bei einer öffentlichen Versteigerung von im Zweiten Weltkrieg von den Japanern konfisziertem Land erworben – und behauptet, dass seine besondere Fruchtbarkeit diesem Umstand zuzuschreiben ist. »Bevor die Japse Pearl Harbor angegriffen haben, war das eine Gemüsefarm«, erklärte uns Mr. Stone. Mr. Stone ist ein echtes Original.
    Wir standen heute in seinem Garten, der an den weiten Bogen des Südarms des Fraser River angrenzt. Ich fragte ihn, weshalb er über seinem vor Kurzem fertig gestellten atombombensicheren Unterstand ausgerechnet einen Ahornhain angelegt habe. »Ist das nicht ein seltsamer Kontrast?«, fragte ich ihn erstaunt.
    »Überhaupt nicht«, erwiderte Mr. Stone. »Wenn die Kommunisten ihre Atombomben schicken und es wirklich heiß wird, wird dieser eine alte Mann darauf vorbereitet sein. Und bis dahin werden ich und die Erinnerung an meine Frau in unserem Vorgarten sitzen.«
    Und das, liebe Leser, ist der Grund, der mich heute hierhergeführt hat. Hier, inmitten unterschiedlicher Schösslinge von acer macrophyllum, steht der einzige bis zur Stunde im Westen Kanadas gepflanzte Bergahorn. Eine winterharte kleine Pflanze, die ganz sicherlich eine Fahrt an einem Sonntagnachmittag lohnt. Möglicherweise ist das der einzige acer pseudoplatanus, den Sie je zu sehen bekommen.
    »Meine Frau stammte aus der Ukraine, möge ihre Seele in Frieden ruhen! Sie hat diesen Setzling mit in den Westen gebracht – das war ihr Freiheitsbaum. Nun, und als sie starb …«
    Ich hörte zu lesen auf und überflog den restlichen Artikel. Als ich die Adresse von Stones Garten gefunden hatte, holte ich mein Notizbuch heraus und schrieb sie mir auf.
    Dann beugte ich mich zu Miss Elvira Franklen hinüber und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
    Die Ahornbäume hinter dem Zaun wuchsen in dem von Unkraut überwucherten Garten wild.
    Und einladend wirkte der Zaun ganz und gar nicht. Vielleicht war Mr. Albert Stone einfach all jener Pacific Planter Leser überdrüssig geworden, die in seinem Garten herumtrampelten. Aber welche Gründe auch immer dafür verantwortlich waren, hier hatte jemand ganz offensichtlich richtig hingelangt. Auf ziemlich paranoide Weise übrigens. Der Zaun war nämlich eine Barriere aus Drahtgeflecht, die auf beiden Seiten bis zum Fluss hinunterreichte. Und die Stachelspitzen, die darüber zum Himmel ragten, würden einem die Eier in Fetzen reißen. Nicht dass jemand wirklich den Wunsch haben würde, den Garten zu betreten. Das einzige Gebilde auf dem Grundstück war nämlich eine Wellblechhütte, deren Dach vor einer Ewigkeit verrostet war und von dem an den Wänden orangerote Streifen nach unten führten.
    Ich beschloss, es vom Wasser aus zu versuchen, also fuhr ich ohne anzuhalten weiter. Außerdem gab es kein Tor.
    Steveston ist bloß ein kleines Stranddorf, das behäbig dort, wo die Marschen von Lulu Island lautlos ins Meer übergehen, auf den Deichen des Fraser sitzt.
    Auf einer kleinen Tafel im Fenster des örtlichen Haushaltsladens stand zu lesen: Kleines Boot zu vermieten. Anfragen im Laden. Der Laden war vollgestopft mit Badewannenstöpseln, Angelzeug, Schiffsbarometern und Lampen, Ankern, Korken jeder Größe und griechischen Fischerhüten. Der Mann hinter der Theke war damit beschäftigt, ein zerrissenes Fischernetz zu flicken. Auf einem Schild über der

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