Der lächelnde Mörder - Gyllander, V: Der lächelnde Mörder - Somliga linor brister
Holtz erzählte, was in den letzten Tagen geschehen war, glitt das Schiff langsam an den Kais und Ufern der Stadt vorbei.
Die Liste, die Holtz der Ermittlergruppe überlassen hatte, war geprüft und analysiert worden. Sechzehn Personen waren identifiziert und aufgespürt worden. Man hatte einige von ihnen befragen wollen, aber bislang ohne Resultat.
Die meisten dieser Leute ausfindig zu machen war jedoch keine polizeiliche Meisterleistung gewesen, da auf der Liste nicht nur die Namen, sondern auch die Personenkennziffern standen. Fast alle waren wegen diverser Delikte verurteilt worden, Nachforschungen im polizeilichen Vorstrafen- und Verdächtigenregister zeitigten also schnelle Ergebnisse. Zwei Personen auf der Liste waren den Ermittlern noch dazu wohlbekannt, da ihre Namen mit großen Buchstaben auf der Tafel im Ermittlungshauptquartier standen. Peter Konstantino und Benny Rosvall.
Nachdem Ellen Brandt sich noch einige Male mit Pär Jensen unterhalten hatte, der nur sehr widerstrebend Auskunft gegeben hatte, wurde deutlich, dass es sich bei den Leuten auf der Liste nicht um die aktivsten Graffitimaler gehandelt hatte, sondern um jene, die das Sagen gehabt hatten. Die Idole, die die Richtung vorgegeben hatten, und noch ein paar andere.
Pär Jensen hatte erklärt, dass nach Meinung der Örnarna eine kleine Gruppe die Hauptschuld traf. Einige wenige inspirierten die anderen und dienten als Vorbilder. Die Idee war gewesen, diesen wenigen das Handwerk zu legen und damit den Kollaps des ganzen Systems herbeizuführen, wobei die Graffitimalereien ganz verschwinden oder zumindest reduziert werden würden.
»Klingt nicht so schlau. Von der Hydra haben doch wohl alle schon mal gehört«, meinte Nahid Ghadjar.
»Der Hydra?«, fragte Levin mit verständnislosem Blick.
»Das Monster mit den neun Köpfen, das es auf Herakles abgesehen hatte. Schlug man ihm einen Kopf ab, dann wuch sen zwei neue nach. Deswegen konnte man es auch nicht töten«, kam Holtz Ghadjar zuvor.
Levin wollte etwas sagen, aber Holtz fiel ihr ins Wort.
»Ich bin noch nicht fertig. Wir können den Fortgeschrittenenkurs in griechischer Mythologie doch später fortsetzen, oder?« Er nahm seinen Bericht wieder auf.
Niemand konnte sagen, ob die Theorie den Praxistest bestanden hätte. Die Liste war nämlich noch nicht vollendet worden, als auch schon alles in Demütigung geendet hatte, wie Pär Jensen es ausgedrückt hatte. Er selbst hatte sich nicht sonderlich aktiv um das Zusammentragen der Informationen bemüht, sondern die Liste lediglich verwaltet. Für weitere Informationen hatte er sie an Lukas Rander verwiesen.
»Das Problem ist nur, dass wir Lukas Rander nicht ausfindig machen können. Aber …«, Holtz legte eine Kunstpause ein.
Die beiden anderen sahen ihn erwartungsvoll an.
Er zog die Vergrößerung eines Fotos aus der Tasche.
»Einer jener, die die Örnarna nicht identifizieren konnten, ist Foto«, sagte er. »Ich habe genau wie die anderen geglaubt, dass es ein Spitzname wäre, eine Weile zumindest. Eigentlich idiotisch bei näherem Nachdenken. Vermutlich handelt es sich nur um eine Abkürzung.«
»Foto?«, fragten Levin und Ghadjar wie aus einem Munde.
»Genau. Darf ich hiermit den Fotografen vorstellen«, sagte er und legte das Bild vor sie hin.
Die Person auf dem Bild trug Hosen in grüner Tarnfarbe und eine dunkle Kapuzenjacke.
Es war eine junge Frau, ein Mädchen.
Über ihrer Schulter hing an einem breiten Riemen ein Fotoapparat. Man sah nur ihr Profil. Es war deutlich, dass es sich um eine Aufnahme mit einem Teleobjektiv handelte. Im Hintergrund ließ sich ein Eisenbahnwaggon erahnen. Voller Graffiti. Ihr Gesicht wurde von der Kapuze halb verdeckt, aber es konnte kein Zweifel an ihrer Identität bestehen.
P lötzlich waren die Graffitimorde wieder die wichtigste Nachricht. Sogar normalerweise seriöse Tageszeitungen überschlugen sich in ihrer Berichterstattung über die Morde, »die das Land erschüttern«.
Eine Abendzeitung beschrieb die Situation mit folgender, sehr knapper Schlagzeile:
Stadt in Schock!
»Meine Tochter war keine Graffitimalerin, das habe ich Ihnen doch schon gesagt.«
Holtz hielt ihre Hand und wusste nicht recht, was er sagen sollte. Das Zimmer, in dem sie saßen, war sparsam möbliert. Die meisten Möbel waren schwer oder an die Wand geschraubt. Die warmen, ruhigen Farben der Wände lösten seltsamerweise bei Holtz eine innere Unruhe aus. Sie sollten darüber hinwegtäuschen, dass man in einem
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