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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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letzte verkauft hab, Frauchen«, antwortete Nathan unbestimmt.
    Die Großmutter trat wieder in die Stube. Sie schüttete den Schnaps in ein Gläschen und sagte: »In diesem Jahr kaufen die Bienmanns nichts mehr, Nathan.«
    »Ich weiß, ich weiß. Das Geld sitzt fest in diesem Winter. Die Leute tun so, als wären sie arm wie Bettler.«
    »Sind sie das nicht?«, fragte die Großmutter. »Alle drehen den Pfennig zweimal um, bevor sie ihn ausgeben. Nur der Luke da, der ist ein reicher Mann. Ein Krösus ist er.«
    »So?« Der Händler schaute den Jungen aufmerksam an. »Hast etwa ausgegraben einen Goldschatz?«
    »Nein. Der Baron hat mir für meinen Hecht ein Goldstück ge­geben.«
    »Hab’s schon gehört, dass du einen Fisch gefangen hast, einen riesigen.« Der Händler trank seinen Schnaps und verabschiedete sich. »Im Sommer komm ich wieder.«
    Der Junge folgte ihm vor das Haus. »Willst eine Schnalle kaufen, eine bunte oder eine Haarspange für blonde Zöpfe?«
    Woher weiß er, dass Warichs Lisa blonde Zöpfe hat, dachte der Junge. »Ich brauche so was nicht«, wehrte er ab.
    »Ich habe vielleicht doch etwas, was du gern möchtest besitzen, Benjamin. Nirgendwo sonst kannst du das erwerben.« Er winkte den Jungen an seinen Schlitten heran, kramte in einem Segeltuchsack, rief den Hunden ein Wort zu, dass sie kuschten, und zeigte dem Jungen ein kleines, ovales Silbermedaillon.
    »Na, was ist damit?«, fragte der Junge.
    »Aufmachen, aufmachen!«, ermunterte Nathan ihn. Der Junge öffnete das Medaillon. Die kleinen Innenovale waren mit winzigen Bildern ausgelegt. Das linke stellte den Kirchplatz und das Haus in Leschinen dar und rechts schwamm ein Segelschiff mit drei Mas­ten. Der Junge erkannte sofort, dass diese Bilder sein Vater gemalt hatte.
    »Woher hast du sie?«
    »Nu ja, woher wird Nathan haben solche Schätze? Hab ich das schöne Stück einem Seemann abgekauft für teures Geld. Mag sein in Danzig, mag sein in Königsberg. Willst du nicht kaufen die Bilderchen, die kleinen? Ich lass sie dir billig, weil du mir Leid tust, du Bürschchen.«
    »Ich habe nur das Goldstück, zehn Mark«, sagte der Junge. »Reicht dir das?«
    »Zehn Mark, Jungchen? Ich bin ein geplagter Mann. Aber werd ich mich versündigen an so einem kleinen Kerl? Gib mir den Goldfuchs und du sollst haben das silberne Juwel und weg ist weg.«
    Der Junge überlegte einen Augenblick, ob er das Goldstück wohl hergeben dürfe. Da sagte der alte Nathan: »Jungchen, gebe ich dir dazu eine geflochtene Schnur aus Leder. Kannst dir daran das Medaillon um den Hals hängen. Wirst es dann niemals verlieren.«
    »Gold scheint bei den Männern in unserer Familie in der Tasche zu glühen«, sagte die Mutter, als Tage später nach dem Geschenk des Barons gefragt wurde und der Junge zeigte, was er dafür von Nathan gekauft hatte.
    Der Junge sah, dass die Mutter ihm nicht böse war, denn sie schaute das Medaillon lange an und strich ganz behutsam mit dem Finger darüber.

Dem alten Mann schien das Blut schneller durch die Adern zu fließen. Noch an eben diesem Tage, als er auf dem Gut gewesen war, rief er gegen Abend die Männer zu sich ins Haus, die im letzten Sommer mit ihm auf dem Bau gearbeitet hatten. Alle folgten seiner Einladung. Mehr als zwanzig Zimmerleute und Holzarbeiter saßen schließlich in der großen Stube. Der jüngste, Andreas Schicks, war gerade 16 Jahre alt und Döblin hatte die 70 schon überschritten.
    Der alte Mann berichtete ihnen, er habe sich entschlossen im Frühjahr loszuziehen, über das Meer zu fahren und in Amerika nach Arbeit zu suchen. Spätestens nach zwei Jahren wolle er wieder in Liebenberg sein. Wer sich mutig und stark genug fühle und wen die Frau fortlasse, der soll mit ihm ziehen. Das war nun keineswegs ein ausgefeilter Plan. Einige in der Runde hatten nicht einmal eine genauere Vorstellung davon, wo die Neue Welt eigentlich zu suchen sei. Mathilde bot sich an den Lehrer zu holen. Der wisse wahrscheinlich viel von Amerika.
    »Der Junge kann ins Lehrerhaus laufen«, stimmte der alte Mann zu. Doch Mathilde hatte sich bereits das Wolltuch um die Schultern geschlagen.
    »Nein, nein, ich gehe schon«, sagte sie und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Er hat’s ihr angetan«, lachte Lenski.
    »Unsinn. Dazu ist Mathilde viel zu klug. Sie wird sich doch nicht in einen vergaffen, der immer auf dem Sprung stehen muss.« Das waren die ersten Worte, die ein junger, kräftiger Bursche an diesem Abend sprach.
    »Was meinst du damit,

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