Der Kreis der Sechs
Sie vorsichtig, okay?«
Nachdem sie sich verabschiedet hatte, drehte sich Phoebe schnell um und eilte davon, wobei sie hoffte, dass Tobias sie nicht entdeckt hatte.
Sie fuhr als Nächstes zum Campus und ging direkt in die Bibliothek. Sie verbrachte die nächsten paar Stunden damit, sich auf ihre Montagskurse vorzubereiten. Sobald sie dachte, dass er geöffnet haben könnte, rief sie den Schlüsseldienst an und vereinbarte, dass jemand an diesem Tag zu ihrem Haus kommen und bessere Fensterschlösser installieren sollte. Sie versprachen, bis Mittag jemanden zu schicken.
Als sie später nach Hause fuhr, um den Schlosser zu treffen, fiel ihr auf, wie elektrisch aufgeladen der Campus wirkte. Die Leute – sowohl Fakultätsmitglieder, als auch Studenten – standen in Gruppen zusammen, redeten, ihre Gesichter waren verkniffen vor Sorge. Es war deutlich, dass die Nachricht über Trevor sich inzwischen überall verbreitet hatte, und die Leute teilten einander nicht nur das mit, was auch immer sie gehört hatten, sondern stellten wahrscheinlich auch noch wilde Spekulationen an. Als sie an einer Gruppe von vier Mädchen vorbeiging, hörte Phoebe, wie eines von ihnen andeutete, dass Trevor und Lily eine Art Selbstmordpakt geschlossen hatten, aber dass Lily länger gebraucht hatte, ihren Anteil an der Abmachung einzulösen.
Gleich außerhalb des westlichen Tores zum Campus schien es genauso verrückt zuzugehen. Da standen fünf oder sechs Wohnmobile, die diversen Nachrichtenkanälen gehörten, alle mit Satellitenschüssel auf dem Dach. Phoebe stellte sich vor, dass weitere davon an den anderen Toren positioniert waren.
Der Schlosser fuhr genau in dem Moment in seinem Kleintransporter vor, als sie zu Hause ankam. Es war derselbe Typ wie beim letzten Mal. Als er fertig war, ging er mit ihr von Fenster zu Fenster und gab mit den Spezialschlössern an, die er installiert hatte.
»Jetzt ist hier drin alles dicht«, sagte er und warf sein dünnes Haar aus dem Gesicht. Nachdem er gegangen war, sagte sie sich, dass sie jetzt, sofern die Sechsen nicht mit Glasschneidern ankamen, wahrhaft sicher war. Und doch lastete die Sorge schwer auf ihr.
Um fünf Uhr machte sie sich frisch, trug Make-up auf und wechselte in Jeans, eine schwarze Kaschmirstrickjacke mit V-Ausschnitt und ihre engen Wildlederstiefel. Die Angst, die sie den ganzen Tag gehabt hatte, schien sich zu verflüchtigen und wurde von einem wachsenden Gefühl der Vorfreude ersetzt. Sie freute sich auf den Abend, mehr als sie es je erwartet hätte. Da sie wusste, dass sie die Nacht bei Duncan verbringen würde, steckte sie ihre Zahnbürste und saubere Unterwäsche in ihre Tasche.
Sie ging dieses Mal zu Fuß zum Campus, da sie annahm, sie würden Duncans Wagen nehmen, um zu seinem Haus zu kommen. Nachdem sie durch das westliche Tor gegangen war, folgte sie dem Weg Richtung Innenhof. Die Aufregung, die sie an diesem Morgen überall bemerkt hatte, schien sich ein wenig gelegt zu haben. Als sie Curry Hall, das Wohnheim, in dem Lily gewohnt hatte, passierte, blieb sie für einen Moment stehen. Ich muss wissen, was mit dir passiert ist, Lily, dachte Phoebe. Sie konnte sie nicht im Stich lassen, wie sie vor so vielen Jahren im Stich gelassen worden war.
Als sie das Wohnheim umrundete, entdeckte sie Craig Ball am Rand eines kleinen Parkplatzes, der an das Gebäude angrenzte. Er sprach eindringlich mit einem männlichen Studenten in einem grünen Philadelphia-Eagles-Sweatshirt. Befragte er einen Freund von Trevor, fragte sich Phoebe. Sie hätte Ball gerne gefragt, ob er mit den Cops über ihr Problem gesprochen hatte, aber es war eindeutig nicht der richtige Augenblick.
Sie überquerte den Innenhof und schwenkte links in einen Weg, der sie zur Nordseite des Campus bringen würde. Bald tauchte »das Wäldchen«, der bewaldete Bereich am nördlichen Ende des Campus, zu ihrer Linken auf. Leuchtend orange und gelbe Blätter bedeckten noch die tieferen Zweige der Bäume, und es lag außerdem eine dicke, üppige Decke von ihnen auf dem Boden. An jedem anderen Tag hätte es wie ein Wald aus einem Märchenbuch aussehen können, aber für Phoebe hatte er nichts Bezauberndes an sich.
Bald konnte sie das Dach des Wissenschaftsgebäudes über eine Gruppe von hohen Ahornbäumen hinweg sehen. Es befand sich gleich hinter der nächsten Biegung. Sie ging ein wenig schneller, weil sie es eilig hatte, anzukommen. Während sie lief, gingen die Bodenlichter entlang des Weges an und lenkten sie
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