Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
Vom Netzwerk:
hartes Training«, antwortet er, während er mich bis zu meinem Zimmer, zum Bett führt. Es ist voller Schlangen, die schlafen und nicht gestört werden wollen. Er schert sich nicht darum und sorgt dafür, dass ich mich hinlege. Sie sind nicht mehr da.
    »Nicht einmal Bilder gibt es in diesem Zimmer.«
    Ich spüre, wie er mir die Schuhe auszieht.
    »Und dann die Kartons. Wie lange dauert dieser Umzug eigentlich noch?«
    Ich nuschle etwas vor mich hin.
    »Wie bitte?«
    »Ich habe gesagt, dass es nur provisorisch ist: Dieses Jahr bin ich hier, keine Ahnung, was nächstes Jahr sein wird.«
    »Aber vorerst bist du hier«, sagt er. Er setzt sich aufs Bett, lehnt sich mit dem Rücken an die Wand. Sein Schädel hat im Finstern eine merkwürdige Form. »Du könntest sie zumindest in den Schrank stellen.«
    »Der Boden ist durchgebrochen.«
    Ich muss aufpassen, dass ich die Beine nicht ausstrecke, damit ich nicht gegen ihn trete.
    »Und sag mal: Geht es dir gut, abgesehen davon, dass du gerädert bist?«
    Das höre ich noch, dann nichts mehr. Als ich die Augen aufmache, zerschneidet das spärliche Licht, das durchsFenster dringt, Savareses Gesicht in zwei Teile. Er schläft ganz am Rand, hat mir das Kopfkissen geklaut.
    Ich taste nach dem Wecker auf dem Nachttisch und bin beruhigt: Es ist erst fünf Uhr.
    Nach und nach zwinge ich Beine und Arme zur Mitarbeit, lasse mich auf den Fußboden gleiten und schleppe mich in die Küche. Die Zimmertür war geschlossen. Bravo, Savarese.
    Ohne Lärm zu machen, um niemanden zu wecken, nehme ich mir ein Glas Wasser und setze mich. Auf dem Tisch verteilt liegen die Fotos, die wir auf der Reitbahn gemacht haben; Margherita wird sie sich angeschaut haben, ehe sie zu Bett ging.
    Sid, der sich an den Pfosten klammert.
    Rita und Dip hoch zu Ross.
    Andrea, der sich ausstreckt, und Lloyd, der das Maul zurückzieht.
    Die Belcari auf der Bank, die Hand vor den Augen.
    Mattia.
    Ich schnappe mir das Foto mit Andrea, stelle das leere Glas darauf. Durch die Lichtbrechung erscheint sein Gesicht länger und ums Kinn herum breiter. Ich schiebe das Glas leicht nach oben: Andreas Blick verändert sich, entspannt sich, wird normal.

15
    Ein Mann und eine Frau gehen mit eineinhalb Söhnen die Straße entlang. So sehen sie es jedenfalls, auch wenn sie es nicht aussprechen, denn der Kleine wird nie ein vollwertiger Sohn sein, einer, der allein zur Schule geht, heimlich raucht, heiratet und selbst einmal einen Sohn zeugt.
    Dafür kann er alles Mögliche sein: ein Holzspecht, der wie ein Perpetuum mobile unablässig rauf- und runterklettert, eine dröhnende Alarmanlage, die sich einschaltet, wenn man ihr zu nahe kommt, eine weiche, gelenkige Puppe, mit der man im Hof des Kindergartens spielen kann.
    »Der Kleine ist eben so, wie er ist«, antwortet die Frau immer, wenn ihre Schwiegermutter sie am Telefon fragt, wie es den Enkeln geht.
    Jetzt quengelt der Große, weil er das Laufen satt hat, weil er als Neunjähriger nur durch Tränen und kleine Katastrophen mit seiner Umwelt interagieren kann.
    Der Kleine sagt nichts. Er hält die geöffnete Hand in der väterlichen Faust und lässt sich auf dem Bürgersteig dahinzerren. Wenn es nach ihm ginge, würde er immer so weiterlaufen.
    »Hör jetzt sofort auf«, sagt die Stimme des Vaters zum älteren Sohn. Er ist nervös wegen des Programms, das gestern Nachmittag geplatzt ist, sodass sie heute Morgen einen zweiten Anlauf nehmen müssen.
    Die Mutter bleibt stehen, um flehenden Blickes auf ihn zu warten.
    Sei lieb.
    Die Frau ist schuld, wenn sich dieser Urlaub als Fiasko erweist. Kurz nachdem sie in den Zug gestiegen waren, bekam sie eine leichte Migräne, die während der Fahrt immer schlimmer wurde. Sie musste den ganzen Nachmittag im Hotel bleiben. Kaum fing der Schmerz an, nachzulassen, kam der Ehemann ins Zimmer, riss sämtliche Klamotten aus der Reisetasche und warf sie auf den Boden. Ihr wurde klar, dass sie die DVD s des Kleinen zu Hause vergessen hatte, und stellte sich schlafend.
    »Geht's dir wieder gut?«, fragte er sie heute Morgen. Das tat er in dem Ton, den er gegenüber seinen Praktikanten anschlägt, dem leicht ironischen Tonfall dessen, der nicht beschissen werden will. Als ob die Migräne ein Segen sei, den sie sich auf obskure Weise erschlichen hatte, nur um einen Nachmittag lang Ruhe zu haben, von allen Verpflichtungen befreit zu sein. Bloß, um ihn hereinzulegen.
    »Da sind wir!«, sagt er nun vor dem Eingang des Aquariums. Die Ehefrau lächelt ihm

Weitere Kostenlose Bücher