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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
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könnte tot sein.
    »Eines habe ich heute in der Schule gelernt.«
    »Heute ist Samstag.«
    Ich lege ihm die Hand auf den Mund: Man fällt einem Betrunkenen nicht ins Wort.
    »Freitag. Ich habe es am Freitag gelernt.«
    »Lass hören.«
 
    Ich versuche, mich zu erinnern, aber es ist schwierig. Da waren Pferde. Und Behinderte. Alle hatten eine Behinderung, bis auf mich und einige andere. Um eins mussten wir in der Schule sein, also nahmen wir die Rucksäcke und Jacken, um wieder zum Kleinbus zu gehen.
    Aber zuerst zogen diese anderen Behinderten Äpfel für die Pferde hervor, für Lloyd und zwei seiner Gefährten.
    Ich habe Johannisbrot, sagte Mattia. Er holte es aus der Tasche.
    Gaglio führte das Pferd herbei. Heute ist dein Glückstag, Lloyd.
    Mattia jedoch drehte sich zu mir um.
    Und du?
    Nein, nein, ich denke nicht dran.
    Doch, doch, du auch.
    Mattia ergriff meine Hand, öffnete sie, so.
    Es ist ganz leicht, sagte er.
 
    »Also?« Savarese sieht mich an und bewegt sich nicht. Ich bin es, die ins Schleudern gerät.
    »Sie sind überall. Sie sind mitten unter uns«, flüstere ich.
    »Die Außerirdischen?«
    »Die Behinderten.«
    Er beginnt, höhnisch zu lachen, und ich ahme ihn nach, und daraus wird ein so lautes Gelächter, dass die anderen am Tisch vor Neugier verstummen, weil auch sie so herzlich lachen möchten und es auch könnten, wenn wir nur einen Moment lang aufhören würden, um ihnen zu erklären, wie man es macht. Aber uns ist das egal. Wir sind eben sehr schlecht erzogen.
    Zehn Minuten später ziehen wir unsere Jacken an und gehen. Margherita winkt mir vom Tresen aus zu.
    Als wir draußen im Kreis stehen, um die letzte Zigarette zu rauchen, frage ich mich, wie viele Namen mir nach dem Aufwachen wohl noch einfallen werden.
    Savarese unterhält sich mit dem Blonden. Er rät ihm, eine bestimmte Sache ganz oder gar nicht zu tun.
    Ich habe meine Zigarette fast zu Ende geraucht, da kommt einer von ihnen auf mich zu. Marco oder Gabriele.
    »Latein und Italienisch also?«
    »Ja.«
    Marco.
    »Dann das Referendariat, die Fachlehrerausbildung.«
    Er wirft seine Zigarette weg, lächelt mich an.
    »Diese ganze Prozedur und am Ende arbeitest du dann als Krankenpflegerin für Behinderte.«
    Ich warte, bis sich das Kondensat, das ihm aus dem Mund quillt, in der Luft verflüchtigt, dann gehe ich an ihm vorbei zu Savarese, packe ihn am Arm.
    »Ich will jetzt nach Hause.«
 
    »Warte, bleib stehen.«
    Ich musste ihn im Flur mit beiden Händen festhalten.
    »Setz dich, deine Mutter ist gleich da.«
    Andrea schwankte erst eine Weile im Kreis herum, ehe er sich auf die Bank vor dem Direktorat setzte.
    »Haben dir die Pferde gefallen?«
    Riccardi schaukelte immer noch vor und zurück.
    »Sie machen mir Angst, die Pferde. Dreckskerle.«
    »Mir auch ein bisschen«, sagte ich. Die Holzbank fing an zu ächzen.
    »Ich zeig dir was.«
    Ich zog das Geschichtsbuch aus der Tasche. In meiner verzerrten Darstellung ist Alexander der Große kein unversöhnlicher Krieger mehr, sondern zu einem Pferdeflüsterer geworden.
    Aufmerksam betrachtete Riccardi die Abbildung, aufder Bucefalo die Hufe hochreißt, um Alexander abzuwerfen und ihn totzutrampeln.
    »Er wusste, dass er dem Pferd zuerst gut zureden musste. Er hat ihm allerlei ins Ohr geflüstert und sich dann auf seinen Rücken geschwungen.«
    »Was hat er ihm ins Ohr geflüstert?«
    »Das weiß niemand: Es ist ein Geheimnis zwischen ihm und Bucefalo. Das Einzige, was wir wissen, ist, dass sie danach ganz dicke Freunde wurden und Alexander keine Angst mehr vor ihm hatte.«
    Andrea begann wieder, leicht zu schaukeln. Ich nahm ihm das Buch weg, um eine weitere Abbildung herauszusuchen. Er ergriff meine Hand und legte sie sich auf den Kopf.
 
    »He, wach auf. Wir sind da.«
    Savarese zerrt mich aus dem Auto. Ich würde ja gerne mitarbeiten, fühle mich aber wie erschlagen. Mit übermenschlicher Anstrengung fördere ich die Schlüssel zutage und reiche sie ihm. Komm rein.
    »Schaffst du es die Treppe hoch?«
    »Ich fühle mich wie gerädert.«
    »Verstehe.«
    Zwischen dem Geländer und seinem Arm gelingt es mir irgendwie, bis zum ersten Stock zu kommen. Wir dringen ins Dunkel der Wohnung ein.
    »Pass auf die Schlangen auf.«
    »Gibt es hier Schlangen?«
    »Überall.«
    Ich weiß nicht, warum wir flüstern.
    Plötzlich fasst mich Savarese um die Taille.
    »He.«
    Mir dreht sich der Kopf.
    »Wie gerädert«, erkläre ich ihm. »Warum bist denn du nicht so betrunken?«
    »Jahrelanges

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