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Der Kreis der Sechs

Der Kreis der Sechs

Titel: Der Kreis der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate White
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Nacht den Schrei gehört hatte. Sie würde mit Glenda über das reden müssen, was in der Ehe ihrer Freundin vorging.
    Zwei Studentinnen sprachen als Nächstes, Mädchen, die mit den Tränen kämpften, während sie Lily beschrieben und ihr Achtung bezeugten. Es schien, als würde jede von ihnen sie nicht so sehr als eine gute Freundin kennen, sondern als jemanden, mit dem sie im Lauf der Schulaktivitäten zu tun gehabt hatten – eine war mit Lily im Volleyballteam gewesen, eine andere war Mitherausgeberin des Schulmagazins. Bedeutete das, dass Lily nicht viele enge Freunde gehabt hatte, fragte sich Phoebe. Weil sie den Sechsen beigetreten war? Weil da ein neuer Mann in ihrem Leben war? Phoebe blickte sich um und in die Gesichter der Kids in der Menge. Die Studenten wirkten düster, definitiv traurig, und einigen Mädchen liefen die Tränen über das Gesicht. Interessanterweise gab es nirgends eine Spur von Blair oder Gwen.
    Die Zeremonie schloss mit einem Segen des Schulgeistlichen und einem schwermütigen Lied vom Gesangsverein. Die Menge begann, sich in die Dunkelheit aufzulösen, obwohl einige Studenten da blieben, sich gegenseitig umarmten oder teilnahmslos miteinander sprachen. Phoebe überlegte, ob sie zu Glenda hochgehen sollte, aber sie sah, dass ihre Freundin von Mitgliedern der Verwaltung umgeben war. Dann ist es Zeit, nach Hause zu gehen, dachte Phoebe, und der Gedanke machte sie leicht unruhig.
    »Entschuldigen Sie, Phoebe.« Phoebe drehte sich um und sah, dass es Jan Wait vom Fachbereich für Englisch war, die Gläser ihrer großen roten Brille waren von der Kälte beschlagen. »Miles und ich haben ein paar Leute zu einem Glas Wein eingeladen – wir wohnen gleich parallel zur Bridge Street auf der Morton. Nummer sechsundzwanzig. Hätten Sie Lust, uns Gesellschaft zu leisten?«
    Phoebe hätte beinahe Nein gesagt, fing sich dann aber. Jan war immer freundlich zu ihr gewesen, und Phoebe war dankbar für die Einladung. Es würde eine Erleichterung sein, heute Abend Gesellschaft zu haben.
    »Das klingt wunderbar«, sagte Phoebe.
    Bevor sie den Platz verließ, verbrachte Phoebe ein paar Minuten damit, die sich ausdünnende Menge abzusuchen. Immer noch keine Spur von Blair. Oder von Duncan. Aber vielleicht wird er bei den Waits sein, dachte Phoebe. Miles Wait war ebenfalls im Fachbereich für Psychologie.
    Ihre Adresse stellte sich als eines der restaurierten Holzhäuser aus dem 18. Jahrhundert heraus, die es überall in der Stadt gab, besonders in Flussnähe. Als Phoebe in dem kleinen Flur aus dem Mantel schlüpfte, spähte sie durch die Tür in das Wohnzimmer und begutachtete die Szenerie. Es waren bereits ein Dutzend Leute drinnen, die Wein tranken und schwatzten. Und Duncan war da, am anderen Ende des Raumes. Er stand bei dem Bücherschrank mit einer weißen Büste von Freud auf dem obersten Regal und sprach mit einer Frau. Phoebe konnte durch die Menge hindurch nur ihren Umriss erkennen.
    Sie betrat das Wohnzimmer und wurde herzlich von dem großen, umgänglichen Miles begrüßt. Sie blickte zurück in die Richtung von Duncan und beschloss, sich ihm zu nähern. Plötzlich bewegte sich die Menge um ihn herum leicht, und sie sah, dass es Val Porter war, die neben ihm stand und sich angeregt mit ihm unterhielt. Und dann hob Val, zu ihrer Überraschung, die Hand und fuhr damit Duncans Rücken hinab.
    Es war die Art von besitzergreifender Geste, die nur eine Geliebte machen würde.

10
    Fleißiger Junge, dachte Phoebe ärgerlich. Als Duncan sie das erste Mal zum Abendessen eingeladen hatte, hatte sie angenommen, dass er ungebunden war, aber er versprühte eindeutig seinen Charme. Wenigstens löste das ein Problem für sie, entschied sie. Sie hatte sich mit niemandem einlassen wollen, und das garantierte ihr, dass sie es nicht tat. Sie hatte kein Interesse daran, Teil von jemandes Campus-Harem zu sein.
    Sie bahnte sich ihren Weg zur Bar, einem Klapptisch, auf dem ein Mischmasch aus Weinflaschen und einer Achtelgallone Wodka standen. Links daneben befand sich einer dieser großen Backsteinkamine, die vor Jahrhunderten zum Kochen benutzt worden sein mussten, und der nun mit einer Gasflamme ausgestattet war. Die Flammen tanzten, wiederholten immer wieder dasselbe wilde Muster, und das Gas machte ein knallendes Geräusch, wie eine Flagge, die vom Wind gepeitscht wird. Phoebe goss sich ein Glas billigen Shiraz ein. Gleich zu ihrer Linken stand eine Gruppe von drei Leuten – ein Mann und zwei Frauen – und sie

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