Der letzte Drachenlord - Hatfield, M: Der letzte Drachenlord
umgab seine Lippen. Und obwohl sich der Stil seiner Kleidung über die Jahrhunderte ein wenig gewandelt hatte, trug er noch immer ausschließlich Schwarz. Vielleicht hatte Alexia die Liebe zu dieser Farbe von ihm übernommen, dachte sie und lächelte vor sich hin. Doch das Lächeln verschwand sofort wieder, als ihr die möglichen Konsequenzen der Situation, in der sie sich befand, erneut zu Bewusstsein kamen.
Yuri seinerseits schien keinerlei solche Last mit sich herumschleppen zu müssen. Wie immer bewegte er sich voller Anmut und Selbstvertrauen, ohne sich anmerken zu lassen, was in ihm vorging. Er ergriff ihre Hand; seine fühlte sich warm und fest und echt an. Er lächelte, drückte ihre Hand ermutigend, obwohl er nichts Ermutigendes zu sagen hatte. „Im Augenblick lebt der Drache noch. Aber du kennst ja Lotharus. Dieses Mal wird es nicht anders sein als beim letzten Mal. Das ist nur eine Frage der Zeit.“
Catija nickte und beobachtete die sich drehende Schallplatte. Bilder vom letzten Mal tauchten auf, als sich Drachen in ihrem Kerker befanden. Sie erschauerte, ihr Magen verkrampfte sich. Mit verschränkten Armen, wie um sich selbst festzuhalten, stand sie auf und setzte sich auf das Bett.
„Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalten kann, Yuri.“
Sein mitfühlendes Seufzen erfüllte die Stille. Die Matratze sank unter Yuris Gewicht ein, als er sich neben ihr niederließ. „Die Zeiten sind für uns alle finster, meine liebe Schwester. Aber du musst jetzt stark sein. Dies alles wird bald vorbei sein.“
Zwar verstand sie, was er sagte, und wollte es sich auch zu Herzen nehmen; trotzdem zitterte sie vor Abscheu und Hilflosigkeit. „Bei der Großen Göttin, ich bin die Königin dieser Horde. Ich müsste in der Lage sein, Lotharus mit nicht mehr als einer Handbewegung auszulöschen. Trotzdem spielen wir ständig dieses Katz-und-Maus-Spiel, und manchmal habe ich dasGefühl, ich würde dabei verlieren.“
Yuri nahm sie in die Arme und drückte sie begütigend an seine Brust, so wie er das getan hatte, als sie noch jung waren. Catija ließ sich in seine Arme sinken. Seine Finger strichen sanft über ihr Haar. Diese Geste der Zärtlichkeit beruhigte ihre Nerven, obwohl ihr Herz weiter panisch hämmerte.
„Yuri, er darf diesen Kristall nicht zuerst finden. Alexia muss ihn in ihren Besitz bringen. Ich dränge sie ständig, ich versuche dauernd, ihr deutlich zu machen, wie wichtig es ist, dass sie ihre Finger auf diesen Stein legt, aber es fruchtet alles nichts. Ich habe sowieso das Ende meiner Amtszeit erreicht, um mich selbst mache ich mir keine Sorgen mehr, mir ist egal, was sie mit mir anstellen werden. Aber ich kann nicht zulassen, dass sie meine Tochter töten.“
„Und ich kann nicht zulassen, dass sie dich töten“, sagte er und drückte einen Kuss auf ihr Haar.
Am liebsten hätte sie ihm erzählt, wie willkommen sie den Tod heißen würde, aber das würde gar nichts bringen, außer ihren Bruder zu verletzen, und sie hatte ihn schon genug verletzt. Stattdessen starrte sie vor sich hin und versuchte sich auf ihren nächsten Schachzug zu konzentrieren. Doch der dichte Nebel, der ihren Verstand umwölkte, blockierte jeden Gedanken. Sie versuchte sich Lotharus’ nächsten Schritt vorzustellen, aber die Furcht um ihre Tochter überschattete alles. Und trotzdem spürte sie auch grenzenlosen Stolz.
„Zumindest lässt Alexia sich nichts von ihm vormachen“, meinte sie, gedankenverloren den Stoff von Yuris Kragen zwischen den Fingern reibend.
„Sie ist sehr intelligent“, erwiderte er lächelnd. „Genau wie ihre Mutter.“
„Nein“, widersprach Catija. „Sie ist viel schlauer als ich. Alexia hat sich nicht ein einziges Mal von ihm übers Ohr hauen lassen. Sie hat seinen Lügen nie geglaubt.“ Voller Abscheu über ihre eigene Dummheit und Schwäche schüttelte sie den Kopf.
Zugegebenermaßen war Catija in ihrer Jugend rücksichtslosund brutal gewesen, angetrieben von ihrer verruchten Familie und einer ganzen Reihe pervertierter Liebhaber. Damals war sie von ihrer eigenen Macht so betrunken gewesen, dass sie ihre Fehler nicht sehen konnte. Statt einen soliden Grundstein für jene zu legen, die ihr folgen würden, genoss sie in ihren frühen Tagen als Herrscherin ihre eigenen Sünden und stellte ihre Grausamkeit zur Schau wie ein radschlagender Pfau. Völlig unwürdige Männer hatte sie in Machtpositionen gebracht. Damals war sie der Überzeugung gewesen, diese Typen könnten unter ihrer
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