Der letzte Liebesdienst
Lächeln – alles Staffage. Nichts davon war echt. Wie bei all den anderen Frauen, die Elisabeth gekannt hatte. Es war immer dasselbe.
Sie wählte noch einmal Laras Nummer.
Der Teilnehmer ist nicht erreichbar, klang es blechern aus dem Hörer. Lara hatte ihr Telefon wohl abgestellt.
Warum wohl?
Weil sie im Bett ungestört sein wollte mit dieser . . . dieser Fiona. Sie hatte sich bestimmt längst wieder erholt. Wer wusste, ob Lara in den letzten Tagen überhaupt im Krankenhaus gewesen war? Vielleicht hatten sie sich da schon in ihrem eigenen kleinen Liebesnest getroffen.
Bei sich zu Hause würde Lara das nicht wagen, und ein Hotel . . . Elisabeth bezweifelte es. Lara war nicht der Typ für Hotels.
Dann wahrscheinlich bei dieser Frau zu Hause. Wenn die nicht auch jemand hatte, die sich einbildete, die einzige zu sein.
Elisabeth wusste, es war keine gute Idee, aber sie spielte mit dem Gedanken, zu dieser Fiona zu fahren. Die Adresse kannte sie ja aus den Versicherungsunterlagen. Was würden die beiden wohl sagen, wenn sie plötzlich vor der Tür stand?
Sie schüttelte den Kopf. Es war hoffnungslos. Aussichtslos. Man konnte die Liebe einer Frau nicht mit Gewalt erzwingen. Sie wusste, dass Lara sie nur heiraten würde, um Fiona zu schützen. Was für eine Ehe sollte das werden?
Sie sehnte sich nach Lara. Nach ihrer Wärme, nach ihrer Nähe, nach ihrem Körper und genauso nach den Gesprächen, nach ihrem Lachen, nach ihrer alles verklärenden Zärtlichkeit.
Die Welt würde kalt sein, wenn sie Lara verlor. Elisabeth würde wieder genau da sein, wo sie vorher gewesen war. Aber sie würde sich viel schlimmer fühlen. Denn sie hatte einmal erlebt, dass es anders sein konnte.
Sie fürchtete sich vor dem Augenblick. Sie wusste, dass es viele Leute gab, die sich gar nicht vorstellen konnten, dass die kühle, offenbar immer überlegene Elisabeth Stanitz Furcht empfinden konnte, aber sie konnte.
Sie wollte Lara festhalten, wenn es sein musste, mit Gewalt, um diesen Augenblick zu vermeiden, um das nie erleben zu müssen, aber sie wusste, dass es sinnlos war.
Sie stellte sich vor, wie es wäre, mit Lara zu schlafen. Mit einer empfindungslosen, unbeteiligten Lara, die nur alles über sich ergehen ließ. Die ihr Wort hielt. Die ihre Pflicht erfüllte. Die immer tun würde, was Elisabeth von ihr verlangte, solange sie Fiona damit beschützen konnte.
Aber niemals würde sie es tun, weil ihr etwas an Elisabeth lag. Weil Elisabeth diejenige war, um die es Lara ging.
Elisabeth stöhnte auf. Es wäre die Hölle.
27
A ls Lara am Montag zur Arbeit kam, war Elisabeth schon da. Lara ging nicht hinein, um Guten Morgen zu sagen, das tat sie schon seit einiger Zeit nicht mehr. Sie hängte einfach ihren Mantel auf und setzte sich an ihren Schreibtisch.
Die Gegensprechanlage piepte. Lara hob die Augenbrauen. Wenn sie allein waren, benutzte Elisabeth die normalerweise nicht, dann rief sie einfach nur oder kam selbst.
Lara drückte auf den Knopf. »Ja?«
»Bringst du mir mal die Akte Morgner?«, sagte Elisabeth. »Sofort, bitte.«
»Ja.« Lara runzelte die Stirn. War die Morgnersache nicht erledigt? Aber vielleicht hatte sich etwas Neues ergeben. Sie suchte die Akte heraus und ging in Elisabeths Büro. »Hier«, sagte sie und legte die Akte auf den Tisch.
»Danke.« Elisabeth sah nicht auf, griff nur nach der Akte, begann darin zu blättern. »Wo warst du?«, fragte sie so nebenbei, als ob es gar keine Bedeutung hätte, ohne Lara anzusehen. »Ich habe mehrmals am Wochenende versucht dich zu erreichen. Ich war sogar einmal bei dir zu Hause, da sagte mir deine Nachbarin, sie würde die Tiere versorgen, du wärst nicht da.«
Lara überlegte, was sie antworten sollte. »Ja, das stimmt«, sagte sie nach einer langen Pause. »Ich war nicht da.«
Elisabeth gab es auf, so zu tun, als würde sie die Akte lesen. »Wo warst du?«, wiederholte sie, und diesmal schaute sie zu Lara auf.
Lara zögerte.
»Du warst bei ihr, nicht wahr?« Elisabeth stand auf, ging ein paar Schritte, drehte sich dann um und verschränkte die Arme vor der Brust, als würde sie eine Festung bauen. »Du warst bei ihr. Lüg mich nicht an.«
Fast automatisch wanderte Laras Blick auf den Teppich vor Elisabeths Füßen.
»Nein.« Elisabeth hob eine Hand. »Das wird nie wieder passieren. Du hast mein Wort.«
Lara holte tief Luft. »Ja, ich war bei Fiona«, sagte sie. »Das ganze Wochenende.«
»Dein Eheversprechen bedeutet dir nichts?«
Was für eine
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