Der Kuss des schwarzen Falters: Erotischer Roman (German Edition)
Wohnzimmerfenster in den Garten fiel, lehnte sie sich gegen den Zaun.
»Und seine Verletzung?«, erkundigte er sich höflich.
»Ich hatte mich geirrt. Oder die Wunde ist unter dem Fell nicht zu sehen. Er lässt sich nicht von mir anfassen.«
Schweigend schauten sie einander an. Vor ihren Gesichtern bildete ihr Atem kleine weiße Dampfwölkchen. Durch diesen zarten Dunst wirkten Xenias Augen mit ihrem silbernen Schimmer noch geheimnisvoller.
»Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«, erkundigte sie sich schließlich zögernd.
»Bitte.«
»Die alte Frau, die in dem Haus gewohnt hat.« Mit einer fahrigen Bewegung deutete sie hinter sich, als müsste sie ihm deutlich machen, von welchem Haus sie redete. »Sie haben gesagt, sie sei vor ein paar Wochen gestorben.«
Er nickte. »Vor knapp zwei Monaten. Soweit ich weiß, hat sie zwei Kinder, die seit Jahren nicht mehr miteinander reden und auch kein sonderlich inniges Verhältnis zu ihrer Mutter hatten. Der Sohn lebt in Neuseeland. Er ist nicht mal zur Beerdigung gekommen. Die Tochter wohnt in Süddeutschland. Wie das in solchen Fällen so ist, müssen sich die beiden nun über das Erbe einigen. Was mit dem Haus geschehen soll und so weiter. Am Tag der Bestattung war die Tochter hier, und ich habe gesehen, dass sie eine Menge Pappkartons und Plastiksäcke weggefahren hat. Wohl die Kleider und persönliche Habseligkeiten ihrer Mutter.«
»Aber … Sind Sie sicher, dass Frau Klein wirklich tot ist?« Xenia kaute auf ihrer Unterlippe.
»Ja. Ich habe sie selber in ihrer Küche auf dem Fußboden gefunden. Und ich war bei ihrer Beerdigung. Tut mir leid.« Er hatte keinen Grund, sich zu entschuldigen, aber sie sah ihn so hilfesuchend an, dass er es dennoch tat.
»Kannten Sie Frau Klein?«, erkundigte er sich mitfühlend und schluckte die Frage hinunter, wieso sie das alles nicht wusste, obwohl sie in Frau Kleins Haus wohnte.
Sie schüttelte den Kopf, und ihre Wangen waren plötzlich kreidebleich. »Nein. Ich kenne nur eine Bekannte von ihr«, stieß sie hervor.
Erik war im Begriff, sich umzudrehen und in sein Haus zurückzugehen, als sie ihn plötzlich wieder direkt ansah. Dabei steckte sie erneut den Apfelrest zwischen die Lippen und saugte nervös daran.
Verdammt! Diese Frau wirkte unschuldig und gleichzeitig verführerisch, was ihn vollkommen durcheinanderbrachte.
»Haben Sie …« fing Xenia zögernd an, stockte aber sofort wieder. Sie wandte den Kopf und blickt hinüber zur Hintertür von Frau Kleins Haus.
»Was meinen Sie?«, fragte Erik schließlich.
»Ich habe dort vor der Tür etwas gefunden, und ich frage mich, ob Sie vielleicht …« Wieder brachte sie den Satz nicht zu Ende.
Er nickte. »Ich habe sie dorthin gelegt.«
Frau Klein und er hatten sich den Ertrag des Apfelbaums, der auf der Grundstücksgrenze stand, immer geteilt. Die Ernte war seine Aufgabe gewesen. Es handelte sich um einen Winterapfel, der frühestens zu Weihnachten schmeckte und selbst im März noch saftig war. Dieses Jahr war er erst Mitte Januar, nach Frau Kleins Tod, dazu gekommen, die Äpfel zu pflücken. Er hatte ihren Anteil dorthin gestellt, wo sie die Früchte aufzubewahren pflegte: unter die Bank neben der Hintertür. Für ihre Erben oder für wen auch immer. Wie sich nun herausstellte, für eine Frau, die ihn verrückt machte, indem sie am saftigen Kerngehäuse lutschte.
»Sie waren es also tatsächlich«, flüsterte Xenia und wich einen Schritt zurück. Dann warf sie mit einer fahrigen Bewegung den Apfelrest in die Büsche, nickte ihm knapp zu und ergriff die Flucht.
Verdutzt schaute Erik ihr nach. Der Anblick ihres schmalen Rückens und der wohlgeformten Beine ließ erneut die drängende Sehnsucht in ihm aufsteigen. Schnell kniff er die Lider zusammen, aber sofort sah er ihre wunderschönen silbergrauen Augen vor sich.
»Sofia«, flüsterte er und versuchte verzweifelt, sich an ihre zärtlichen Blicke zu erinnern. Er hatte sich geschworen, sie niemals zu vergessen. Nicht ihr Lächeln und nicht ihre Augen, die weich und sanft wie dunkelbrauner Samt gewesen waren, wenn ihr Blick über seinen nackten Körper glitt. Für immer wollte er sich daran erinnern, wie es sich angefühlt hatte, wenn sie die Arme um ihn schlang und sich an ihn presste.
Mit einem unterdrückten Stöhnen hastete er durch die offen stehende Glastür in sein Haus. Der Druck zwischen seinen Augen wurde noch übertroffen vom Reißen in seinem Herzen und dem ziehenden Gefühl in seinen Lenden.
Wie in Trance
Weitere Kostenlose Bücher