Der Krake
es mag auch nicht viel helfen, meiner Erfahrung nach sogar verdammt wenig, aber ich werde für Sie beten.«
»Beten? Zu was?«, fragte Marge. Er lächelte. Die Jukebox spielte »Wise Up Suckers« von Pop Will Eat Itself.
»Scheiß drauf«, sagte der Mann. »Ich verrate Ihnen was. Was, meinen Sie, hat es für einen Sinn, Zeug zu sammeln, das man nicht nutzt? Ich bete zu allen.«
45
»Simon geht es also gut«, sagte Dane. »Er wird mit den Geistern fertig.«
»Das hat Wati jedenfalls gesagt«, entgegnete Billy. »Kommt er?«
»Der Streik läuft nicht gut«, sagte Dane. »Er ist zurzeit ziemlich beschäftigt.«
Es war früh am Tag, und sie waren in der Nähe des London Stone. Zwischen Gebäuden. Dane machte knappe, militärische Handbewegungen, die Billy nicht verstand. Er folgte Dane auf eine niedrige Mauer, ein komplizierter Tanz vorbei an allerlei Kameras.
Unterwegs hatte Dane unverständliche teuthische Predigten gehalten. Kraken stahlen kein Feuer von irgendwelchen Demiurgen, formten keine Menschen aus Lehm, schickten keine Krakenkinder, die für unsere Sünden sterben sollten. »Und also war der Krake in der Tiefe«, hatte Dane gesagt. »Er war in der Tiefe, und er aß, und es kostete ihn, na ja, zwanzigtausend Jahre, den Bissen zu schlucken.«
Ist das alles? Billy verlangte nicht nach einer Exegese.
Dane bewegte sich schneller und gewandter, als es ein Mann von seiner massigen Statur überhaupt können sollte. Aber auch Billy fand die Kletterei einfacher als beim letzten Mal. Er konnte in alle Richtungen nur Dächer erkennen, wie eine Landschaft. Bis sie schließlich hinabstiegen in einen Innenhof voller Kartonagen, die sich im Regen in einen vage winkligen braunen Schlamm verwandelt hatten.
»Hier kommen sie zum Rauchen her. Holen Sie Ihre Waffe raus«, sagte Dane. Er selbst hielt seine Pistole bereit.
Die erste Person, die auftauchte, war ein junger Mann, der Tabak in Form einer Zigarette missbrauchte und in ein Mobiltelefon kicherte. Ihm folgte eine Frau in den Vierzigern mit einer stinkenden Selbstgedrehten. Danach geschah lange nichts. Als sich die Tür das nächste Mal öffnete, war sie da, Saira Mukhopadhyay, eingewickelt in elegante Tücher.
»Bereitmachen«, flüsterte Dane, aber sie war nicht allein. Sie plauderte mit einem athletischen Burschen, der sich gerade eine Silk Cut anzündete. »Arsch«, sagte Dane.
»Ich übernehme ihn«, flüsterte Billy. »Wir haben nicht viel Zeit«, fügte er hinzu. Sie konnten das Gespräch der beiden hören.
»In Ordnung«, sagte Dane. »Wissen Sie, wie Sie ... wie Sie Ihren Phaser auf Betäubung einstellen können?« Sie konnten nicht anders, sie kicherten leise. Billy schob seine Brille hoch. Diesen Sprung hätte er noch vor ein paar Wochen nicht bewältigen können, noch dazu mit einem Phaser in der Hand, doch nun kam er zwar hart, aber kontrolliert auf. Kaum angekommen, richtete er sich auf und feuerte. Der große Mann taumelte durch den Hof und fiel in den Dreck.
Derweil ließ sich Dane elegant hinter Saira fallen. Sie hörte ihn, aber da war er schon über ihr und verpasste ihr einen Schlag mit dem Handrücken, der sie gegen die Mauer schleuderte. Sie stützte sich ab. Dort, wo sich ihre Finger verkrampften, quetschte sie die Mauersteine zusammen wie Knetmasse.
Saira fauchte, sie fauchte im wahrsten Sinne des Wortes. Dane schlug erneut zu. Sie musterte ihn mit blutigen Lippen. Es war leicht zu vergessen, dass für Dane hier heiliger Eifer im Spiel war.
»Ganz ruhig, Mann«, mahnte Billy.
»Nicht viele Leute sind imstande, etwas von dieser Größe da rauszuportieren«, sagte Dane. »Aber das weißt du ja. Wir wissen, wer ihn da rausgeholt hat, und wir wissen, was du dir hast einfallen lassen, um ihn dazu zu bringen. Ich mag es nicht, wenn mir jemand meinen Gott stiehlt. Das macht mich verdammt nervös. Was hast du getan? Was hat Al Adler mit all dem zu tun? Das Ende der Welt ist nahe, und ich will wissen, was du mit meinem Gott gemacht hast.«
»Weißt du eigentlich noch, mit wem du hier redest?«, erwiderte sie. »Ich bin Londonmantikerin ...«
»Du träumst. Wenn Londons Herz aufhört zu schlagen, weißt du, was dann passiert? Ein Scheiß. London braucht kein Herz. Wissen deine Freunde eigentlich, was du tust?«
»Das reicht.«
Fitch war herausgekommen. Sie starrten ihn an, als er die Tür hinter sich schloss und sich neben Saira aufbaute, direkt in Danes Schusslinie.
»Du denkst, ich gehöre in ein Museum«, sagte er. »Mag sein. Aber
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