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Der lächelnde Mörder - Gyllander, V: Der lächelnde Mörder - Somliga linor brister

Der lächelnde Mörder - Gyllander, V: Der lächelnde Mörder - Somliga linor brister

Titel: Der lächelnde Mörder - Gyllander, V: Der lächelnde Mörder - Somliga linor brister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Varg Gyllander
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darf man wohl gratulieren. Was ist das für eine Arbeit?«
    Jensen antwortete nicht. Stattdessen ging er ins Wohnzimmer und von dort weiter in die kleine Küche. Dieselbe Wachstuchtischdecke wie das letzte Mal, dachte Holtz, als er am Tisch Platz nahm.
    »Wie lange haben Sie im Chor gesungen?«
    »Ist das hier ein Verhör?«
    »Nein, ich bin nur neugierig.«
    »Ich habe im Chor gesungen, seit ich denken kann. Das ist das Einzige, womit ich Erfolg habe, jedenfalls kommt es mir so vor. Bei der Wachgesellschaft ging es ja nicht so bombig. Und meine Pferde laufen auch nie schnell genug.«
    »Ihre Pferde?«
    »Also nicht meine, sondern die, auf die ich setze.«
    Holtz hatte das Vernehmungsprotokoll gelesen und wusste, dass sich Pär Jensens Leben um drei Dinge drehte, die Arbeit, die Pferde und den Chor, aber er wollte nicht durchblicken lassen, dass er bereits so viel wusste.
    »Was wird aus dem Chor und den Pferden, wenn Sie wegziehen?«
    »Pferde, mit denen man sein Geld verlieren kann, gibt es überall und einen Chor auch«, meinte Jensen.
    Ulf Holtz nickte und sah sich in der Küche um. Dort war es ebenso sauber wie beim vorigen Mal und ebenso unpersönlich. Der Weihnachtsstern war abgehängt. Holtz fiel auf, dass er keine Fotos gesehen hatte, keine Familienfotos. Er versuchte, sich ins Gedächtnis zu rufen, was er über Jensens Hintergrund gelesen hatte. Hatte da überhaupt etwas über seine Familie und seine Kindheit gestanden?
    »Haben Sie im Süden Familie?«
    »Nein, eigentlich habe ich überhaupt keine Familie, jedenfalls nicht, seit Lotta mich verlassen hat. Die Ehe ist daran zerbrochen, dass mir diese ganze Örnarna-Geschichte um die Ohren flog. Wahrscheinlich wäre sie früher oder später ohnehin in die Binsen gegangen. Nein, es ist ein reiner Zufall, dass ich in den Süden ziehe. Soll dort nett sein, habe ich mir sagen lassen. Und dann ist es auch nicht mehr so weit auf den Kontinent.«
    »Da kann man dann auch mal schnell ein paar billige Flaschen Schnaps kaufen«, sagte Holtz.
    »Stimmt, aber das nützt mir nichts, ich trinke keinen Alkohol. Ich habe nie getrunken.«
    »Weise«, stimmte Holtz zu, wunderte sich dann aber gleich über seine Antwort, denn er wusste einen guten Tropfen allemal zu schätzen.
    »Ich habe früh beschlossen, dieses Scheißzeug nicht anzurühren. Ich kenne mich damit also nicht aus. Der Alkohol ist schuld, dass ich keine Familie habe. Keine richtige zumindest«, sagte Jensen.
    »Wie meinen Sie das?«
    Holtz zog die Jacke aus und hängte sie über die Stuhllehne. Wie bei seinem ersten Besuch fand er den Mann sympathisch, sobald dieser seine Reserviertheit aufgab und sich entspannte. Er wirkte rechtschaffen. Falls es dieses Wort überhaupt noch gibt, dachte Holtz. Er fühlte sich in der sterilen kleinen Kü che wohl.
    »Mein Vater war Alkoholiker. Später habe ich begriffen, dass er wie Tag und Nacht war. Zu Hause ein verdammtes Schwein, aber bei seinem Regiment ein geachteter Ehrenmann. Meine Mutter ging daran zu Grunde, und ich hatte es nicht leicht. Ann-Sofie auch nicht.«
    »Ann-Sofie?«
    »Meine Schwester, eigentlich meine Halbschwester. Wir haben dieselbe Mutter.«
    »Sie haben doch gesagt, Sie hätten keine Familie?«
    »Meine Eltern sind schon lange tot, und Ann-Sofie treffe ich nie. Nie ist vielleicht zu viel gesagt. Sie ist vor einem halben Jahr hier aufgetaucht, hat ein paar Tage bei mir gewohnt und ist wieder abgehauen. Ins Ausland, glaube ich. Sie reist viel. Wir hatten uns nicht viel zu sagen, stellten aber sachlich fest, dass wir beide zu den Verlierern gehören«, sagte er.
    »Sie meinen, was Ihre Kindheit angeht?«
    »Ja, aber hauptsächlich im Hinblick auf alles, was später geschah. Anfänglich ging es uns ganz gut, nachdem es uns gelungen war, die Bande zu lösen. Ich habe bei einer Wachgesellschaft gearbeitet, und das machte in den ersten Jahren auch Spaß und war interessant. Anschließend ging dann alles den Bach runter.«
    »Und bei Ihrer Schwester?«
    »Bei ihr lief zuerst auch alles glatt. Sie ist in die Fußstapfen meines Stiefvaters getreten, obwohl sie ihn hasste. Vielleicht war das ja irgendeine Art Protest. Ich weiß nicht.«
    Holtz erfüllte plötzlich ein leichtes Unbehagen. Er wusste nicht recht, was es bedeutete, es war wie ein leichtes Kribbeln unter der Haut.
    Jensen füllte einen Topf mit Wasser.
    »Ich wollte eigentlich immer einen Wasserkocher kaufen, aber irgendwie kam es nie dazu. Vielleicht sollte ich das ja jetzt anlässlich des Umzugs

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