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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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ihr dort ja eine Überraschung.« David zwinkerte Davy zu. »Zu dem Gut gehört übrigens eine ansehnliche Schafherde.«
    »Schon verstanden, Großpapa. Sobald unser Söhnchen kräftig genug ist, fahren wir nach England.«
    »Es wird ein Junge?«, fragte David strahlend.
    Auf Mias Nase erschienen kleine Schmunzelfalten. »Das hat die letzte Ultraschalluntersuchung ergeben. Eigentlich wollten wir’s noch niemandem sagen. Aber…« Sie brach in Tränen aus und fiel David um den Hals.
    »Ist ja schon gut, Kleines«, tröstete er seine Enkeltochter. »Mein Lebenskreis schließt sich heute, aber euch steht noch ein langer und hoffentlich glücklicher Weg bevor. Bei der Gelegenheit fällt mir etwas ein. Ich hab ja noch etwas für dich.« David griff in den Lederbeutel mit Jasons Träne und förderte einen kleinen runden Gegenstand ans Licht.
    Mia beugte sich herunter, um das Geschenk genauer betrachten zu können. »Ist das – eine alte Münze?«
    David lächelte entschuldigend. »Ziemlich alt sogar. Sie hat einmal Nick gehört. Ihr erinnert euch doch: Nicolas Jeremiah Seymour, mein alter Schulfreund, der in Flandern gefallen ist. Bevor er in meinen Armen starb, schenkte er mir dieses Sixpencestück und sagte, ich solle einen Menschen finden, der für mich eine bessere Zukunft verkörpert, und ihm die Münze geben. Dieser Mensch bist du, Mia. Und bald wird es Klein David sein, dein Sohn.«
    Mia nahm das Sixpencestück aus Davids Hand entgegen. Wieder brachen Tränen aus ihr hervor und benetzten Davids Brustpanzer. »Ich werde die Münze deinem Urenkel geben. Und ich werde ihm erzählen, was für einen wunderbaren Urgroßvater er gehabt hat.«
    Eine Weile verharrten die beiden in stiller Umarmung. Nur Mias Schluchzen war zu hören.
    Schließlich mahnte Davy leise, aber unnachgiebig: »Ich glaube, wir sollten dann.«
    Mit der Motorjacht setzten David und seine drei jungen Begleiter nach Manhattan über. Nahe der Anlegestelle parkte der Van, ein schwarzer Ford mit dunkel getönten Scheiben. Dee-Dee setzte sich hinter das Steuer, David auf den Beifahrersitz. Davy und Mia schalteten die Apparate im nicht einsehbaren, hinteren Teil des Wagens an. Wenige Minuten später erreichte der Van die 42. Straße. Am Grand Hyatt nahm Dee-Dee den bis dahin von einem Hotelpagen – gegen ein stattliches Sümmchen – freigehaltenen Parkplatz ein.
    »Soll ich dich bis zum Phosphoros Building begleiten?«, fragte Mia.
    »Die Lexington Avenue liegt gleich gegenüber. Das schaffe ich schon«, antwortete David.
    Davy räusperte sich. »Ich habe gerade noch einmal Solas Homepage angeklickt und nachgeschaut, ob Phosphoros anlässlich des heutigen Börsengangs irgendwelche für uns nützliche Informationen herausgegeben hat.«
    »Und?«
    Davy drehte sein aufgeklapptes Notebook herum, damit David den Bildschirm sehen konnte. Im Zentrum der Webseite schwebte Lord Belials Siegelring umgeben von zuckenden Blitzen. »Das ist das neue Firmenlogo des Medienkonzerns. Ich dachte, es würde dich noch zusätzlich motivieren.«
    Davids Gesicht war schon hinter der Kriegsmaske verborgen, aber seine Stimme klang entschlossen, als er sagte: »Danke, mein Junge. Das hat es getan.«
    Noch einmal verabschiedete sich David von seiner Familie und dem vietnamesischen Freund mit einer Umarmung. Zwei Minuten später marschierte ein Samurai in voller Montur durch den New Yorker Feiertagsverkehr. Die Rüstung schien eine Tonne zu wiegen. So jedenfalls kam es David vor. Auf seinem Kopf saß ein halbrunder, goldverzierter, plattenverstärkter Helm mit einem laminierten Nackenschutz. Sein Gesicht befand sich unter einer mempo, einer schwarzen Maske, die nicht nur den Helm zuverlässig an seinem Platz hielt, sondern dem Träger auch ein Furcht erregendes Aussehen verlieh. Die abschreckende Fratze mit abstehendem Hanfschnurrbart verfehlte denn auch nicht ihre Wirkung auf die Passanten.
    Die übrige Ausstattung bestand aus einem Brustpanzer, einem ledernen, kettenverstärkten Arm- und Handschutz, einem Rock aus Metalllamellen, unter dem David eine weite Pumphose trug und Sandalen. Als Waffen hatte er sich das katana und das wakizashi erwählt, seine beiden alten Schwerter.
    Die Kostüme, die im Sekundentakt vor dem Wolkenkratzer von Phosphoros aufkreuzten, waren atemberaubend. David konnte zwei Päpste, drei römische Legionäre, einen afrikanischen Medizinmann und ein Zebra ausmachen. Die meisten Herren befanden sich in weiblicher Begleitung: eine Meerjungfrau, eine Sirene,

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