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DER KUSS DES MAGIERS

DER KUSS DES MAGIERS

Titel: DER KUSS DES MAGIERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Landauer
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wiederholte er seine Frage.
    Vielleicht war Sina auch deshalb so wütend auf den Bärtigen, weil sie die Antwort selbst nicht wusste. Was wollte sie von LeNormand? Beziehungsweise von Les?
    LeNormand hatte sie auf die Lichtung gebracht und sie sicher durch eine aufregende Zaubernummer geführt – ganz abgesehen von diesem leidenschaftlichen, umwerfenden Kuss. Les dagegen hatte sich abweisend verhalten, wollte sie loswerden und wirkte angeschlagen. Und unter seiner Haut hat sich etwas bewegt …
    Auf einmal fühlte sie sich sehr müde. Les hatte sie mehrmals gewarnt. „Du willst es nicht wissen“, hatte er gesagt. Und vielleicht sollte sie auf ihn hören, Anziehungskraft hin oder her.
    „Wissen Sie was, Sie haben recht“, erklärte sie dem Bärtigen. „Mein Irrtum.“
    Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging zurück in Richtung Bühne. Doch im Gehen entdeckte sie eine Stahltür mit der Aufschrift „Notausgang“. Sina war froh, dass sie sich problemlos öffnen ließ. So wild war sie nun auch nicht auf einen weiteren Auftritt, dass sie während der Nummer des Zauber-Inders über die Bühne laufen wollte.
    Über eine Stahlgittertreppe gelangte sie ins Freie, atmete erleichtert auf und sah sich um.
    Sie stand auf einem typischen Hinterhof, auf dem Lkws parkten und sich Mülltonnen vor einer graffitiverzierten Betonmauer reihten. Mit großen Schritten umrundete Sina das Gebäude, betrat das Theaterfoyer wieder durch den Haupteingang und kam gerade rechtzeitig, um im Zuschauerraum den Schlussbeifall aufbranden zu hören. Es lohnte nicht, noch einmal hineinzugehen, deshalb wartete sie vor der Garderobe auf ihre Mutter.
    „Na, was hat er gesagt?“, fragte ihre Mom aufgekratzt, als sie sich einen Weg durch die Menschenmasse gebahnt hatten und zum Wagen zurückgingen.
    „Wer?“, fragte Sina geistesabwesend.
    Ihre Mutter stieß sie sanft an. „Na, LeNormand natürlich. Du hast gesagt, er wollte noch was mit dir besprechen.“
    „Ach so, na ja …“ Prompt wurde Sina rot, was ihrer Mutter sogar im Laternenschein auffallen musste. „Er hat mir verraten, dass er in Wirklichkeit Les heißt“, murmelte sie dann lahm.
    „Les? So wie der Junge, der früher … Ach, egal.“ Ihre Mutter schüttelte den Kopf, als wollte sie einen Gedanken loswerden, dann fuhr sie etwas gekünstelt kichernd fort: „Du brauchst es mir nicht zu erzählen, wenn du nicht willst. Ich kann es mir schon denken.“
    Verblüfft wollte Sina widersprechen, ließ es dann aber. Dachte ihre Mutter wirklich, es liefe etwas zwischen ihr und LeNormand?
    Selbst wenn, dachte sie. Warum sollte ich den Irrtum aufklären?
    „Ich frag mich nur, ob er jemals seine Tricks verrät“, fuhr ihre Mutter fort. „Ich meine, ob er es Menschen verrät, die ihm wirklich nahestehen. Also, seiner Schwiegermutter vielleicht.“ Sie prustete los.
    Kopfschüttelnd schaute Sina ihre Mutter an. Das eine Glas Sekt in der Pause entfaltet ja eine mächtige Wirkung, dachte sie. Aber ihr Lachen war so ansteckend, dass Sina nicht anders konnte und einstimmte. Es tat gut, ihre Mom so gelöst und fröhlich zu sehen. Das kam viel zu selten vor.
    Später nutzte Sina die gute Stimmung, als sie nebeneinander in dem riesigen Doppelbett lagen, und fragte vorsichtig: „Hey, Mom? Wenn ich dir verrate, dass ich LeNormand tatsächlich ein ganz kleines bisschen aufregend finde und mir … na ja, gewisse Dinge vorstellen kann, verrätst du mir dann, was du von Mr. Snyder hältst?“
    Überraschenderweise lachte ihre Mutter laut. Offenbar war ihre Sektlaune noch nicht vorbei. „Mr. Snyder?“, wiederholte sie prustend. „Mal sehen. Er ist ein netter Chef, keine Frage. Aber das meinst du nicht, oder?“
    Sina kicherte. „Nein.“
    „Tja, dann muss ich dich wohl leider enttäuschen. Er schlürft beim Kaffeetrinken, sammelt Briefmarken und geht nicht ohne Hosenträger aus dem Haus. Nein, nicht mein Typ. Definitiv nicht.“
    „Hosenträger?“ Sina verschluckte sich fast vor Lachen. „Das erfindest du.“
    Ihre Mutter legte sich die Hand aufs Herz. „Großes Ehrenwort, ich denke mir das nicht aus. Einmal ist ihm einer gerissen. Es war ihm schrecklich peinlich, aber er hat mich um Hilfe gebeten. Um ihn zu reparieren“, fügte sie hastig hinzu. „Ich habe den Hosenträger mit Isolierband geklebt.“
    „Aber gab’s denn nie einen Mann, der dich interessiert hätte?“, fragte Sina, nachdem sie den Lachanfall halbwegs überwunden hatte.
    „Außer deinem Vater? Nein.“
    Sina schluckte.

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