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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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verboten, sich zu schmücken, aber unzählige Male sagte er, wer viel Sorgfalt auf seinen Leib verwende, könne darüber leicht die Seele vernachlässigen, und eine schöne Erscheinung verberge gewöhnlich, wie Luzifer, einen schmutzigen, ekelerregenden Geist. Und so verschwanden die Farben aus der Kleidung der jungen und der alten Frauen, die Kleider wurden lang bis an die Knöchel und hochgeschlossen bis an den Hals und weit, bis sie aussahen wie Nonnenkutten. Mit den Halsausschnitten verschwanden der Schmuck und selbst die Bänder, mit denen das Haar gebunden wurde, das nun frei herabfiel oder unter Kopftüchern versteckt wurde. Manchmal kam es zu Zwischenfällen mit den »Magdalenen«, denn obwohl diese Verirrten unter Opfern hierher gekommen waren und um Vergebung bittend die Füße des Ratgebers geküßt hatten, wurden sie von den unduldsamen Frauen angefeindet, die es am liebsten gesehen hätten, wenn sie zum Zeichen der Reue Dornenkämme im Haar getragen hätten.
    Aber im allgemeinen verlief das Leben friedlich und ein Geist der Zusammenarbeit herrschte unter den Leuten. Ein ständiges Problem war das unannehmbare Geld der Republik: wer sich erwischen ließ, wenn er dieses Geld bei einem Handel benützte, dem wurde es von den Männern des Ratgebers abgenommen, und er mußte Canudos verlassen. Gehandelt wurde mit denMünzen, die den Kopf des Kaisers Dom Pedro oder seiner Tochter, Prinzessin Isabel trugen, aber da es davon nur wenige gab, ging man allgemein zum Tauschhandel mit Waren und Dienstleistungen über. Man tauschte Zuckerkruste gegen Hanfschuhe, Hühner gegen eine Kräuterkur, Mehl gegen Hufeisen, Ziegel gegen Leinen, Hängematten gegen Macheten, und Arbeit auf den Feldern, beim Haus- und Stallbau wurden mit anderen Arbeiten entlohnt. Die für den guten Jesus aufgewendete Zeit und Anstrengung ließ sich niemand vergüten. Außer dem Tempel wurden auch Häuser gebaut, die später als Gesundheitshäuser bezeichnet wurden. In diesen erhielten Alte, Kranke und Waisen Wohnung, Essen und Pflege. Anfangs versah Maria Quadrado diesen Dienst, doch als das Sanktuarium errichtet wurde – ein Lehmziegel-Häuschen, zwei Zimmer, ein Strohdach –, damit der Ratgeber wenigstens ein paar Stunden von den Pilgern ausruhen konnte, die ihn unablässig bestürmten, und die Mutter der Menschen sich nur noch ihm widmete, kümmerten sich die Sardelinhas – Antônia und Assunção, die Frauen der Vilanova – um die Gesundheitshäuser. Es gab Zank um die am Vaza Barris gelegenen anbaufähigen Felder, die in Canudos ansässige Pilger übernommen hatten und andere ihnen streitig machten. Antônio Vilanova, der Kaufmann, schlichtete diese Zwistigkeiten. Im Auftrag des Ratgebers verteilte er Grundstücke an die Hausgemeinschaften der zuletzt Gekommenen und grenzte Land ab als Weide für die Tiere, die von Gläubigen geschickt oder als Geschenke mitgebracht wurden, und machte auch den Richter, wenn es zu Streit um Güter oder Besitzungen kam. Es gab deren nicht viele, denn die Leute kamen nicht aus Habgier oder mit dem Gedanken an materielles Wohlergehen nach Canudos. Die Gemeinschaft lebte für die geistlichen Verrichtungen: Gebete, Beerdigungen, Fasten, Prozessionen, den Bau des Tempels für den guten Jesus und vor allem die Stunde des Rats am Abend, die sich bis spät in die Nacht hinziehen konnte und während der in Canudos alles ruhte.
    Im glühenden Mittag hat das von der Progressiven Republikanischen Partei veranstaltete Volksfest die Wände von Queimadas mit Plakaten – Ein geeintes Brasilien, Eine starke Nation – und dem Namen von Epaminondas Gonçalves überzogen. Aber Galileo Gall in seinem Zimmer in der Pension Nossa Senhora das Graças denkt nicht an das politische Fest, das draußen anläuft, sondern an die widersprüchlichen Eigenschaften, die er an Rufino entdeckt hat. Eine ungewöhnliche Verbindung, denkt er. Orientierungssinn und Konzentrationsfähigkeit liegen nahe beieinander, und nichts ist natürlicher, als sie bei einem Menschen anzutreffen, der ständig diese ausgedehnte Region durchstreift, weil er Reisende, Jäger und Transporte führt oder den Briefträger macht oder die Spur von verirrtem Vieh sucht. Aber der Hang zum Wunderbaren! Wie ist diese für Künstler und unpraktische Menschen typische Tendenz zur Phantasie, zum Wahn, zum Irrealen mit einem Mann in Einklang zu bringen, bei dem alles auf den Materialisten, den Erdgebundenen, den Pragmatiker hinweist? Aber seine Knochen sagen das:

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