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Der Kuss Des Daemons

Der Kuss Des Daemons

Titel: Der Kuss Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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würde - und vermutlich den ganzen Rest der Schule.«
    War ich übergeschnappt? Das klang, als drohte ich damit, ihn zu erpressen. Wir waren allein. Es gab keine Gitterstäbe oder Ähnliches zwischen uns. Und ich reizte ihn auch noch mit voller Absicht. Wenn das nächste Mal irgendwo ein Freiwilliger gesucht wurde, der den Kopf in das Maul eines Löwen steckte, sollte ich mich vielleicht melden. Sehr viel gefährlicher als das, was ich hier tat, konnte es nicht sein.
    Er ignorierte mich noch immer. Plötzlich kam ich mir ziemlich bescheuert vor. Da stand ich mitten in der Nacht in einem dunklen, verlassenen Theater und versuchte Antworten von einem Typen zu bekommen, der einfach nicht mit mir reden wollte - und den ich auch nicht würde dazu bringen können, egal was ich anstellte. In dem Versuch, den letzten Rest meiner Würde zu retten, zuckte ich betont gleichgültig die Schultern.
    »Wie du meinst.« Den bedenklich flackernden
    Lichtkegel der Mag auf den Boden gerichtet ging ich zum Rand der Bühne und stieg hinunter.
    »Warte, Warden!« Das Geigenspiel hinter mir war verstummt. Erstaunt über den müden und frustrierten Ton in DuCraines Stimme drehte ich mich um. Im Halbdunkel kam er über die Bühne und sprang geschmeidig neben mir auf den Boden. Er landete vollkommen lautlos. »Hör mal. Es geht schon genug Gerede an dieser bescheuerten Schule über mich um, da muss ich nicht auch noch irgendwelchen anderen Mist haben«, er hielt inne.
    Ich starrte ihn an. Anderen Mist? Hatte er t!tsächlich angenommen, ich konnte die Sache mit dem Freak herumtratschen? Offenbar hatte er irgendeine Reaktion von mir erwartet, doch ich war viel zu überrascht, um etwas zu sagen. Anscheinend deutete er mein Schweigen falsch. »Ich will nichts anderes, als in Ruhe gelassen werden. Was muss ich tun, damit du nicht ... damit du ihnen nicht noch mehr Grund zum Reden lieferst?« Seine Worte klangen wie eine Bitte. Ich war vollkommen fassungslos.
    »Warden?«
    »Erklär mir einfach, wie du das heute Nachmittag angestellt hast«, verlangte ich, noch immer wie benommen.
    »Du hast nicht vor, es einfach zu vergessen, wie?« »Nein.«
    »Okay. Wenn du meinst. - Ich bin ein ziemlich guter Sprinter.«
    Ich verzog den Mund zu einem sarkastischen Ja-klardas-glaub-ich-dir-aufs-Wort.
    »Okay, das ist nur die halbe Wahrheit«, gab er widerstrebend zu. »Fakt ist, dass ich gehört habe, wie sich eines der Halteseile gelöst hat. Ich kenne dieses Geräusch und wusste einfach, dass da gleich etwas von oben runterkommen würde. Ich hatte keine Schrecksekunde wie deine Freunde. Deshalb hab ich dich erreicht, bevor der ganze Krempel dich erwischt hat.«
    »Und woher weißt du, wie es sich anhört, wenn sich so ein Seil löst?« Ich war noch immer misstrauisch.
    Er verdrehte die Augen und sah über meinen Kopf hinweg in die Dunkelheit. »Meine Leute waren Artisten. Da muss man einfach wissen, wie so was klingt, damit man notfalls schnell reagieren kann.«
    »Du warst beim Zirkus?«
    »So kann man das nennen.«
    »Und warum bist du es nicht mehr?«
    »Ich hatte einen Unfall und damit war die Sache gelaufen. Ich will nicht darüber reden, Warden. Du brauchst also gar nicht weiter zu bohren.« Er schaute mich wieder an. »Bist du jetzt fertig mir deinem Verhör?«
    »Noch nicht ganz. - Warum trägst du immer diese Brille?
    Was ist mit deinen Augen?« Ich wusste, es war unhöflich, ihn danach zu fragen, aber ich wollte es dennoch wissen.
    »Ist was Genetisches. Meine Augen vertragen kein helles Licht. Dafür kann ich nachts ziemlich gut sehen. - War's das jetzt?«
    »Nur noch eines!«
    »Und was?«, knurrte er genervt.
    »Hör auf, mich >Warden< zu nennen. Ich heiße Dawn.«
    »Ich weiß.« Er zögerte. »Dawn«, sagte er dann leise. Die Art, wie er meinen Namen aussprach, weckte ein Kribbeln in mir. Wir sahen einander an. Plötzlich war es wie am Nachmittag, als die Zeit irgendwie stillgestanden hatte - bis Julien den Blick abwandte und einen Schritt von mir wegmachte. Nichts widerstrebte mir mehr, als seinen Rückzug einfach zuzulassen. Rasch streckte ich ihm die Hand hin.
    »Friede?«
    Er sah auf meine Hand, sah mich an und biss schließlich die Zähne zusammen. Ich versuchte mir meinen Ärger - und meine Enttäuschung - nicht anmerken zu lassen. Hatte ich tatsächlich geglaubt, er würde mein Angebot annehmen und einschlagen? Wohl kaum. Immerhin hatte er meine Fragen nur beantwortet, weil er gefürchtet hatte, ich würde meine Drohung wahr machen und

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