Der letzte Aufguss
quatschen wir zwei jetzt
miteinander. Ich binʼs nämlich leid.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Du willst doch nicht etwa kündigen?«
Pit verschränkte die Arme vor seinem mächtigen Brustkorb â das half
immer, wenn er StraÃengangs beeindrucken wollte. »Können. Wir. Endlich.
Quatschen?«
Diana schloss die Kasse ab. »Okay, komm mit. Linda, übernimm du
bitte mal kurz für mich.« Sie ging in den hinteren, zurzeit völlig leeren
Bereich des Tea House und setzte sich an einen Tisch, der von vorne nicht
einsehbar war. »Ich hol uns was, du hast die Spezialität unseres Hauses ja noch
gar nicht probiert.«
Sie verschwand kurz in der Küche und kam mit zwei kompletten Cream
Teas zurück. »Zieh ich von deinem Lohn ab.« Sie lächelte.
Wahrscheinlich meinte sie es trotzdem ernst.
Pit schnaufte noch mal durch, goss sich den Tee ein, gab Zucker dazu
und die feste Sahne.
»Bist du wahnsinnig?« Diana schlug die Hände zusammen. »Man haut
doch nicht die Clotted Cream in den Tee! Dafür würde man dich an einem College
aber ganz schön zur Sau machen.«
»Es heiÃt doch Cream Tea!«
»Ja, aber nicht deshalb. Man isst Scones mit Clotted Cream und
Marmelade und trinkt dazu Tee. Hoffentlich hat das keiner gesehen, du machst
Auntieʼs Tea House sonst zur Schande von ganz Cambridge.«
»Kannst du auch mal irgendwas Nettes zu mir sagen? Ich dachte immer,
Briten seien höflich, aber du behandelst mich wie ScheiÃe.« Pit merkte gar
nicht, wie laut er wurde. »Ich hab da echt keinen Bock mehr drauf. Entweder das
ändert sich auf der Stelle, oder ich hau ab. Und du siehst mich nie wieder.«
Auch wenn der Professor dann verdammt sauer auf ihn wäre. Aber wenn
das hier zur Quälerei wurde, war Schluss.
Zuerst sagte Diana nichts. Dann verzog sich ihr Gesicht. Weinte sie
etwa? Nein, sie lachte. »WeiÃt du was? Ich glaub, ich mag dich. Sonst nehm ich
Leute nie so hart ran.«
Pit konnte es nicht fassen. »Na, da bin ich ja unglaublich beruhigt.«
»Kannst du auch sein! Am Anfang hast du mir ein bisschen Angst gemacht.
Ich mein, schau dich mal an! Du siehst aus wie ein Kühlschrank in Leder.« Sie
nahm einen Schluck Tee, damit Pit ihr breites Grinsen nicht sah. »Da war ich
dann halt komisch drauf. Dazu kommt, dass die blöde Pia mich zurzeit total
aufregt. Aber über die möchte ich gar nicht reden. Du warst irgendwie der
Blitzableiter. Ich dachte, du könntest was aushalten. â Ja, genau, erst die
Clotted Cream auf den Scone, dann einen Klecks Marmelade. Du schaffst das, ich
glaub an dich!«
Sie lächelte wieder, doch mit einem Mal wurde sie ganz ernst und sah
fast aus, als würde sie sich für dieses Lächeln schämen, als wäre es nicht
angebracht.
Pit lehnte sich vor und senkte die Stimme. »Ich hab zwar keine groÃe
Ahnung von Psychologie oder so was, ich bin auch nicht der einfühlsame Typ,
aber ich glaub, du hast Sorgen.«
»Na, wenn sogar du das erkennst, muss es schon auf meiner Stirn
tätowiert sein.« Sie brach Ecken aus ihrem Scone und zerbröselte sie langsam. »Ja,
es stimmt, du hast recht.« Sie blickte ihn lange an. »Komm mit, ich zeigʼs dir.
Und weiÃt du, warum? Weil ich von deinem Auftritt bei der Polizei gehört habe.
Das warst du doch, oder? Klar warst du das. Steckst mit diesem Professor unter
einer Decke, der im Abschiedsbrief erwähnt wird. Also kennst du dich gut mit Verbrechen
aus. Deswegen schaust du dir das jetzt mit mir an.«
»Wo gehtʼs denn hin?«
»Wirst du schon sehen.«
»Sollen wir meinen Alfons nehmen?«
Diana blickte ihn verständnislos an.
»Mein Auto. Es heiÃt Alfons. Der Viertelvorzwölfte.«
Sie schüttelte den Kopf, griff sich ihre Jacke und trat schnell aus
dem Laden, an Great St Maryʼs vorbei â um dann vor dem Teegeschäft ihres Vaters
stehen zu bleiben.
Ihre Hände zitterten, als sie aufschloss. Sie ging in den Raum mit
dem Tresor, Pit folgte ihr.
Der Tresor stand offen. Er war aufgebrochen, das Metall verzogen.
Und innen: gähnende Leere.
»So hab ich ihn heute Morgen vorgefunden. Die Polizei war schon
hier.« Diana holte einen kleinen durchsichtigen Plastikbeutel aus ihrer
Jackentasche, in dem sich ein paar braune Krümel befanden. »Das hab ich vor dem
Tresor gefunden. Riecht wie Tee, genauer kann ich es aber auch nicht sagen.
Nimm
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