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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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sagte, konnte man drucken.
    »Ich habe vielleicht einen Beitrag«, meinte ich. »Und falls ich so klinge, als sei ich unsicher, dann ist das auch so.« Ich berichtete in groben Zügen.
    »Das hört sich verdammt sauber an«, antwortete er. »Aber ich muss das Ding erst auf dem Schreibtisch haben.«
    »Das weiß ich. Aber ich kriege durchaus nicht das Geld zusammen, um alles zu recherchieren.«
    »Wie viel brauchen Sie?« Er hatte eine schlimme Art, direkt zu fragen.
    »Ein paar Tausender«, sagte ich. »Es kann nicht mehr viel schiefgehen.«
    Er lachte sanft. »Selbstverständlich kann etwas schiefgehen. Sie können zum Beispiel … na ja, Sie wissen selbst, was Ihnen passieren kann. Also wie viel?«
    »Fünf, als Anzahlung«, sagte ich. »Und ich schmeiße Ihnen die Geschichte binnen vierzehn Tagen auf den Schreibtisch. Aber, bitte, per Fax und sofort an meine Bank.«
    »Geht klar«, sagte er. »Behalten Sie die Nerven und Ihre Extremitäten.« Dann legte er auf.
    Clara kam herein. Sie war verweint und fragte: »Stimmt das mit Vera? Ist sie tot?«
    »Ja, tut mir Leid, ja. Jemand hat sie erschossen, oder aber sie hat sich selbst erschossen. In deiner Wohnung in Ahrdorf. Vielleicht kannst du mit jemandem die Wohnung tauschen?« Ich versuchte, ihr irgendwie Mut zu machen, und wusste doch, dass es nutzlos war.
    »Ja, ja«, murmelte sie abwesend und marschierte wieder hinaus.
    Ich rief Müller in Meckenheim an und fragte, ob die Untersuchung der Leiche der Vera Grenzow irgendetwas erbracht habe.
    »Ja«, sagte er, »sie hat sich nicht selbst erschossen, sie ist erschossen worden. Eindeutig.«
    »Da wir dieses Frettchen schon vorher hatten, kann man fast damit rechnen, dass ein weiterer Mensch herumläuft, der Leute abknallt.«
    »So ist es«, sagte er. »Wir haben Kanter übrigens entlassen müssen. Die Handelskammer hat einen Riesenstunk gemacht, das Institut der Deutschen Wirtschaft auch.«
    »Was haben die Vernehmungen des Günther Schulze ergeben?«
    »Nichts, außer einem kleinen, fein funktionierenden Apparat. Irgendwie rührend, wenn Sie mich fragen, aber hocheffizient.«
    »Hat das Frettchen irgendetwas gesagt?«
    »Bisher kein Wort, nur die Personalien. Und die checken wir jetzt mit den bei uns vorhandenen Unterlagen über die Stasi gegen. Dann werden wir weitersehen. Sie können in Ihr Haus zurück, Plastik scheint nicht mehr im Spiel zu sein.«
    »Was sagte denn Sven Sauter?«
    »Nichts. Wir können kein Verhör führen, wir haben nicht die geringste Handhabe. Angeblich weiß er von nichts.«
    »Eine merkwürdige Art, die Wähler zu vertreten.«
    »Hm. Er ist eigentlich nicht mal schlecht. Er ist der typische aus der Gewerkschaftsbewegung stammende Parlamentarier. Er ist verdammt basisnah, er weiß immer genau, was in seinem Wahlkreis gedacht wird. Und irgendwie verzeihen seine Kumpels alles. Wahrscheinlich ist er bestechlich und in hohem Maße bigott, aber das sind die letztlich alle. Haben Sie nicht Lust, mit seiner Exfrau zu sprechen?«
    »Habe ich. Wo hockt die?«
    »In Dernau an der Ahr, da, wo der Regierungsbunker ist.«
    »Weiß ich. Ich besuche sie.«
    Ich machte mich landfein, besorgte mir erneut ein Auto. Diesmal von einem jungen Mann, dessen Namen ich nicht einmal kannte. Aber so sind die Eifler: Wenn die dich mögen, teilen sie alles, sogar das Auto, das man nicht verleiht. Es war ein uraltes Käfer-Cabrio, dessen Motor auf eine höchst eigenwillige Art zuweilen abstarb, zuweilen selbständig auf Vollgas ging. Mit dem Auto musste man ständig reden.
    In einer Telefonzelle unterwegs holte ich aus dem Telefonbuch die Adresse der Frau E. Sauter. Als ich vorfuhr, spielte in dem schmalen Vorgarten des zweistöckigen Villenhaues eine Horde unglaublich dreckiger, glücklicher Kinder in einer mit Sand, Schlamm und Wasser gefüllten Grube. Ein ganz kleiner, etwa drei Jahre alter Junge nahm eine Plastikschippe, schaufelte kräftig in der Matsche und sagte: »Hau ab, du!«
    Und schon war ich getauft, sah aus wie eine Wildsau nach dem Suhlen, und eine Frau bemerkte scheinbar erschreckt, aber erkennbar ungeheuer belustigt: »Oh, verdammt noch mal, Peter! Entschuldigen Sie, aber er meint es nicht so.«
    Ich griff mir den Kleinen, hob ihn ein wenig hoch und sagte: »Sind Sie Frau Sauter?«, und als sie misstrauisch nickte, fuhr ich fort: »Ich bitte um ein paar Minuten.«
    »Presse?«
    »Ja und nein. Zunächst will ich absolut nichts schreiben, zunächst bitte ich nur um Befriedigung meiner ungeheuren Neugier.

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