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Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren

Titel: Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren Kostenlos Bücher Online Lesen
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seine beiden Fäuste vors Gesicht. »Die Stadt fällt, wenn ich das will, und zwar nach Askalon und Gaza. Zu siegen ist eine Sache, aber gut zu siegen eine ganz andere. Darüber, was daran gut oder schlecht ist, muss ich mit jemand anders als meinen Emiren reden, die davon überzeugt sind, dass wir es den Christen gleichtun müssen.«
    »Alle Menschen und Tiere in der Stadt töten und nur die Fliegen am Leben lassen«, sagte Arn und senkte den Kopf.
    »Wie wäre es im umgekehrten Fall?«, meinte Fahkr, der sich jetzt zum ersten Mal in die Diskussion einmischte, ohne dass sein älterer Bruder offenbar etwas dagegen einzuwenden hatte. »Wenn wir euch Jerusalem vor einem und einem halben Mannesalter genommen und die Stadt ebenso behandelt hätten wie ihr? Wie würdet ihr
dann in eurem Lager vor der Heiligen Stadt argumentieren, wenn ihr wüsstet, dass ihr sie bald einnehmen würdet?«
    »In diesem Fall wären sich eure beiden Gefangenen Gérard de Ridefort und Guy de Lusignan ausnahmsweise einmal einig«, antwortete Arn. »Niemand würde ihnen widersprechen, wenn sie ankündigten, dass jetzt die Stunde der Rache gekommen sei, in der man es noch schlimmer treiben wolle als einst der Feind, als er damals unsere Stadt entweihte.«
    »So argumentieren wir alle außer meinem Bruder Jussuf«, sagte Fahkr. »Kannst du uns davon überzeugen, dass er recht hat, wenn er sagt, dass Rache falsch ist?«
    »Die Sehnsucht nach Rache ist eine der stärksten Empfindungen des Menschen«, sagte Arn resigniert. »Bei den Moslems und Christen ist es so, vielleicht auch bei den Juden. Ein Gegenargument wäre, dass man mit größerer Würde auftreten sollte als die gottlosen Feinde. Aber das kümmert die Rachsüchtigen nicht. Ein weiteres Argument habe ich sowohl von einem Christen, nämlich Graf Raimund, als auch von einem Moslem, und zwar von Jussuf, gehört: Der Krieg nimmt nie ein Ende, wenn nicht alle Pilger und sogar die Juden Zutritt zur Heiligen Stadt erhalten. Aber auch das bekümmert die Rachsüchtigen nicht, denn sie wollen nur Blut sehen und scheren sich nicht um das Morgen.«
    »So weit sind wir auch schon«, stimmte ihm Saladin zu. »Die Rachsüchtigen, die in der Mehrheit sind, kümmern sich weder um Worte wie Würde noch um ewigen Krieg. Was gibt es sonst zu sagen?«
    »Eine Sache noch«, erwiderte Arn. »Alle Städte können erobert werden, auch Jerusalem. Aber nicht alle Städte können ebenso leicht gehalten wie eingenommen
werden. Eure Frage muss also lauten: Was fangen wir mit dem Sieg an? Können wir die Heilige Stadt behalten?«
    »Im Augenblick haben die Christen nur noch vier Städte in Palästina, von denen wir drei sehr bald einnehmen werden. Es zweifelt also leider niemand an der Antwort«, sagte Saladin. »Gibt es noch etwas zu sagen?«
    »Ja, durchaus«, meinte Arn. »Wollt ihr Jerusalem länger als ein Jahr behalten? Fragt euch dann, ob ihr zehntausend neue fränkische Ritter im Land sehen wollt oder lieber hunderttausend. Wenn euch nächstes Jahr hunderttausend lieber sind, dann müsst ihr es den Christen gleichtun, also alles töten, was lebt. Wenn ihr euch mit zehntausend begnügen wollt, dann zieht in die Stadt ein, nehmt eure Heiligtümer wieder in Besitz, schützt die Grabeskirche und stellt es allen Einwohnern frei, die Stadt zu verlassen. Das ist einfache Mathematik und nichts anderes. Hunderttausend Franken nächstes Jahr oder nur zehntausend? Was ist euch lieber?«
    Die drei anderen schwiegen lange. Schließlich erhob sich Saladin, zog Arn auf die Füße und umarmte ihn. Wie immer, wenn etwas Gefühlvolles, Grausames oder Schönes in seiner Nähe geschah, weinte Saladin. Seine Tränen waren in der gesamten rechtgläubigen Welt berühmt und wurden verspottet oder bewundert.
    »Du hast mich gerettet, denn du hast mir einen Grund gegeben, die Heilige Stadt zu schonen. Damit hast du vermutlich nicht nur zahlreiche Leben gerettet, sondern vielleicht auch unsere Herrschaft über die Stadt in alle Ewigkeit«, sagte Saladin schluchzend.
    Sein Bruder und sein Sohn betrachteten seine Tränen gerührt, aber konnten sich selbst beherrschen.

    Einen Monat später stand Arn vor den Mauern von Askalon. Er trug seine alten Kleider, die geflickt waren und sich wie auch sein Panzer in einem besseren Zustand befanden als vorher. Er trug jedoch nicht als Einziger den Mantel eines Templers, das tat Großmeister Gérard de Ridefort ebenfalls. Er und König Guy de Lusignan folgten dem Heer eher als Gepäckstücke denn als

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