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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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er die von Schicksalsschlägen schon oft getroffene Familie seit über einem halben Jahrhundert.
    Andere Ereignisse enthielten mehr Zündstoff, vor allem der Kosovo-Konflikt. Der fünfzig Jahre alte Jubilar NATO hatte seine Bomben seit dem 24. März achtundsiebzig Tage lang munter auf Jugoslawien hageln lassen, aber Slobodan Milosevic zeigte sich davon nur mäßig beeindruckt. Der für unbeschreibliche Gräueltaten verantwortliche Serbenführer hatte gerade genug Zugeständnisse gemacht, um dem Beschuss Belgrads ein Ende zu bereiten. Zwar kontrollierte jetzt die KFOR, die so genannte Friedenstruppe der NATO, das Kosovo, aber Milosevic saß immer noch auf seinem Thron, gestützt von dem großen Bruder in Moskau. Der russische Außenminister Igor Iwanow übte sich im Säbelrasseln. Moskau werde keinen »Weltpolizisten« USA dulden, verkündete er. »Das würde nur zu neuen Spannungen führen, zu einem neuen Rüstungswettlauf, zur atomaren Abschreckung. Das bedeutete ständiges Balancieren am Abgrund des Krieges.« Vorsorglich drohte er allen Gegnern Serbiens schon einmal mit Waffenlieferungen an Jugoslawien.
    In Russland bahnte sich ein Machtwechsel an. Wodkaliebhaber Jelzin wollte oder konnte nicht mehr lange mit dem Atomköfferchen herumspielen und protegierte deshalb ziemlich unverhohlen seinen Zögling Wladimir Putin. Der ehemalige Geheimdienstchef und jetzige russische Premierminister hatte sich im Tschetschenienkonflikt als starker Mann aufgespielt, nun sollte er bald sogar Präsident werden. Hielt er das Zündholz in der Hand, das den letzten Weltenbrand entfachen konnte?
    Allen Spekulationen zum Trotz kam die entscheidende Nachricht nicht aus der großen, weiten Welt, sondern aus Davids eigener Bruderschaft. Einige Tage nach der Hochzeit trat Davy mit einem Notizblock zu ihm und machte ein ernstes Gesicht.
    »Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?«, fragte David an seinem Schreibtisch sitzend. Er steckte sich einen Bleistift hinter das rechte Ohr und lehnte sich in den schwingenden Ledersessel zurück, um Mias Mann die volle Aufmerksamkeit zu schenken.
    Davy ließ sich in einen Stuhl fallen und warf seine Notizen auf den Tisch. »Wir stecken fest.«
    »Schön, dass dir das auch schon aufgefallen ist, mein Sohn.«
    »So war das nicht gemeint, Großpapa.«
    »Wie dann?«
    »Ich weiß jetzt, was Dolly uns sagen soll.«
    Der Bleistift rutschte aus unerfindlichen Gründen aus der Ohrarretierung. David schob sich gespannt zur Tischplatte vor. »Spielt Sola mit menschlichen Erbanlagen herum?« Irgendwie war das Davids schlimmste Befürchtung.
    »Das kann ich noch nicht sagen. Aber er macht offenbar mit einer Firma in Massachusetts Geschäfte, die sich GenOz nennt und von einem in der Schweiz geborenen Biochemiker namens Innozenz Dittmann geleitet wird.
    Einer der Phosphoros-Server ist voll von verschlüsselten Dokumenten, die unter dem Namen dieses Unternehmens indiziert sind. Leider konnten wir den Inhalt dieser Dateien bisher nicht entziffern.«
    David hatte sich inzwischen einen anderen Bleistift von der Ablage geangelt und knabberte darauf herum. »Steht die erste Silbe dieser ominösen Firma für gene, das englische Wort für Gen?«
    »Auf den bunten Werbeseiten von GenOz im Internet wird das jedenfalls behauptet. Und ›Oz‹ soll an den Zauberer aus dem Märchenland über den Wolken erinnern, den Wizard of Oz. Leider hat GenOz ein praktisch unüberwindbares Sicherheitssystem, weshalb ich nicht nachprüfen kann, ob meine Antipathie diesem Namen gegenüber begründet ist.«
    »Wieso Antipathie?«
    »Ist dir das etwa noch nicht aufgefallen?«
    »Du machst mich noch wahnsinnig, Davy. Wovon redest du überhaupt?«
    Die Miene des Hackers wurde erst. »Wenn man die Initialen Dittmanns an den Firmennamen anhängt, dann kommt dabei Genozid heraus, also Völkermord.«
     
     
    Die Zeit wurde immer knapper. Der Sommer ging zu Ende und trotz Davys wichtiger Entdeckung tappten sie noch immer im Dunkeln. Es war nicht so, dass sie überhaupt nicht vorankamen, aber es ging einfach zu langsam! Mit viel Fingerspitzengefühl war es Davy und Dee-Dee gelungen, sich in das Pentagon einzuhacken, genauer gesagt in einige der unzähligen Computer des amerikanischen Verteidigungsministeriums. Am Abend des 29. September fand wieder einmal eine große Versammlung im Wintergarten des Landhauses statt.
    »Wir haben im ›Tempel der fünf Himmelsrichtungen‹ einen Steckbrief des ›Racheengels‹ entdeckt«, verkündete Davy mit

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