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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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es nicht brechen, ohne sich aufs äußerste zu kompromittieren. Zudem hatte sich Ludwig das Wohlwollen vieler Räte durch bestimmte Anleihen zu sichern gewußt. Die Mehrheit der Bürger aber stand zu Waldemar, so daß es bei Rehbocks Anrücken zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ihnen und dem Rat mit seinen wehrhaften Mannen gekommen war, was ihm die Unterwerfung Berlins sehr erleichtert hatte.
    Wie auch immer, eben hatte er – mit den Herzögen Rudolf und Bernhard von Sachsen, Herzog Johann von Mecklenburg, Graf Albrecht von Anhalt und Graf Ulrich von Lindow an seiner Seite – die Rechte Berlins und Cöllns in derselben Weise bestätigt wie vordem in Brandenburg Stadt, und er gab auch dieselben Versprechen ab. So erließ er den Bürgern die bis dato üblichen Abgaben an die landesherrlichen Mühlen, belehnte sie mit allen geistlichen und weltlichen Gütern, die sie von Rechts wegen besaßen, wollte ihnen den erlittenen Brandschaden ersetzen und schenkte ihnen die Einkünfte des Vorwerks Nyenhove. Außer seinem eigenen großen Insiegel wurden auch die des Herzogs Rudolf und des Grafen Albrecht von Anhalt als stillschweigende Garantien an die Urkunden angehängt.
    »Ach, dieses Berlin«, brummte Rudolf von Sachsen. »Es gärt hier immer. Und wie sie damals den Bernauer Abt erschlagen haben. Voller Unsicherheit ist alles hier.«
    »Und ein ketzerisches Volk ist es«, fügte Kunat von Kremmen hinzu, ein hochgewachsener, aber nicht eben sehr aufgeweckter Ritter, der sich Rehbock an seinem Heimatort angeschlossen hatte.
    »Wir hätten Berlin glatt umgehen sollen«, sagte Ulrich von Lindow. »Brandenburg an der Havel ist wichtig gewesen, dieses Nest hier an der Spree aber nicht.«
    »Da irrt Ihr wohl«, mischte Nienkerken sich ein. »Brandenburg ist alt und verbraucht, Berlin heißt die Zukunft der Mark, hier steckt die Kraft. Darum ist es wichtig, daß wir Berlin gewonnen haben.«
    »Wenigstens hat's nicht auch noch der Magdeburger bekommen!« giftete Albrecht von Anhalt und spielte auf die Tatsache an, daß Waldemar dem Erzbischof Otto für seine erwiesenen Dienste Plaue überschrieben hatte.
    »Von nichts kommt nichts«, gab Nienkerken zurück. Sicher, seine Strategie, Waldemar die Mark zu sichern, hatte den Nachteil, daß diese immer kleiner wurde, je weiter er kam, aber wie anders hätte man sich die Gunst der Städte erkaufen können, als ihnen Rechte oder Ländereien abzutreten oder zu schenken? Was blieb denn einem bettelarmen Pilger anderes, wenn er gegen Karl und Ludwig siegen wollte? Schön, ein bißchen erinnerte das an jenen Mann, der ohne alle Nahrung war und sich selber nach und nach Hände und Füße vom Körper trennte und briet, um nicht zu verhungern, und nur noch ein Torso war, als man ihn rettete. Aber immerhin: er hatte überlebt.
    Rehbock überhörte das alles. »Draußen vor der Stadt warten sie auf mich: die Huldigung der beiden Städte.«
    »Ja, reiten wir hinaus.«
    Für Rehbock war und blieb dieser Tag ein Wunder. War das ein Glück für ihn! Glaubet an den Herrn, euren Gott, so werdet ihr sicher sein; und glaubet seinen Propheten, so werdet ihr Glück haben. Fürwahr, er hatte es. Alle waren sie hinausgeströmt. Keine fünfzig Menschen außer den ganz Alten und Gebrechlichen waren in den Mauern Berlins und Cöllns geblieben. Selbst die Wärter aus den Spitälern, von Sankt Gertraud und Sankt Georg vorm Oderberger Tor, waren gekommen. Sterbende und Tote hatten sie zuhauf gesehen, wer aber konnte schon einen Markgrafen schauen, der fast dreißig Jahre lang im Grab gelegen hatte und nun auferstanden war? Besonders die Kinder strömten hinaus, das Wunder zu sehen. Die Jüngeren, weißgekleidet, trugen dem lieben Landesherrn Kerzen und Kränze entgegen. Tausende standen auf den Wiesen und Feldern. Auch aus den umliegenden Städten und Dörfern, meilenweit her, waren sie gekommen, Frauen und Männer, und mancher Edelmann hielt zu Roß am Wegesrand. Im Wagen neben ihnen, auf Säcken, saßen die Edelfrauen und Fräulein. Die Jungen kletterten im Geäst der Bäume umher, um ihn besser erkennen zu können, und fielen mitunter zur Freude der Mädchen hinab.
    Die Gewerke waren mit Fahnen und Fähnlein aufgezogen, zu Roß wie zu Fuß, und seinen besten Sonntagsrock hatte jeder angetan. Die Harnische und Pickelhauben wie die Hellebarden und die Morgensterne waren blankgeputzt und blitzten im milden Sonnenlicht. Voran ritten, nach altem Rechte, die Knochenhauer, Balzer Brodowin als

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