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Der letzte Liebesdienst

Der letzte Liebesdienst

Titel: Der letzte Liebesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Beck
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Der Blick der Anwältin schweifte kurz zwischen den Akten und der Unterschriftenmappe hin und her. Dann griff sie nach der Mappe und legte sie aufgeschlagen oben auf den Stapel. Schnell überflog sie die Schriftsätze, unterschrieb sie und gab Lara die Mappe zurück. »Keine Fehler«, bemerkte sie in neutralem Ton. »Sehr gut.«
    Lara wusste mittlerweile, dass solche Bemerkungen ihrer Chefin ein großes Lob waren. »Danke«, sagte sie deshalb. »Ich hatte Ihnen ja versprochen, dass das nicht wieder vorkommt.«
    »Es ist heutzutage so selten, dass Menschen ihre Versprechen halten«, erwiderte Elisabeth Stanitz, ohne Lara anzusehen. »Ich bin froh, dass ich Sie habe.«
    Lara hob erstaunt die Augenbrauen. Hatte sie richtig gehört? Das war ja sozusagen ein Lob multipliziert mit hundert. »Ähm, ja«, erwiderte sie leicht verwirrt. »Haben Sie weitere Aufträge? Sonst mache ich da weiter, wo ich am Freitag aufgehört habe.«
    »Tun Sie das.« Es war fast nur gemurmelt, denn die Anwältin war schon wieder in ihren Akten versunken.
    Lara ging nachdenklich nach vorn. So etwas. Und das an einem grauen Montagmorgen. Das musste sie rot im Kalender anstreichen. Ich bin froh, dass ich Sie habe. Unglaublich.
    Eine Weile später klingelte das Telefon. Lara meldete sich wie üblich freundlich mit dem Namen der Kanzlei und ihrem eigenen Namen. Als Antwort erhielt sie jedoch nur ein barsches: »Geben Sie mir Elli!« von einer schrillen Stimme, die sie an irgendetwas erinnerte.
    »Elli?« Lara runzelte irritiert die Stirn. »Ich glaube nicht –«
    »Stanitz!«, fuhr die Stimme sie an. »Elisabeth Stanitz.«
    »Darf ich um Ihren Namen bitten?«, fragte Lara weiterhin höflich. Es war ihre Aufgabe, sich von Anrufern nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. »Und in welcher Angelegenheit?«
    »Das geht Sie nichts an!«, fauchte die Frau. »Geben Sie sie mir nur!«
    »Das kann ich leider nicht tun«, entgegnete Lara ruhig. »Ich muss wissen, wer Sie sind und um was es sich handelt. Sonst ist Frau Stanitz nicht zu sprechen.«
    »So, sie ist nicht zu sprechen?« Es klang, als ob die Frau die Zähne zusammenbiss, und ihre Stimme wurde noch schriller. »Hat sie Ihnen das gesagt? Dass sie für mich nicht zu sprechen ist?«
    Lara wunderte sich immer mehr. »Das konnte sie mir nicht sagen, denn ich weiß ja gar nicht, wer Sie sind«, erwiderte sie. »Sie haben mir Ihren Namen nicht mitgeteilt.«
    »Deborah«, knirschte es durch die Leitung. »Und jetzt stellen Sie mich durch! Aber schnell!«
    Lara hob die Augenbrauen, aber sie betätigte einen Knopf auf ihrer Telefonanlage. Als Frau Stanitz abnahm, sagte Lara: »Da ist eine Deborah für Sie. Sie hat mir weder ihren Nachnamen gesagt noch die Angelegenheit, in der sie Sie sprechen will. Soll ich sie durchstellen?«
    Eine Sekunde war es still, dann sagte Frau Stanitz: »Nein. Ich habe keine Zeit. Ich will nicht gestört werden« und unterbrach die Verbindung.
    Lara schüttelte den Kopf. Was war denn heute los? Irgendetwas stimmte da nicht. Sie stellte die Verbindung zu der Anruferin wieder her. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Frau Stanitz ist beschäftigt. Soll ich eine Nachricht aufnehmen? Oder möchten Sie einen Termin vereinbaren?«
    »Termin?« Selbst durchs Telefon war zu hören, dass am anderen Ende gleich eine Explosion stattfinden würde. »Ich brauche keinen Termin! Ich will sie sprechen! Jetzt! Sofort!«
    »Das geht leider nicht. Sie darf nicht gestört werden. Wenn Sie mir Ihre Nummer hinterlassen –«
    »Die hat sie!« Die Verbindung wurde abrupt unterbrochen.
    Lara legte mit einem verblüfften Gesichtsausdruck auf. Sie hatte ja schon Mandanten erlebt, die nicht ganz zufrieden mit dem Ausgang eines Falles waren, und oft ließen sie ihren ersten Unmut an Lara aus, aber so wie diese Frau . . . diese Deborah . . . Sie schüttelte erneut den Kopf. Sie war noch nicht einmal eine Mandantin. Und mit diesem Verhalten würde sie das auch nie werden.
    Aber das war wohl auch nicht ihre Absicht. Elli. Sie nannte Elisabeth Stanitz Elli. Das war eindeutig etwas Privates. Eine Schwester vielleicht, die wütend war, dass ihre Anwältin-Schwester den Fall nicht übernehmen wollte? Frau Stanitz lehnte beispielsweise ›Maschendrahtzaun‹-Fälle prinzipiell ab. Sie empfahl den Mandanten immer, sich privat zu einigen, denn sie hielt solche Klagen für reine Zeitverschwendung, sowohl der Gerichte als auch ihrer eigenen.
    Lara lachte leicht. Das war vielleicht ein ungewöhnlicher Montagmorgen. Sie

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