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Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Titel: Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Slade
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den Mardi-Gras-Ball. Eine Minute lang stand er in der St. Peter Street und blickte finster auf all die betrunkenen Narren, die rings um ihn herum durch die Nacht torkelten. Dann strauchelte ein schwarzes Mädchen in einem Paillettenkleid und stieß ihn dabei an. Sie lächelte, murmelte »’tschuldigung« und torkelte weiter.
    »Schlampe!«, rief der Mann ihr nach.
    Er sah zu, wie die Frau in Richtung auf den St. Louis-Friedhof davonging, und seine Gedanken wanderten schmerzerfüllt zu dem schwarzen Mädchen zurück, das in der Nacht vor dem Tod seiner Mutter auf der Straße gewesen war. Das Mädchen war nicht aus seiner Nachbarschaft; er hatte es vorher noch nie gesehen. Einfach eine Passantin, die auf dem Bürgersteig dahineilte. Mit Tränen in den Augen und erstickter Stimme hatte er sie angefleht, einen Arzt zu holen. Er hatte zur Praxis des Arztes ein Stück weiter oben an der Straße gezeigt. Und dann war er, immer drei Stufen auf einmal nehmend, wieder nach oben geeilt.
    Seine Mutter blutete stark. Ihre Haut war so bleich wie ein Papiertaschentuch und ihre Zunge zuckte wild zwischen ihren perlweißen Zähnen hin und her. Oh Gott, was für Zähne sie hatte – die gleichmäßigsten, schönsten Zähne, die er je gesehen hatte. Und jetzt erinnerte er sich an jene glücklichen Tage, wie er auf dem Schoß seiner Mutter gesessen und den zärtlichen Worten gelauscht hatte, die aus ihrem Mund kamen.
    Der Mann bog nach links in die Bourbon Street ein und sah auf die Uhr.
    Warum stört es mich immer noch, wo ich doch nichts Unrechts getan habe? Warum?, dachte der Mann.
    Denn wenn das Mädchen nur getan hätte, worum er sie gebeten hatte, würde seine Mutter noch leben. Und er würde dann immer noch ihre Liebe haben. Ein achtjähriger Junge war viel zu jung, um seine Mutter zu verlieren.
    Vielleicht gebe ich mir selbst die Schuld daran, dachte er, dass ich das Kind in ihr hasse. Aber nie, nie, nie habe ich gewollt, dass sie stirbt.
    Nein, die Schuld trifft diese Niggerschlampe. Und jetzt muss sie sterben. Wenn sie nämlich den Arzt geholt hätte, hätte der Tod des ungeborenen Kindes nicht auch meine Mutter mitgenommen.
    Der Mann blieb plötzlich stehen, er hatte den Anfang der Gasse erreicht.
    Gleichgültig hielt er inne und zündete sich eine Zigarette an. Der Rauch fühlte sich gut an, als das Nikotin mit seinen Nerven spielte. Er wartete, bis er eine Lücke in der Menge entdeckte, und eilte dann in die Gasse.
    Geduckt streckte er die Hand aus und tastete hinter einer Abfalltonne herum. Es war noch da, genau an der Stelle, wo er es gelassen hatte, ehe er den Ball besucht hatte. Er nahm es heraus, hob es an und schob es unter das Jackett seines Abendanzugs. Dann richtete er sich schnell auf und kehrte in die Bourbon Street zurück. An der nächsten Ecke bog er nach rechts und nahm jetzt Kurs auf das French Quarter.
    Beim Gehen fühlte sich der Gegenstand, der in der Schlinge unter seiner linken Armbeuge hing, gut an. Selbst durch sein Rüschenhemd fühlte sich das Metall des Axtkopfes an seinem Herzen kühl an.

Fliegende Streifen
    Vancouver, British Columbia, 1982
    Sonntag, 31. Oktober, 10:15 Uhr
    »Guten Morgen, mein Name ist Robert DeClercq. Mein Rang ist Superintendent. Man hat mir die Leitung dieser Sonderkommission übertragen.«
    Während er sprach und sich langsam wieder an das Gefühl gewöhnte, zu einer Gruppe von Beamten zu sprechen, stand DeClercq aufrecht vorne im Raum, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und ließ den Blick von Gesicht zu Gesicht wandern, stellte eine Verbindung zu den Augen seiner Mitarbeiter her.
    Das Paradezimmer war immer noch im Bau, wie alles andere in der Zentrale der Headhunter Squad; wer keinen freien Klappstuhl gefunden hatte, saß auf einem Bauholzstapel oder lehnte an der Wand. Mehr als 70 Beamte befanden sich im Raum, zwei Drittel davon in der braunen Arbeitsuniform der Royal Canadian Mounted Police, die übrigen in Zivil. Etwa ein Fünftel der Anwesenden waren Frauen – das hatte sich bei der Truppe geändert, seit DeClercq in den Ruhestand getreten war. Sein erstes Buch, Männer, die die Uniform trugen, würde in der nächsten Auflage einen neuen Titel brauchen, ging ihm durch den Kopf.
    »Die Aufgabe, die man dieser Sonderkommission zugeteilt hat, ist nicht einfach«, begann er. »Nach allem, was wir im Augenblick wissen, sieht es so aus, als ob die Zielperson dieser Großfahndung ein Mörder ist, der ziellos mordet – ein Meuchelmörder im wahrsten Sinne des

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