Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
glaube eigentlich, dass du sie kennst«, entgegnete Arn, der plötzlich merkte, wie die Hoffnung wieder in ihm erwachte. »Du kannst Gaza einnehmen, das glaube ich dir. Aber das wird dich dein halbes Heer kosten und sehr viel Zeit. Ich werde also nicht umsonst sterben, sondern für eine wichtige, große Sache - du weißt sehr gut, wovon ich spreche. Ich will deine Gnade nicht, ich will lieber sterben, um deine Armee zu einer Truppe zusammenschmelzen zu sehen, mit der du nicht weiterziehen kannst.«
»Dann haben wir uns nichts mehr zu sagen«, bestätigte ihm Saladin mit einem traurigen Kopfnicken. »Geh in Gottes Frieden und sprich heute deine Gebete. Morgen herrscht wieder Krieg.«
»Ich wünsche dir ebenfalls Gottes Frieden«, sagte Arn und erhob sich. Dann verbeugte er sich tief und ehrfürchtig vor Saladin, drehte sich um und verließ das Zelt.
Auf dem Weg zurück zum Stadttor traf er Saladins Bruder Fahkr, der sein Pferd zügelte und fragte, was nun geschehen würde. Arn erwiderte, dass er Saladins Angebot abgelehnt habe, das zugegebenermaßen weniger hart gewesen sei, als man hätte erwarten können.
Fahkr schüttelte den Kopf und meinte, nun sei genau das eingetreten, was er seinem Bruder vorhergesagt habe, dass nämlich selbst das großzügigste Angebot auf kategorische Ablehnung stoßen würde.
»Ich sage Euch jetzt Lebewohl, Al Ghouti, und Ihr sollt wissen, dass mich bei dem, was jetzt geschehen muss, große Trauer erfüllt«, sagte Fahkr.
»Das geht mir genauso, Fahkr«, antwortete Arn. »Einer von uns wird sterben. Alles sieht danach aus. Aber nur Gott weiß in diesem Augenblick, wer das sein wird.«
Sie verbeugten sich schweigend voreinander, da es nichts mehr zu sagen gab, und ritten langsam und nachdenklich in entgegengesetzte Richtungen.
Als sich Arn dem Stadttor näherte, war er von einer großen Hoffnung erfüllt. Vielleicht war Saladin durch Arns Ablehnung des Angebots vor seinen eigenen Emiren so gedemütigt worden, dass er diese Schande nur auslöschen konnte, indem er Gaza erst recht zerstörte. Damit würde er sich jedoch der Möglichkeit berauben, Jerusalem angreifen zu können. Außerdem würde es dazu führen, dass in Gaza alle waffentragenden Männer und alle Ungläubigen, die als Söldner aufseiten der Christen kämpften, ihr Leben verlieren würden, Arn selbst eingeschlossen. Diese Gewissheit mischte sich mit Trauer, da er in den letzten Jahren immer öfter daran gedacht hatte, dass er eines Tages nach Hause zurückkehren würde. Jetzt erschien ihm das unmöglich. Er würde in Gaza sterben. Dennoch war die Freude größer als die Trauer, da er sterben würde, um das Heilige Grab und Jerusalem zu retten. Er hätte im Laufe der vergangenen Jahre in einem unwichtigen Kampf gegen einen weniger bedeutenden Feind fallen können, ohne dass es für das Heilige Land besondere Folgen gehabt hätte. Aber jetzt gewährte Gott
ihm und seinen Brüdern die Gnade, für Jerusalem zu sterben. Diese Gunst war nur wenigen Templern vergönnt.
Er würde tun, was ihm Saladin angeboten hatte. Er würde den Abend und die Nacht der Danksagung und dem Gebet widmen. Alle seine Ritter sollten sich beim Abendmahl auf den nächsten Tag vorbereiten.
Am nächsten Morgen brach Saladins Armee auf und zog, eine Kolonne nach der anderen, nach Norden die Küste entlang in Richtung Askalon. Nicht einmal eine kleine Belagerungstruppe ließen sie zurück.
Die Bevölkerung von Gaza stand auf der Stadtmauer, sah den Feind abziehen und dankte ihren Göttern, unter denen nur selten der christliche Gott war. Dann zogen die Bewohner an Arn vorbei, verbeugten sich und dankten ihm für ihre Rettung. Dieser stand mit gemischten Gefühlen auf dem Turm des Stadttors. Ein Gerücht hatte sich in der Stadt verbreitet, dass es dem Burggrafen gelungen sei, Saladin mit magischen Kräften zu erschrecken, vielleicht habe er ihm auch mit den bösen Freunden der Templer gedroht, den Assassinen. Darüber konnte Arn nur lachen, gab sich aber keine Mühe, diese Gerüchte zu leugnen.
Die Enttäuschung war größer als die Erleichterung. Saladins nach wie vor undezimierte Armee war ausreichend groß, um Askalon einzunehmen, eine weitaus wichtigere Stadt, in der viel mehr Christenleben verloren gehen würden als in Gaza. Schlimmstenfalls war Saladins Armee groß genug, um Jerusalem anzugreifen, ohne dass sie jemand aufhalten konnte.
Arn war alles andere als erleichtert. Er hatte das Gefühl, versagt zu haben, und vermochte keinen klugen
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