Der letzte Liebesdienst
Himmel geholt, aber so etwas zu sagen wäre ihr viel zu romantisch erschienen, deshalb hatte Lara es nie erfahren.
Sie hatten sich ja auch so gut verstanden. Es war, als würde sich endlich eine Lücke in Elisabeths Leben füllen, die viele Wunden hinterlassen hatte, als würde etwas heilen, bei dem sie die Hoffnung auf Heilung längst hatte aufgeben wollen. Oder müssen.
Mit Lara war alles so einfach. Sie kannten sich seit Jahren, sie arbeiteten zusammen, sie hatten viele gemeinsame Erinnerungen, wenn auch nur beruflicher Art. Und Lara war offenbar ebenso ernsthaft, wie Elisabeth es war. Sie lachten zusammen, ja, aber es war nie wie mit anderen Frauen, die über Dinge kicherten, die Elisabeth nicht verstand oder nicht nachvollziehen konnte. Sie genossen das körperliche Beisammensein, es war wie eine eigene kleine Welt, in die Elisabeth sich flüchtete, die nie etwas für Flucht übriggehabt hatte, die immer gekämpft hatte, keiner Konfrontation ausgewichen war, wenn sie irgendeinen Sinn dahinter erkennen konnte oder die Aussicht auf einen Sieg.
Sie dachte, sie hätte ihr Paradies gefunden, und obwohl sie nie angenommen hätte, dass sie das einmal tun würde, hatte sie Lara einen Antrag gemacht. Doch da waren die ersten Risse in der Glasglocke des Paradieses entstanden.
Lara hatte nicht begeistert zugestimmt, noch nicht einmal geschmeichelt oder schamhaft gelächelt, sie hatte sich Bedenkzeit ausgebeten. Niemand hätte Elisabeth ihre Enttäuschung ansehen können, aber Lara hatte sie gespürt, das wusste sie.
Und nur aus Mitleid – Mitleid! – hatte Lara ihren Antrag nicht sofort abgelehnt, so kam es ihr vor. Sie wollte Elisabeth nicht verletzen, wartete auf den richtigen Augenblick, ihr endgültig den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Vielleicht hatte Lara nach einer Möglichkeit gesucht, ihr die Ablehnung auf irgendeine Art zu versüßen, und sie deshalb immer wieder hinausgeschoben.
Elisabeth hatte nichts dazu gesagt, hatte weitergemacht wie bisher, hatte versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Das war ihre übliche Strategie, und sie beherrschte sie gut.
Aber innerlich brodelte es in ihr. Von Tag zu Tag mehr. Jedes Mal, wenn sie mit Lara schlief, hatte sie das Gefühl gehabt, sie wären nicht allein, da wäre noch jemand anderer. Laras tote Frau, hatte sie gedacht. Lara konnte sie eben nicht vergessen. Sie, Elisabeth, musste sich etwas überlegen, Laras Leben noch schöner machen. Und das hatte sie versucht. Sie waren ausgegangen. Zum Beispiel ins Theater.
Eine vorprogrammierte Katastrophe.
Es war nicht Laras tote Frau, an die sie beim Sex mit Elisabeth gedacht hatte, es war eine lebende.
Lara verhielt sich so geheimnistuerisch, wie sie es nie getan hätte, wenn da nichts gewesen wäre, dachte Elisabeth. Wenn das wirklich nur eine harmlose Freundin war, hätte sie sie Elisabeth ja vorstellen können. Das hatte sie aber nicht getan. Im Gegenteil. Nach der Begegnung mit dieser Frau hatte Lara so getan, als ob sie gar nichts mit ihr zu tun haben wollte.
Elisabeth kannte dieses Verhalten in- und auswendig. Von Zeugen vor Gericht, von Angeklagten. Lara war zwar nicht angeklagt, aber sie hatte eindeutig etwas zu verbergen. Etwas, das sie Elisabeth auf keinen Fall enthüllen wollte. Und es hatte mit dieser Frau zu tun.
Elisabeth hatte sich vorgenommen, darüber hinwegzugehen, wie sie über alles hinwegging in letzter Zeit. Aus den Augen, aus dem Sinn. Im Stillen hatte sie die Hoffnung gehabt.
Aber offenbar hatte Laras Freundin, Laras Liebhaberin, wie Elisabeth überzeugt war, andere Pläne. Sie hatte einen Unfall inszeniert. Und sie kannte Lara gut genug, um zu wissen, dass sie sich um sie kümmern würde, wenn sie verletzt war, wenn sie sogar ins Krankenhaus kam. Deshalb hatte sie wohl auch so unverhältnismäßig beschleunigt. Sie wollte nicht nur Elisabeths Wagen beschädigen, sie wollte Laras Aufmerksamkeit erregen. Sie wollte Lara.
Und das hatte ja auch funktioniert. Lara hatte alle Zeit, die sie erübrigen konnte, im Krankenhaus verbracht. Zeit, die sie auch mit Elisabeth hätte verbringen können, aber das war ihr offensichtlich nicht mehr wichtig. Nichts war mehr wichtig als diese Frau, diese Fiona.
Und da wollte Lara ihr erzählen, es wäre nichts zwischen ihnen? Es wäre niemals etwas gewesen? Nie hätte sie Lara so eine plumpe Lüge zugetraut. Und seit Elisabeth Lara für eine Lügnerin hielt, sah sie sie mit ganz anderen Augen. Das süße, weiche Gesicht, das zärtliche
Weitere Kostenlose Bücher