Der Kreis aus Stein
hat meine Zwingeisen«, sagte er als Antwort auf Binnesmans vorherige Frage. »Ich will sie zurück!« Der Klang seiner Stimme trug weit über die Felder. Orden konnte kaum glauben, daß Raj Ahten aus solcher Entfernung zu ihm sprach.
Der alte Zauberer lächelte und lehnte sich in seinem Sattel zurück, als wollte er sich ausruhen. Auf der Wiese jenseits des Feldes standen Raj Ahtens drei verbliebene Flammenweber.
Jeder einzelne von ihnen begann nun, seinen Körper dem Feuer hinzugeben, wobei die Kleidung in Flammen aufging und rote, gelbe, blaue Feuerranken von ihnen in die Höhe schlugen.
»Wie kommt es«, fragte Binnesman, »daß alle Zwingeisen der Welt Euch gehören müssen?«
»Sie stammen aus meinen Minen«, sagte Raj Ahten und trat einen großen Schritt nach vorn, sein Gesicht erhellt von verführerischer Schönheit. »Meine Sklaven haben das Erz gefördert.«
»Wie ich mich erinnere, gehörten diese Minen dem Sultan von Hadwar – bis Ihr ihm die Kehle aufgeschlitzt habt. Was Eure Sklaven anbelangt, so waren auch sie jemandes Sohn oder Tochter, bevor Ihr sie geraubt habt. Selbst das Blutmetall könnt Ihr nicht für Euch beanspruchen – denn es sind nur die verkrusteten Überreste Eurer Ahnen, die vor langer Zeit bei einem Gemetzel umgekommen sind.«
»Ich kann es sehr wohl als mein Eigentum beanspruchen«, gab der Wolflord leise zurück, »und niemand kann mich daran hindern.«
»Auf welcher Rechtsgrundlage?« rief Binnesman. »Ihr beansprucht die gesamte Welt als Euer Eigentum, und doch seid Ihr nur ein Sterblicher. Muß erst der Tod Euch zwingen, alles herzugeben, auf das Ihr Anspruch erhebt, bevor Ihr erkennt, daß Ihr nichts besitzt? Ihr besitzt nichts. Die Erde ernährt Euch von einem Tag zum anderen, von Atemzug zu Atemzug! Ihr seid mit ihr verkettet, so sicher, wie die Sklaven an die Wände Eurer Minen gekettet sind. Erkennt ihre Macht über Euch an!«
Binnesman seufzte, schaute kurz hoch zu Orden auf der Burgmauer. »Wie wärs, König Orden? Ihr scheint mir ein aufrichtiger Mann zu sein. Werdet ihr Raj Ahten diese Zwingeisen überlassen, damit Ihr beide diese Balgerei beenden könnt?« Binnesmans Augen lächelten, als erwartete er, daß Orden lachte.
»Nein«, sagte dieser. »Ich werde sie nicht hergeben. Wenn er sie will, muß er mit mir kämpfen.«
Binnesman schnalzte mit der Zunge wie ein altes Weib, das mit einem Kind schilt. »Hört Ihr das, Raj Ahten? Hier steht ein Mann, der es wagt. Euch die Stirn zu bieten. Und vermutlich wird er siegen…«
»Er hat keine Chance gegen mich«, sagte Raj Ahten würdevoll, obwohl sich sein Gesicht vor Wut zu verfärben schien. »Ihr lügt.«
»Tu ich das?« fragte Binnesman. »Zu welchem Zweck sollte ich lügen?«
»Ihr habt es darauf abgesehen, uns alle zu verwirren, damit wir tun, was Ihr verlangt.«
»So seht Ihr das? Das Leben ist kostbar – das Eure, meins, das Eures Feindes. Das Leben ist mir sehr wertvoll. ›Verwirre‹
ich Euch etwa, um Euer armseliges Leben zu retten?«
Raj Ahten antwortete nicht, sondern betrachtete Binnesman nur mit unterdrückter Wut.
Binnesman sagte: »Ich trete nun schon zum zweitenmal vor Euch. Ich warne Euch zum letzten Mal, Raj Ahten: gebt diesen tollkühnen Krieg auf!«
»Am besten geht Ihr mir aus dem Weg«, entgegnete der Wolflord. »Ihr könnt mich nicht aufhalten.«
Binnesman lächelte. »Nein, ich kann Euch nicht aufhalten.
Aber andere! Der neue König der Erde ist ernannt worden.
Gegen ihn könnt Ihr nicht bestehen. Ich sehe Hoffnung für das Geschlecht der Orden, aber nicht für Euch. Und ich bin nicht hergekommen, um Euch ein weiteres Mal zu bitten, Euch meiner Sache anzuschließen«, fuhr Binnesman fort. »Daß Ihr das nicht tun werdet, ist mir bewußt. Aber hört gut zu, ich spreche jetzt zu Euch im Namen jener Macht, der ich diene: Raj Ahten, die Erde, die Euch geboren hat, die Erde, die Euch als Mutter und Vater großgezogen hat: sie verstößt Euch hier und jetzt! Sie wird Euch weder länger nähren noch beschützen. Ich verfluche den Boden, auf dem Ihr geht, auf daß er Euch nicht länger tragen möge! Die Steine aus der Erde werden Euch zur Qual. Verflucht sei Euer Fleisch, Eure Knochen, eure Sehnen. Eure Arme sollen geschwächt werden.
Verflucht sei die Frucht Eurer Lenden, auf daß Ihr keine Nachkommen hinterlaßt. Verflucht seien jene, die sich mit Euch zusammentun, auf daß sie Euer Schicksal teilen! Ich warne Euch: Verlaßt dieses Land!«
Der Erdwächter sprach mit solchem
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