Der Kuss des schwarzen Falters: Erotischer Roman (German Edition)
überleben.
Sie streckte den Arm vor und bewegte sich langsam zur Tür. Der Falter blieb ruhig auf ihrem Handgelenk sitzen und wirkte dort wie ein kostbares Schmuckstück. Immer noch fühlte es sich an, als würde er sie liebkosen. Seine winzigen Füße bewegten sich sanft auf ihrer Haut, und seine Flügel fächelten Luft über die kleinen Härchen auf ihrem Arm.
Mit der freien Hand schloss Xenia die Tür auf und hielt den anderen Arm hinaus. Als hätte er auf diesen Moment gewartet, erhob sich der Falter in die Luft und war im nächsten Moment in der Dunkelheit verschwunden.
Gerade wollte Xenia die Tür wieder schließen, als sie auf der Bank an der Hauswand ein hell schimmerndes Rechteck bemerkte. Zögernd nahm sie den Briefumschlag in die Hand. Er war wieder nicht zugeklebt, und sie wusste sofort, dass es eine weitere Nachricht von dem Unbekannten war. Obwohl sie die großzügige Handschrift erst zum zweiten Mal sah, war sie ihr schon sonderbar vertraut.
Meine Liebste,
in der vergangenen Nacht habe ich von Dir geträumt, und als ich aus diesem Traum erwachte, war ich gleichzeitig so glücklich und so traurig, dass es sich anfühlte, als müsse mir das Herz aus der Brust springen und davonfliegen. Zu Dir.
Vielleicht sollte ich es nicht tun, aber ich kann nicht anders, als Dir diesen Traum zu erzählen. Man sagt, dass in unseren Träumen die Seele aus unseren Gefühlen Bilder malt, und genau so war es. Meine unendliche Liebe zu Dir und all meine sehnsüchtige Zärtlichkeit erwachten in meinem Traum zum Leben.
Ich sah dich am Ufer eines kreisrunden Sees, dessen hellgrünes Wasser die Sonne, den blauen Himmel und die weißen Wolken widerspiegelte.
Als ich mich dem Ufer näherte, streiftest Du soeben Dein Kleid ab, um ein Bad zu nehmen, und die Schönheit deines Körpers raubte mir den Atem. Deine Brüste so fest und rund, Deine Hüften so sanft geschwungen, Deine straffen Schenkel, die schmalen Fesseln …
Mit weit ausgebreiteten Armen liefst Du ins Wasser, das in silbernen Tropfen um Deinen Körper sprühte und in funkelnden Perlen über Deine Haut glitt. Ich musste Dir folgen.
Meine Kleider waren von einer Sekunde auf die andere verschwunden, schon stand ich bis zur Taille im Wasser, und Du warst nur noch eine Armlänge von mir entfernt.
Als Du mich so dicht vor Dir sahst, lächeltest Du mich an und tauchtest in die sanft gekräuselte Oberfläche. Wieder konnte ich nicht anders, als es Dir gleichzutun.
Ich fand mich in einer zauberhaften Welt wieder, mit geheimnisvollen dunkelgrünen Tiefen, bunt leuchtenden Fischen und funkelnden Sonnenstrahlen, die goldene Straßen ins Wasser malten. Du glittest wie eine Meerjungfrau zwischen schwebenden Wasserpflanzen dahin, und Dein Haar umspielte Deinen Kopf wie ein Schleier.
Ich schwamm Dir entgegen und zog Dich in meine Arme, presste Dich an meine nackte Brust. Als Du die Arme um meinen Hals und die Beine um meine Hüften schlangst, zog mich das Gewicht Deines Körpers sanft auf den Grund des Sees.
Gemeinsam glitten wir auf ein Bett aus weichem Tang, glitten ineinander, so leicht und selbstverständlich, als könne es gar nicht anders sein. Wir wiegten uns mit den Wellen. Ich spürte, wie sich Deine Zähne in meine Schulter bohrten, und wusste, Du spürtest dasselbe wie ich: eine Erregung, sanft und fließend wie das Wasser um uns herum und gleichzeitig stark wie die Woge, die vor uns unaufhaltsam höher und immer höher stieg. Uns beiden war klar, wir würden in ihr untergehen. Eng umschlungen, für immer vereint.
Als ich erwachte, war ich atemlos und bebte am ganzen Körper. Es war geschehen. Die Welle war über mir zusammengeschlagen, hatte mich mitgerissen und zu jenen höchsten Höhen und tiefsten Tiefen getragen, die ich mir nur mit Dir vorstellen kann, seit ich Dich zum ersten Mal gesehen habe.
Ich denke in jeder wachen Minute an Dich, und in meinen Träumen bin ich Dir so nahe, dass ich nur erwache, weil ich nicht aufhören kann, zu hoffen, diese Träume könnten wider jede Vernunft eines Tages Wirklichkeit werden. Gäbe es diese ferne Hoffnung nicht, ich würde nicht aufwachen wollen, sondern immer nur von Dir träumen …
Unterschrieben war der Brief wieder mit einem einzelnen Buchstaben, der ebenso wenig zu entziffern war wie bei der ersten Nachricht.
Lange stand Xenia bewegungslos da und starrte die altmodische Lampe über dem Küchentisch an. Dabei drückte sie das cremefarbene Papier gegen die Brust, als könnte sie dadurch die Sehnsucht zum
Weitere Kostenlose Bücher