Der lächelnde Mörder - Gyllander, V: Der lächelnde Mörder - Somliga linor brister
verzichten.
»Ein guter Scharfschütze muss eine starke Psyche haben. Du kannst dir ja vorstellen, wie es sein muss, ein Gesicht durch das Zielfernrohr zu sehen, abzudrücken und zu wissen, dass man ein Leben auslöscht. Man könnte wegen geringfügigerer Dinge größenwahnsinnig werden, findest du nicht auch?« Såtenäs zog den Korken aus der Cognacflasche und goss sich ein Glas ein. Holtz schüttelte nur den Kopf, als ihm sein Freund die Flasche mit einem fragenden Gesichtsausdruck hinhielt.
»Wo war ich stehengeblieben? Wie gesagt: Es war wichtig, die Entscheidungsträger zu eliminieren. Heutzutage bedient man sich jedoch einer anderen Taktik, die effektiver ist. Ich glaube, dass die Engländer sie während des Falkland-Krieges erstmals eingesetzt haben. Einige der englischen Scharfschützen kümmerten sich nicht weiter um die Offiziere, stattdessen töteten sie immer den Vorletzten einer Kolonne, den Zweiten der Vorhut und denjenigen, der als Letzter zur Essenausgabe kam. Du kannst dir vorstellen, wie das die Moral des Feindes untergraben hat. Jeder konnte jederzeit Ziel einer tödlichen Kugel sein. Verdammt effektiv«, sagte Såtenäs und leerte sein Glas.
Es ging auf neun Uhr zu, es war aber immer noch ziemlich hell draußen.
»Wie auch immer«, fuhr Bo Såtenäs fort. »Die Scharfschützen von heute sind sehr gut ausgebildet. Sie können stundenlang reglos in einem Versteck liegen, in extremen Fällen sogar tagelang, um den richtigen Moment abzuwarten. Die Waffen sind unglaublich effektiv, und die Munition ist geradezu überirdisch. Weder das Wetter noch Dunkelheit, Hunger oder Entfernung können einen richtig guten Schützen aufhalten. Diese Leute üben fast ständig, über jeden Schuss führen sie Buch. Sie notieren Temperatur, Windgeschwindigkeit, Windrichtung und noch einiges mehr. Jeder Übungsschuss ist eine Vorbereitung auf den Ernstfall. Jeder Schuss ein Treffer. Quantum satis , genügend geübt, um die Arbeit ausführen zu können. Darauf kommt es an.«
»Wie viele Scharfschützen gibt es?«
»Ich weiß nicht, aber das lässt sich sicher herausfinden. Jedes Jägerbataillon bildet Sniper aus. Die übrigen Verbände auch. Und der Zivilschutz, aber dann nennt man sie Scharfschützen.«
»Scharfschützen?«
»Sie haben eine kürzere Ausbildungszeit und arbeiten öfter in Gruppen. Ein Sniper agiert meist allein oder nur mit einer anderen Person. Aber warum willst du das alles eigentlich wissen?«
»Das erzähle ich dir später.« Holtz streckte die Hand nach der Cognacflasche aus. »Und bitte heute Nacht kein Zelt und keine Persenning. Du hattest mir ein richtiges Bett versprochen.«
»Klar. Cognacschwenker?«, sagte Såtenäs mit einem Hab-ich-es-doch-gewusst-Lächeln und hielt Holtz ein funkelndes Glas hin.
Holtz und Bo Såtenäs unterhielten sich über alles Mögliche, während die Nacht hereinbrach und die Stunden vergingen. Holtz erzählte von den Morden, ohne auf Details einzugehen, und Bo Såtenäs verlor sich in Erinnerungen an Auslandseinsätze. Holtz hatte alle diese Geschichten schon einmal gehört.
Allmählich zeigte der Cognac seine Wirkung, und Müdigkeit machte sich breit.
»Hörst du zu?«
»Ja, aber ich glaube, dass wir uns vielleicht hinlegen sollten. Ich brauche etwas Schlaf.«
»Natürlich. Das Bett ist schon gemacht. Du findest ja den Weg«, sagte Bo Såtenäs, ohne Anstalten zu machen, sich zu erheben. Holtz stand von seinem Sessel auf und ging zur Treppe.
Als es im Haus still wurde, saß Bo Såtenäs immer noch mit einem fast leeren Cognacglas in der Hand im Dunkeln.
D as Innere des Autos war in Hellgrau gehalten. Was den Rest des Fahrzeugs betraf, ließ sich nichts über die Farbe sagen, da dieses nicht in der Garage stand. Pia Levin sortierte und nummerierte Bestandteile der Inneneinrichtung nach ihrer Lage im Fahrzeug von links nach rechts. Die Teile direkt beim Fahrer erhielten so niedrigere Zahlen.
Die Garage der Spurensicherung nahm ein Drittel des gesamten Kellergeschosses des Präsidiums ein. Darüber wurde immer wieder geklagt, weil es zu wenige Parkplätze gab. Die Kriminaltechniker hatten sich ihr Revier bislang jedoch nicht streitig machen lassen.
Eine Hebebühne dominierte den hellen, aufgeräumten Arbeitsbereich. Das Werkzeug hing sortiert an der Wand. Ein höhenverstellbarer Tisch stand hinter einer Glaswand, die sich beiseiteschieben ließ. Auf der Tischplatte aus gehärtetem Glas lag die zerlegte Innenausstattung des Pkws.
»Wir beginnen mit der
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