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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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umzusteigen, vom Atlantik zum Pazifik fahren.«
    Als der Versorgungszug gegen Mittag nach Chattanooga zurückfuhr, gab der alte Mann einen Brief für Mr. Cole mit. »Wir werden heute, am 24. Tage, mit dem Brückenbau fertig. Ab morgen können Ihre Züge Memphis wieder erreichen.«
    Noch in dieser Nacht kam ein festlich erleuchteter Zug aus Chattanooga angefahren. In vierzehn Personenwagen hatte Mr. Cole über 200 Gäste aus der Stadt mitgebracht. Der Schnürboden wurde zur Tanzfläche. Sie feierten die ganze Nacht. Die Chinesen kochten in fünfzig Töpfen und ein herrlicher Duft lag über dem Festplatz. Überall flackerten die Feuer.
    Der Junge vergaß seinen schmerzenden Rücken, seine blauen Flecken und die zerschundenen Hände. Georgia drehte ihn im Kreise und versuchte ihm ein paar Tanzschritte beizubringen.
    »Das ist ja schwerer als im Brückengestänge herumzuklettern«, keuchte er nach einer Reihe von wilden Hopsern. Schließlich gab er auf und wollte sich im Wagen ein wenig ausruhen. Georgia setzte sich neben ihn, nahm seine Hand und streichelte zart die rissigen Innenflächen.
    Er griff nach ihr, zeichnete mit dem Finger ihre Lippen nach, ihr Kinn, ihren Hals. Sein Herz klopfte hart, als er ihre Brüste spürte, das Mädchen ganz behutsam an sich zog und sie schnell und unbeholfen mehrmals küsste.
    »Mit einem Niggerweib! So ist’s richtig, du Ferkel.«
    An der Stimme erkannte er Grumbach. Der lachte auf und sprang aus dem Wagen. Der Junge stürzte sich auf ihn. Der unerwartete Angriff und die Wucht des Sprunges rissen Grumbach zu Boden. Aber der Zimmergeselle war stark und hatte den Jungen schnell auf dem Rücken liegen. Er setzte sich mit dem Gewicht seines schweren Körpers rittlings auf ihn und drückte die Arme des Jungen mit den Knien gegen die Erde.
    »War’s schön, du Niggerbock?«, spottete er.
    Der Junge spie ihm ins Gesicht. Da schlug Grumbach ihn hart mit dem Handrücken gegen den Mund. Der süßliche Geschmack des Blutes ekelte den Jungen. Er gab es auf, sich zu wehren. Grumbach ließ ihn liegen. Der Junge kroch in den Wagen zurück und weinte sich vor Wut und Schmerz und Scham in den Schlaf. Erst das laute Pfeifen der Lokomotive weckte ihn am nächsten Morgen. Die Eisenbahn war mit grünen Zweigen und bunten Bändern geschmückt. Der Junge schaute sich um. Georgia stand dicht neben dem Zug in der Sonne. Übermütig riss sie ein rotes Seidenband von der Lok und legte es um ihre Stirn.
    Der Junge lief zu ihr und fragte: »Soll ich’s dir festbinden, Georgia?« Beim Sprechen merkte er, dass seine Lippe geschwollen war.
    »Ja, junger Massa«, sagte Georgia und sie tat, als ob nichts gewesen wäre.
    »Tut mir Leid, das mit heute Nacht«, sagte er leise.
    »Braucht dir nicht Leid zu tun, Massa Luke. Ist vorbei. Ist ganz vorbei.« Sie schaute ihn an.
    Das rote Band stand ihr gut. Aber mit einem Male wusste der Junge, dass er auch in dieser Nacht eigentlich ein ganz anderes Mädchen gemeint hatte.
    Mr. Cole schickte zunächst die Lok ohne die Wagen über die Brücke. Dem Mann, der sie fuhr, versprach er einen doppelten Tagelohn für das Wagnis über eine Brücke ohne Stützen zu fahren. Der alte Mann lachte über Coles Misstrauen. Die Lok setzte sich in Bewegung und rollte langsam über die Brücke. Der alte Mann hatte sich ein wenig seitwärts dicht an die Schlucht gestellt und beobachtete das Strebwerk. Die Brücke bebte leicht unter dem Gewicht, aber sie trug die Last ohne Schwierigkeiten. Der alte Mann sah als Einziger, dass sich einer der Strebbalken an einer Seite löste und mit seinem Ende etwa 60 cm unter der Brückenkonstruktion frei in der Luft hing. Die Maschine rollte zurück, diesmal in schnellem Tempo.
    Der Balken wippte ein wenig.
    Mr. Cole rief: »Auf, Ladies and Gentlemen, jetzt lassen Sie uns keine Minute Zeit mehr verlieren. Steigen Sie ein. Wir fahren nach Memphis. Die Brücke ist ein hervorragendes Bauwerk. Sie können später sagen: ›Ich bin dabei gewesen.‹ «
    »Halt!«, schrie der alte Mann. »Ein Bolzen ist nicht eingeschlagen worden. Irgendein Schweinekerl hat an dem Balken da unten einen Bolzen vergessen. Eine Kleinigkeit. Sie müssen sich noch ein paar Minuten gedulden.«
    Er begann in das Stützwerk zu klettern.
    »Wer steigt mit mir hinunter und hebt den Balken an? Ich brauche zwei Männer.«
    Keiner hatte rechte Lust dazu, jetzt noch eine riskante Kletterpartie zu machen.
    »Los, komm Andreas«, rief der alte Mann. »Hast sowieso nicht viel an der Brücke

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