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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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schwächer als das erste, folgte auf einen lauten, unheimlichen Sturz in das Wasser, und alles war wieder still, als ob die Ufer dieses düsteren Teiches seit der Schöpfung nie in ihrer Ruhe gestört worden wären. Während sie noch in Ungewissheit waren, sahen sie die Gestalt des Indianers aus dem Dickichte gleiten. Als der Häuptling wieder zu ihnen herankam, befestigte er den noch rauchenden Skalp des unglücklichen jungen Franzosen an seinem Gürtel und steckte auf der anderen Seite das Messer und den Tomahawk, mit seinem Blut gefärbt, an ihre Stelle. Chingachgook nahm seinen gewöhnlichen Platz mit der Miene eines Mannes wieder ein, der ein verdienstliches Werk verrichtet zu haben glaubte. Der Kundschafter ließ das eine Ende seiner Büchse auf die Erde sinken, und mit den Händen auf das andere gestützt, stand er eine Weile in tiefem Nachdenken. Dann schüttelte er traurig den Kopf und murmelte vor sich hin: »Von einer Weißhaut wär’ das eine grausame, unmenschliche Handlung gewesen; aber für den Indianer lag sie in der Natur: Das lässt sich, glaube ich, nicht wohl leugnen. Lieber wollt’ ich, es wär’ einem verfluchten Mingo begegnet als dem lustigen Jungen aus den alten Landen!«
    »Genug«, sprach Heyward, besorgt, die arglosen Schwestern möchten diesen Grund des Aufenthaltes erraten, während er seinen Abscheu durch ähnliche Betrachtungen wie der Jäger niederkämpfte; »es ist einmal geschehen und lässt sich nicht mehr ändern, obgleich es besser unterblieben wäre. Wir sind, wie Ihr sehet, offenbar in die Vorpostenlinie der Feinde geraten. Welchen Weg gedenkt Ihr nun einzuschlagen?«
    »Ja«, versetzte Falkenauge, sich wieder erhebend, »ja, so ist es, wir dürfen es uns nicht verhehlen. Die Franzosen haben das Fort wirklich in allem Ernste eingeschlossen, und eine kitzlige Sache ist es, da durchzukommen.«
    »Und nur wenig Zeit bleibt uns dazu!«, fügte Heyward bei, indem er seine Augen auf die Dunstmasse heftete, die den niedergehenden Mond verbarg.
    »Und nur wenig Zeit dazu!«, wiederholte der Kundschafter. »Die Sache lässt sich mit Hilfe der Vorsehung auf zweierlei Weise angehen, einen dritten Ausweg weiß ich nicht.«
    »Nennt sie schnell! Die Zeit drängt.«
    »Die eine wäre, wir ließen die Frauenzimmer absteigen, ihre Tiere auf der Ebene weiden, schickten die Mohikaner voraus, brächen eine Bahn durch die Schildwachen und zögen über deren Leichen in das Fort ein.«
    »Das geht nicht – das geht nicht!«, unterbrach der edelmütige Heyward; »ein Soldat könnte sich vielleicht so durchschlagen, aber nicht in solcher Begleitung.«
    »Es wäre allerdings ein blutiger Pfad, auf dem die zarten Füße gehen müssten«, erwiderte mit ähnlichem Widerstreben der Kundschafter; »aber ich glaubte, ihn als Mann nennen zu sollen. Im anderen Falle müssen wir wieder zurück und fast aus dem Bereiche ihrer Spähsitze. Wir wenden uns nach Westen und gehen auf die Berge, wo ich euch monatelang so verbergen will, dass alle Teufelshunde in Montcalms Sold die Fährte dazu nicht finden sollen.«
    »Tun wir das und zwar augenblicklich!«
    Weitere Worte waren nicht vonnöten: Denn Falkenauge kehrte mit dem einzigen Rufe: »Mir nach!«, auf demselben Wege zurück, auf dem sie in diese missliche und selbst gefährliche Lage geraten waren. Stillschweigend und vorsichtig gingen sie vorwärts, ohne das geringste Geräusch: Denn mit jedem Augenblicke mussten sie befürchten, einer Rundwache oder einem Pikett von Feinden zu begegnen. Während sie still an dem Rande des Teiches vorübergingen, warfen Heyward und der Kundschafter verstohlene Blicke in das unheimliche Dunkel. Vergeblich suchten sie die Gestalt, die soeben noch an seinen stillen Ufern einhergewandelt war, während ein leises und regelmäßiges Anschlagen der kleinen Wellen zeigte, dass die Wasser sich noch nicht wieder beruhigt hatten: Ein schreckhaftes Zeugnis für die blutige Tat, die so kurz zuvor in ihrem Bereiche verübt worden war. Gleich der ganzen flüchtigen und düsteren Szene schwand auch das niedrige Wasserbecken schnell in die Finsternis dahin und vermischte sich mit der Masse schwarzer Gegenstände im Rücken der Reisenden.
    Falkenauge wich bald von der Richtung, der sie bisher auf ihrem Rückwege gefolgt waren, ab, sich aufwärts gegen die Berge wendend, welche die westliche Grenze der engen Ebene bildeten, und führte mit schnellen Schritten seine Begleiter tief in die Schatten, die von den hohen und steilen Gipfeln der

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