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Der Kuss Des Kjer

Der Kuss Des Kjer

Titel: Der Kuss Des Kjer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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die neugierig aufgerichteten Ohren.
    »Ich hatte es Euch versprochen.« Ohne Hast kam er an den Barren und schob die Hand unter die lange Mähne des Ashentai.
    Zu ihrer Verblüffung ließ die Stute sich auch das gefallen. Irgendetwas musste geschehen sein ... Sie räusperte sich, als ihr das Schweigen bewusst wurde. »Was ist mit ihrem Bein?«
    »Ein tiefer Schnitt. Sie muss ihn sich an der Salzkruste geholt haben.«
    »Darf ich es mir einmal ansehen? «
    »Nur zu!«Er trat von der Stute zurück und Lijanas duckte sich unter dem Balken hindurch und kniete sich neben sie ins Stroh. Einen Moment untersuchte sie die Wunde schweigend, während sie Ireds weiche Nüstern zuerst in ihrem Haar und dann auf ihrem Rücken spürte, wo die Stute an ihrem Gewand knabberte. Schließlich erhob sie sich wieder und klopfte das Stroh von ihrem Kleid.
    »Die Wunde sieht gut aus. Sauber und nicht entzündet. Wenn das Bein geschont wird, müsste sie ohne Probleme heilen. - Womit habt Ihr den Schnitt behandelt?« Sie legte die Hand auf die Schulter des Kriegsrosses und streichelte das weiche Fell. Im Licht der Stalllampen schimmerten die Schuppen flammenfarben und schwarz.
    »Mit Wundsalbe - aus Eurem Arzneikasten.« Er sagte das ohne eine Spur von schlechtem Gewissen und wies auf ein Bord an der gegenüberliegenden Stallwand, wo der geschnitzte Holzkasten stand.
    »Wenn Ihr ihn nicht mehr braucht, bringt ihn mir in mein Zimmer.«
    »Unser Zimmer«, korrigierte er ungerührt, ehe er nickte und sie mit einem schlichten »Lasst uns gehen! « aus dem Stall, über den Hof und durch das Tor hinaus führte. Lijanas bedachte ihn mit einem erstaunten Seitenblick und fragte sich, ob Fadera ihm irgendetwas unter sein Frühstück gemischt haben mochte, dass er in so sanftmütiger Stimmung war.
    Auf dem Weg durch die schmalen Gassen und Straßen beantwortete er jede ihrer Fragen über Cavallin mit schier endloser Geduld. Sie erfuhr, dass die Stadt im Berg eine der ältesten Städte Ahvaranes war, dass sie Nivard-Rebellen während der Hathenan, Kriege vor vielen Hundert Wintern als Zuflucht gedient hatte und dass sie bisher nur einmal für kurze Zeit erobert worden war - und auch das war nur durch Verrat gelungen. Sie mochte zwar, was Lebensmittel anging, nicht unabhängig sein, aber ihre Bewohner konnten mit ihren Vorräten länger standhalten als mögliche Belagerer vor den Toren. Die Salzwüste und die undurchdringlichen Felsen schützten Cavallin vor jeder noch so mächtigen Armee solange kein Verräter dem Feind die Tore öffnete.
    Er zeigte ihr die sogenannten Brunnenhäuser, in deren Tiefe ein reißender Fluss dahinströmte, der die Stadt mit Trinkwasser versorgte, und erklärte, dass es nur im alten Bezirk Cavallins noch einige Häuser wie Faderas gab, die über eine eigene Quelle verfügten. Doch als sie ihn fragte, woher das Licht kam, dass die mächtige Höhle bei Tag erhellte und sie bei Nacht in einen sanften Schimmer tauchte, hob er die Schultern. Er wusste nur, dass es zwölf Flammentürme gab. Natürliche Felszinnen, die sich über der Stadt erhoben, in deren Inneres Stufen gehauen waren und auf deren Dachplattformen mächtige Ölfeuer brannten. Manche davon brannten Tag und Nacht, andere nur bei Tag. Einige Männer und Frauen in Cavallin hatten einzig eine Aufgabe: über diese Feuer zu wachen.
    je weiter sie den steil abfallenden Gassen folgten und in den neueren Teil Cavallins gelangten, umso mehr veränderte sich das Aussehen der Gebäude auf ihrem Weg.
    Sah man den Häusern im alten Bezirk an, dass sie beinah zur Gänze aus den Felsen herausgehauen waren, so wurde der graue Stein hier zumeist unter Putz und Kalk verborgen. Als sie sich dem Markt näherten, wich die Stille, in der ihre Schritte zuweilen das einzige Geräusch gewesen waren, einem Summen, das Lijanas an einen Bienenstock erinnerte. Dann bogen sie um eine Ecke und fanden sich in einem Gewimmel aus Menschen und Marktständen wieder. Der Geruch von gebackenem Zuckerwerk hing ebenso in der Luft wie der von Räucherhölzern.
    Während Mordan sich nach der Werkstatt des Sattlers, den Ecren ihm genannt hatte, und einem Schneider erkundigte, sah Lijanas sich um. Im ersten Moment glaubte sie, all die Männer, Frauen und Kinder um sie her seien Bewohner Cavallins, doch dann bemerkte sie den Unterschied. Der überwiegende Teil der Menschen, die sich auf dem Markt aufhielten, hatte eine hellere Haut als sie oder Mordan - das mussten die Bürger der Stadt sein.
    Den Rest des

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