Der letzte Aufstand
verliess sein Zimmer, das im unteren Stock, unter den Unterkünften für die Kunden lag. Er warf kurz einen Blick in Leas Zimmer, das aber leer war. Dann ging er den Flur entlang und die Treppe hoch. Er ging an den Zimmern der Kunden vorbei. Alles war still. Eigentlich unauffällig, trotzdem war etwas anders. Vor Theos Zimmer hielt er kurz an und schaute durch das Fensterchen ins Zimmer. Theo lag auf dem Bett und schien zu schlafen. Auf dem Nachttisch lagen zwei Plastikverschalungen eines Medikaments. Lea hatte ihm ein Schlafmittel gegeben, folgerte er.
Er versuchte es noch einmal. „Lea, wo bist du?“
Dann horchte er in die Stille. Keine Reaktion.
„Das kann doch nicht sein ... sind die denn alle ausgewandert?“, sagte er. Diesmal war die Message für Guillaume, und dieser antwortete auch sofort. Mit dem Begleiter war also alles in Ordnung.
„Vielleicht sind sie auf der Rampe draussen?“
„Genau da geh ich jetzt hin.“ Kahil bemerkte, wie er sich schneller zu bewegen begann. Wenn Lea vier Mal nacheinander keine Antwort gab, war etwas faul. Die Situation von vorher, als plötzlich aus dem Nichts die fremden Männer aufgetaucht waren und Lea mit ihrer Waffe bedroht hatten, sass ihm noch im Nacken. Auch wenn schlussendlich nichts passiert war. Der Schrecken blieb und diese kleine seelische Wunde interpretierte jetzt die fehlende Antwort Leas als etwas Gefährliches. Als etwas, das nicht stimmte.
Die Rampe war leer. Der weisse Peugeot stand auf der für ihn reservierten Fläche.
„Niemand auf der Rampe, aber der Peugeot ist wieder hier, also muss auch Yeva irgendwo hier sein.“
„Hallo, hört ihr uns? Yeva? Lea?“
„Ich geh mal in die Küche.“, sagte Kahil. Er begann zu rennen. Im Empfangsareal drehte er nach links und rannte den Flur, der in die Küche führte, hinab. Er sah schon von weitem, dass die Tür zur Küche zu war. Das war sehr eigenartig, weil die Tür eigentlich an der Wand arretiert war und man sie bewusst aus der Verankerung lösen musste, wenn man sie schliessen wollte. Von alleine fiel sie nicht zu.
„Hier stimmt was nicht, Guillaume. Die Küchentür ist zu.“
Bei der Tür angekommen, legte Kahil sein Ohr an die Tür, doch sie war zu dick und schallisoliert, als dass er etwas gehört hätte. Er kniete sich nieder und spähte durch das Schlüsselloch. In dem Moment spürte er, wie eine Last von ihm fiel. Er sah die Silhouette von Lea, die neben Palms stand. Kahil atmete auf.
„Alles in Ordnung, Guillaume. Sie sind in der Küche, haben wahrscheinlich einfach den Begleiter ausgeschaltet, weil sie alle zusammen sind.“, sagte Kahil, während er sich wieder in die Aufrechte hoch stemmte.
„Okay. Mach mir doch schon mal einen Kaffee, wenn du magst; den brauche ich jetzt. Bin in fünf Minuten bei euch.“
„Kein Problem. Bis gleich!“, antwortete Kahil. Dann knipste er den Begleiter aus und zog ihn vom Ohr ab. Er steckte das Gerät in die Hosentasche. Danach öffnete er die Tür. Er trat in die Küche. Am Tisch sassen Henk und seine beiden Leibgardisten. Palms stand mit Helena und Lea vor dem Kochherd. Doch in der fernen Ecke der Küche stand ein Mann, den Kahil nicht kannte. Obwohl Kahil eindeutig nicht zu übersehen war, blickte niemand ihn an. Im Gegenteil, sie schienen ihn alle zu ignorieren. Was ist hier los?, dachte Kahil. Als der Mann in der Ecke ihn jedoch sah, schrie dieser plötzlich auf wie ein Wahnsinniger.
„Packt den Mann dort!“ Seine Stimme überschlug sich, was dem Ganze eine hysterische Note verlieh.
Kahils Verstand versuchte zu erfassen, was hier vor sich ging. Aber einen Bruchteil einer Sekunde später rannten alle im Raum auf ihn zu. Verbissen. Henk stiess einen Stuhl um, um schneller an ihn heran zu kommen, und Lea fixierte ihn, als sei er ihr Erzfeind. Yeva war als Erste bei ihm. Sie packte ihn an seinem Baumwollhemd.
„Was ist los?“, bellte Kahil. „Was soll das?“
Jetzt war auch Henk bei ihm. Dieser grabschte ihn grob am Handgelenk.
„Bringt ihn zu mir!“, rief der Mann aus der Ecke. Er hantierte an einem Gerät herum. Kahil blickte hin und her, von Yeva zu dem Mann und wieder zurück. Was spielte sich hier ab? Yeva und Henk eskortierten ihn wie einen Gefangenen zu dem Mann, quer durch die Küche, zogen an ihm wie an einem störrischen Esel.
„Lea, was ist hier los?“, fragte Kahil. Sie war hinter ihm. Aber Lea beachtete ihn nicht. Im Gegenteil, sie würdigte ihn keines Blickes. Kahil versuchte sich los zu schütteln, aber weder Yeva
Weitere Kostenlose Bücher