Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
seinen Bewegungen abzulesen.
Da entdeckte Arn einen Trupp Reiter mit Saladins Kommandofahne, der sich dem Stadttor von Gaza näherte. In einiger Entfernung des Wallgrabens machte er halt, und die Reiter stellten sich nebeneinander auf. Dann ritt ein einzelner Reiter mit gesenkter Fahne vor, als Zeichen, dass man verhandeln wolle. Arn gab eilig den Befehl, dass der Unterhändler nicht beschossen werden dürfe.
Er lief die Treppen des Stadttorturmes hinab, warf sich auf Chamsiin, ritt im Galopp durch das Tor und blieb neben dem Emir stehen, der sich nun in Schussweite der Mauern befand. Der ägyptische Reiter senkte seine Fahne zu Boden und neigte den Kopf, als Arn sich näherte.
»Ich grüße Euch, Al Ghouti, im Namen Gottes, des Gnadenreichen und Barmherzigen, Euch, der Ihr die Sprache Gottes sprecht«, sagte der Unterhändler.
»Ich grüße Euch ebenfalls mit Gottes Frieden«, erwiderte Arn ungeduldig. »Was habt Ihr für eine Botschaft und von wem?«
»Meine Botschaft ist von … er bat mich, nur Jussuf zu sagen, obwohl er viele Titel und Ehrennamen führt. Die Männer, die Ihr hinter mir seht, stellen sich für die Dauer der Verhandlungen als Geiseln zur Verfügung.«
»Wartet hier. Ich komme gleich mit einer Eskorte zurück!«, befahl Arn, warf sein Pferd herum und ritt eilig zurück durchs Stadttor.
Als er ein Stück weit in der Stadt und außer Sichtweite war, zügelte er Chamsiin und ritt im Schritttempo die leere Straße entlang auf das Burgtor zu. Dort drinnen saßen achtzig Ritterbrüder zu Pferde bereit zum Angriff. Wenn man jetzt losschlug, würde die Überraschung umso größer sein. Eine solche Möglichkeit, die Belagerungsmaschinen zu zerstören, würde kaum wiederkommen.
Gewisse Christen behaupteten, dass man gegen die Sarazenen mit Verrat nichts ausrichten könne, da es zwischen Gläubigen und Ungläubigen ohnehin keinen Verrat geben könne. Ein Ehrenwort den Ungläubigen gegenüber sei nämlich wertlos und ungültig. Arn hatte Verhandlungen mit dem Feind begonnen, und das zählte normalerweise so viel wie ein Ehrenwort. Und war er sich nicht gerade erst mit dem Meister von Jerusalem darin einig gewesen, dass das Wort, das er Saladin am steinigen Ufer des Toten Meeres gegeben hatte, Geltung haben müsse?
Konnte man es nicht andererseits für Hochmut halten, den Wert der eigenen Ehre so hoch anzusetzen? Vielleicht konnte Arn mit einem Wortbruch, einem kleinen Verrat die Heilige Stadt retten?
Nein, dachte er. Mit einem solchen Verrat war nur Zeit gewonnen. Zerstörte Belagerungsmaschinen konnten ersetzt werden. Ein gegebenes Wort konnte nie ungesagt gemacht werden.
Er gab den Befehl, die Tore der Burg zu öffnen, ritt hinein, nahm die erste Schwadron der wartenden Ritterbrüder mit und befahl den anderen, abzusitzen und sich auszuruhen, denn er war sich sicher, dass Saladin keinen Verrat im Sinn hatte.
An der Spitze seiner Schwadron, seinen Confanonier mit der Templerfahne neben sich, ritt er in scharfem Trab durch Gaza und aus dem Stadttor heraus. Beim sarazenischen Fahnenträger angekommen, befahl er der ganzen Schwadron, sich in einer Linie zu formieren, und die Gegner taten es ihnen nach. Die beiden Reitergruppen näherten sich einander im langsamen Schritt, bis sie sich auf wenige Lanzenlängen gegenüberstanden. Da löste sich ein Trupp von fünf Reitern von der Gegenseite und
bewegte sich auf Arn zu, der ihnen nur mit seinem Confanonier entgegenkam. Schließlich befanden sich die beiden auf einer Höhe mit den Geiseln.
Arn erkannte sofort Saladins jüngeren Bruder Fahkr wieder, die anderen Emire dagegen hatte er noch nie gesehen. Er grüßte Fahkr, und dieser erwiderte seinen Gruß.
»Wir begegnen uns also doch früher, als wir geglaubt hatten, Fahkr«, meinte Arn.
»Das ist wahr, Al Ghouti, und das unter Umständen, die keiner von uns beiden gewollt hat. Aber er, der alles sieht und alles versteht, wollte es anders.«
Bei diesen Worten nickte Arn zustimmend. Dann verbat er sich andere Geiseln als Fahkr und befahl Armand, dafür zu sorgen, dass dieser wie ein Ehrengast behandelt würde. Er solle nach Möglichkeit aber nicht zu viel von der Verteidigung und der Anzahl der weiß gekleideten Ritter zu sehen bekommen.
Fahkr ritt an Arn vorbei, der sich seinerseits auf den Trupp wartender Mamelucken zubewegte. Die Templer bildeten eine Eskorte um Fahkr und die Mamelucken um Arn, worauf sich die beiden Gruppen voneinander entfernten.
Saladin ehrte seinen Feind weitaus mehr, als es
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