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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Bär, der gerade aus dem Wasser kam. »Ans Hängen soll's heute gehen, vermute ich mal.«
    Der Schließer, ein armer Tropf von knappen fünfzig Jahren, lehnte wieder in der Tür. »Wer weiß. Aber die Herren haben so das Recht gesprochen.«
    Hans Lüddecke lief dunkelrot an. »Diese verdammten Käsekrämer wagen es, einen Edelmann an den Hanf zu bringen! Ein himmelschreiender Mord ist es, doch nicht Gerechtigkeit.«
    Der Schließer stimmte ihm zu. »Ein Lösegeld, hätt' ich gedacht, würde genügen.«
    Das brachte Hans Lüddecke auf eine Idee. Lauernd sah er den dürren Wärter an. »Wie hoch ist dein Lohn als Schließer?«
    »Vier Pfennig die Woche, trocken Brot und Wasser …«
    »Nicht eben viel.«
    »Nein. Ich wollte, als ich jung war, weg nach Berlin und Freiknecht werden, aber meine Mutter ließ mich nicht. Jetzt wär' ich vielleicht Abdecker in Berlin wie ein guter Freund von mir. Und wie lebt der Mann? Wie ein Fürst!«
    »Kannst du auch alles haben!« rief Hans Lüddecke und sprang so behende auf, daß ihm die Ketten an den Füßen klirrten. »Laß mich hier raus – und sollst Brot haben und Bier und feiertags Wein saufen auf Lebenszeit. Meine Brüder werden's dir gedenken und dich auf Händen tragen. Zudem sollst du einen Scharlachrock haben, mit Pelz verbrämt. Verstehst du mich?«
    »Verstehen tu' ich schon«, entgegnete der Schließer langsam und zählte die Schlüssel, die an seinem Bunde hingen, fuhr an dem einen und dem anderen mit den Fingern entlang. »Aber es dürfte nicht gehen, gestrenger Herr, weil … Ich habe der Stadt geschworen und mag sie nicht verraten.«
    »Du bist ja blöder als alle Ochsen zusammen!« schrie Hans Lüddecke und warf sich wieder auf sein Stroh. »Bist du es auch, der mich hängen soll?«
    »Nein, Gestrenger, das haben die Landreiter Ludwigs verhindert.«
    »Sind die deswegen nach Gransee gekommen?«
    »Wiederum nein. Sie sind hier gewesen, um den Bürgern zu sagen, daß der Pilgersmann, der durch die Lande zieht, nicht der alte Markgraf Waldemar ist, sondern ein Schwindler. Der Havelberger Bischof aber hat verkünden lassen, sie sollten ihn aufnehmen als echten Fürsten. Da wollen nun die einen die Tore verschließen, die anderen aber wollen sie aufsperren für Waldemar.«
    »Der ist ganz sicher tot«, sagte Hans Lüddecke. »Aber wenn er noch lebte, dann …«
    Der Schließer unterbrach ihn. »Egal, so müßt Ihr Euch schon selber helfen.«
    »Wie denn?« lachte Hans Lüddecke. »Soll ich mir selber den Strick um den Hals legen und mich daran hochziehen?«
    »Nein. Es ging komisch zu in der Gerichtsverhandlung gegen Euch … Die Männer hätten es schon gern bei einem Lösegeld belassen, die Frauen aber wollten Euch auf alle Fälle sterben sehen, Ihr habt sie doch zu sehr gekränkt, und ihre Männer haben nicht gewagt, Widerstand zu leisten gegen sie.«
    »Hexen sind sie wirklich alle! Und was ist letztlich dabei herausgekommen?«
    »Ein Gottesurteil.«
    »Wie? Wollen sie mich in voller Rüstung und mit Ketten an Händen und Füßen in den See werfen und sehen, ob ich untergehe oder nicht?«
    »Nein. Es hängt von einem anderen ab, ob Ihr baumeln werdet oder nicht.«
    Hans Lüddecke verstand das nicht. »Von wem?«
    »Vom Türmer, der geschlafen hat, als Ihr und Eure Leute in die Stadt gedrungen seid.«
    Hans Lüddecke lachte. »Was, der Kuneke? Den puste ich doch mit halber Lunge bis zur Ostsee hin.«
    »Nein, ein Mann aus Bayern, der für ihn auf den Turm gestiegen, damit er's mit seiner Liebsten treiben konnte. Kuneke ist auf und davon, und da haben sich die Herren vom Rat den anderen gegriffen.«
    »Und nun?«
    »Beide zusammen will man euch in den Wartturm sperren, und ihr sollt miteinander kämpfen. Wer von der Zinne fliegt, ist eh erledigt, und der Sieger wird begnadigt.«
    Meinhard von Attenweiler wollte seine Gedanken fortscheuchen wie einen Alptraum. Daß er von einem Schwarm aufgebrachter Frauen überwältigt worden war, daß er sein Leben als Türmer lassen sollte, daß er jetzt vor dem Wartturm stand, auf dem er gestern eingeschlafen war, und den Urteilsspruch des Bürgermeisters vernehmen sollte. Gefesselt war er, und die Bürger von Gransee standen in einem weiten Kreis um ihn und den Rat herum. Doch sie fingen nicht an, sie schienen noch auf etwas zu warten. Er hatte keine Ahnung, um was es da ging. Die Blicke vieler schöner Frauen trafen ihn, und was in ihren Augen zu lesen stand, war eindeutig genug: Wir hätten dich gerne gerettet und zu uns

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