Der lächelnde Mörder - Gyllander, V: Der lächelnde Mörder - Somliga linor brister
neuer Mensch zu werden. Deswegen sei er aufs Land gefahren und habe nachgedacht.
Holtz sagte nichts. Er hörte nur zu, und sein Erstaunen wurde immer größer.
»Ich verspreche zwar nicht, ein vollkommen neuer Mensch zu werden, aber mich ein wenig zu bessern. Ich werde jedenfalls aufmerksamer zuhören«, sagte er. Holtz hatte ihn noch nie so ruhig und ausgeglichen erlebt.
Aber er war nicht überzeugt. Er sah sich in der Kneipe um. Erlaubte sich jemand mit ihm einen Spaß, war das Ganze ein ausgeklügelter Streich?
»Jetzt reden wir nicht mehr darüber, okay? Nun klären wir diesen traurigen Fall auf, oder?«, sagte Knut Sahlén, und die unwirkliche Stimmung schwand.
Holtz war immer noch misstrauisch. Er hatte das Erlebnis noch nicht richtig verarbeitet, entschloss sich aber, Sahlén trotzdem auf die Sprünge zu helfen.
»Okay. Ich finde, dass deine sogenannten Analytiker sofort einen Blick auf diesen Ordner werfen sollten, den du von mir bekommen hast«, sagte er. »Daraus geht hervor, dass die Morde etwas miteinander zu tun haben, jedenfalls die an Peter Konstantino und Benny Rosvall.«
»Dafür ist sicher kein Analytiker nötig. Das waren doch die beiden üblen Schmierer, oder? Das wussten wir doch bereits.«
»Ganz so einfach ist es nicht«, erwiderte Holtz.
D ie Leiter schepperte, als die drei an Bord gingen. Es roch schwach, aber nicht unangenehm nach Diesel, was in Erinnerung rief, dass der Sommer jetzt wirklich nahte. Die Sonnenstrahlen drangen durch die hohen weißen Wolken und wärmten die Passagiere, die trotz des Windes an Deck geblieben waren.
»Seltsam, dass es hier so viele Krähen gibt und keine Möwen.«
Ulf Holtz deutete auf ein paar kleine, schwarze Krähenkücken mit zerzaustem Gefieder, die auf dem Kai um einen Wurstzipfel kämpften.
»Die Möwen sind doch im Park«, sagte Levin.
»Ja, ist das nicht seltsam?«, meinte Holtz und sah Nahid Ghadjar an, als wollte er sich das von ihr bestätigen lassen.
Diese schüttelte nur den Kopf und sah aus, als würde sie sich eine Antwort verkneifen. Das Trio fand einen wackligen Tisch ganz hinten auf dem Achterdeck und setzte sich. Die Eisenplatten unter ihren Füßen vibrierten. Ghadjar atmete genüsslich tief ein.
»Danke, dass ich mitkommen durfte«, sagte sie.
Levin und Holtz lächelten.
»Sollen wir was zu essen holen?«, fragte Levin.
»Für mich nicht. Mir genügt die Meeresluft«, sagte Holtz.
»Mir auch«, stimmte Nahid Ghadjar zu.
Levin erhob sich, wobei ihr weißer Plastikstuhl beinahe umfiel.
»Ich bin gleich zurück, da vorne ist ein Café.«
»Du meinst wohl, Richtung Vorsteven«, sagte Holtz.
»Aye, aye, Käpt’n«, erwiderte sie und ging mit energischen Schritten zur Treppe, die aufs Unterdeck führte. Gleichzeitig drehte sich der Bug ins offene Wasser, und die Maschine begann zu dröhnen.
Ulf Holtz und Nahid Ghadjar schwiegen eine Weile.
»Wie läuft’s?«, fragte Holtz mit zusammengekniffenen Augen, da Ghadjar zur Sonne hin saß.
»Gut, wenn du das Praktikum meinst.«
»Pia sagte, du seist tüchtig.«
»Ach?«
»Ja. Gut, schnell und interessiert, tüchtig ganz einfach.«
»Das Seltsame ist, dass die Arbeit gar nicht so ist, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Sie ist handfester und irgendwie konkreter. Levin ist eine gute Mentorin, auch wenn sie manchmal etwas ungeduldig ist …«
»Worüber unterhaltet ihr euch gerade? Ich hoffe, über mich«, sagte Pia Levin und setzte sich.
Die beiden wirkten etwas ertappt, ließen die Sache aber auf sich beruhen.
Es waren nur ein paar Tage vergangen, seit Holtz mit Knut Sahlén zu Mittag gegessen hatte. Es war augenfällig, dass Sahlén wirklich versuchte, die Kriminaltechniker mehr in die Ermittlung einzubeziehen.
Ulf Holtz zog sein Notizbuch aus dem kleinen Rucksack, den er auf den Boden gestellt hatte oder aufs Deck, wie er sich vermutlich ausgedrückt hätte. Ghadjar drehte sich nach ihrer Handtasche um, die an der Lehne ihres Stuhls hing.
»Ich will nicht, dass du Notizen machst«, sagte Holtz.
Sie hielt mitten in der Bewegung inne.
»Ich wollte die neueste Entwicklung referieren, aber ich will nicht, dass es darüber Unterlagen gibt, mit Ausnahme meiner eigenen natürlich. Okay?«
Nahid Ghadjar nickte erstaunt. Aber da sie wusste, dass sie eigentlich überhaupt keinen Anspruch darauf hatte, an den Erkenntnissen der Ermittlung teilzuhaben, protestierte sie nicht.
Levin biss lautstark von dem Apfel ab, den sie irgendwo im Bootinneren gekauft hatte. Während
Weitere Kostenlose Bücher