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Der Krieg der Trolle

Der Krieg der Trolle

Titel: Der Krieg der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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nicht, dass er den Fels ihrer Überzeugung erweichen konnte.
    » Es ist dort anders«, sagte er stattdessen. » Es gibt keinen sicheren Fels über einem, und das ist ein Gefühl, wie man es kaum beschreiben kann. Ständig sieht man nach oben, aber da ist … einfach nichts. Nur ein Himmel, der so seltsam ist, dass er sich mit nichts vergleichen lässt, was es unter der Erde gibt.«
    » Vielleicht sind Menschen deshalb so … anders?«
    » Vielleicht«, stimmte Kerr ihr zu. Er selbst hatte sich oft genug gefragt, ob ihre verwirrende Heimat die Menschen geprägt hatte. » Jedenfalls ist das nicht alles. Oft ist auch nichts um einen herum. Kein Gestein. Man kann weit sehen. Es gibt so viel mehr Gerüche. Überall sind Pflanzen und Tiere. Es … es kann einem fast die Sinne rauben. So viel Leben, so viel Beute. Die Luft bewegt sich viel mehr als in den Gängen, und sie trägt noch mehr Gerüche mit sich, von weither. Es gibt Pflanzen, die sind noch größer als Trolle. Es ist wie nichts, was ich vorher kannte.«
    Für den Moment antwortete Tarka nicht. Kerr versuchte ihre Beweggründe zu verstehen. Sie war feindselig und schroff, doch das war bei Trollen, und besonders bei Jägern, nicht ungewöhnlich. Aber da war noch etwas anderes. Es verbarg sich hinter ihren trolltypischen Prahlereien. Noch konnte er nicht sagen, was es war, aber er hatte eine Vermutung: Es hängt mit Pard zusammen. Es heißt, sie sei seine Tochter. Pard war an der Oberfläche. Er war ein großer Anführer, der beste Jäger, den es je gab. Er nannte S ten seinen Hareeg , seinen Freund, was kaum einem Troll zuteil wurde. Wieso war sie nicht an der Oberfläche, als S ten uns rief?
    » Und die Sonne?«
    » Sie ist fürchterlich und sorgt dafür, dass du dich stundenlang nicht rühren kannst. Zum Glück musste ich sie noch nie sehen, ihr helles, gnadenloses Licht. Der Schlaf kommt einfach über einen, wenn sie am endlosen Himmel erscheint. Und man wacht nicht auf, bis sie wieder verschwindet, egal, was in der Zwischenzeit passiert. Man ist dann hilflos ausgeliefert und schwach.«
    Tarka knurrte. Offensichtlich gefiel ihr der Gedanke ganz und gar nicht. » Und die Menschen?«
    » Sie schlafen, wenn die Sonne nicht am Himmel steht und es dunkel ist. Aber nicht, weil sie müssen. Also schon, aber nicht so wie Trolle, wenn die Sonne erscheint. Sie haben viele Städte und Dörfer und Häuser. Dort leben sie zu so vielen, dass niemand sie zählen kann. Und das sind nur die Menschen in Wlachkis! Aber die Welt ist noch größer und weiter, und die Berge sind nur ein kleiner Teil davon.«
    Er fragte sich, was er noch erzählen sollte, und wusste nicht, wie er die Wunder des Imperiums beschreiben sollte. Die Orte der Wlachaken waren ihm schon unbeschreiblich erschienen, und sie waren klein und unbedeutend im Vergleich zu Colchas. Dort lebten mehr Menschen, als es Trolle gab, da war er sich sicher. Und sie hatten alles und mussten nicht kämpfen und jagen, um zu überleben.
    » Bald«, murmelte Kerr, denn in der Luft lag nun ein vertrauter Geruch. Noch schwach und fern, aber er kündete von all diesen Wundern und Seltsamkeiten.
    Es war nicht mehr weit bis zu den ersten Höhlen, aus denen die Trolle in die Nacht treten konnten. Nicht mehr weit bis zur Oberfläche.

14
    I n dem Lager herrschte große Geschäftigkeit. Die Köche bereiteten gerade ein Festmahl vor, und ihre Arbeit sorgte für Lärm und Geschrei – aber auch für einen köstlichen Geruch nach frisch gebackenem Brot, der Camila das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Sie hatte es sich an einem Feuer bequem gemacht, das seit dem Morgen längst heruntergebrannt war, und trank nachdenklich Wein aus einem einfachen polierten Holzbecher. Es war ein heller Wein, wie er von manchen Weinbauern im Süden des Landes gekeltert wurde, und er schmeckte ihr besonders gut.
    An den glimmenden Überresten des Feuers saßen noch einige Wlachaken. Zwei von ihnen spielten das Moraspiel um kleine Geldsummen, und das Auf und Ab ihres Glücks ließ sie lachen oder stöhnen, aber Camila achtete kaum auf sie. Die Soldatin, die sich vor Kurzem zu ihnen gesellt hatte, war inzwischen eingeschlafen, mit ihrem Speer im Arm, als wäre er ihr Liebhaber. Vermutlich hatte sie vorher Wache gehalten und sich nun ein wenig Ruhe verdient. Der Fürst hatte besonders viele Wachen postieren lassen. Nicht, weil er Ana Békésar nicht traute, wie Camila wusste, sondern weil er Streit und Zank zwischen dem Fußvolk fürchtete. Bislang war es

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