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Der letzte Schattenschnitzer

Der letzte Schattenschnitzer

Titel: Der letzte Schattenschnitzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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Wächter korrigierte ihn, denn die Siegel wurden allesamt von Bannsprüchen verhüllt. Um sie zu finden, musste man genau wissen, wo man nach ihnen zu suchen hatte. Der Rat hatte Sorge dafür getragen, dass sie nicht von jedem dahergelaufenen Scharlatan entdeckt werden konnten. Wie alle anderen auch wäre dieses Siegel unweit eines Zugangs zum Limbus gepflanzt worden.
    Jonas konzentrierte sich, und nach einer Weile spürte er das Tor ebenso wie den Strom der Seelen, die in seine Richtung strebten. Während der Junge noch den Kreislauf der Schatten bestaunte, versank Skugga im Inneren seines Wagens in Meditation und löste seinen Schatten von sich ab.
    Kurz darauf spürte Jonas im Inneren des Wächters die Ankunft eines weiteren mächtigen Schattens auf dem Friedhof. Und dieser war gekommen, das zweite Siegel zu brechen …
    Der fremde Schatten floss über die Mauer, ergoss sich ins Innere des Friedhofes und suchte die Reihen ab. Auch die Anwesenheit des Wächters, der mit seinem jungen Begleiter über den Kreuzen lauerte, entging ihm nicht. Doch der Eindringling ließ sich von seiner Anwesenheit nicht beirren. Langsam bewegte er sich von einem Stein zum anderen und glitt auf der Suche nach dem Grab des Alchemisten durch das Dunkel, über Moos, Farn und Marmor.
    Nur wenige wussten, dass sein schwarzes Grabmal keineswegs aus Marmor bestand. Der Rat hatte es zum vermeintlichen Gedenken an George Ripley aufstellen lassen. Aber der Stein war weniger dafür gedacht, die Welt an den bedeutendsten aller Schattenschnitzer zu erinnern, sondern vielmehr, sie vor seinem letzten Plan zu bewahren. Der vermeintliche Stein war das zweite der fünf Siegel zum Limbus. Er bestand aus geronnenem Schatten, auf dem kleine goldene Lettern aufgebracht waren, und auf jeden Außenstehenden wirkte er wie ein gewöhnlicher Grabstein. Doch die Schatten, die ihn berührten, erschauerten tief …
    Nun hatte der Eindringling den Stein gefunden. Er gab seinem Dunkel Form und rammte, kaum dass er Gestalt angenommen hatte, seine Faust tief in den Schatten. Jonas und der Wächter sahen ihm zu und fragten sich dabei insgeheim, wo Skugga blieb. Ob er es aufgegeben hatte, das Siegel zu schützen? Oder wollte sein Schatten den Fremden aus dem Hinterhalt angreifen? Wollte er womöglich die Toten aus ihren Gräbern reißen, um den Fremden aufzuhalten? In den Schatten lag eine Unzahl an Möglichkeiten. Doch nichts von alldem geschah. Stattdessen spürten Jonas und der Wächter, wie einen Augenblick später das Schwarz des Grabsteins gefror, von dünnen Rissen überzogen wurde und schließlich zerplatzte. Und sie machten sich bereit für den Ruck, der durch die Schatten gehen würde. Doch er blieb aus. An seiner statt klang Skuggas helles, meckerndes Lachen durch die Schatten, die über dem Old Fulham lagen.
    »Ups. Es scheint beinahe, als wäre das der falsche Stein gewesen … Wie das wohl kommt? Wer da wohl seine Schattenfinger im Spiel hatte?« Sein Lachen hallte durch das Dunkel, und Jonas verstand. Skugga hatte einen anderen Weg gewählt, sein Siegel zu schützen. Er wusste, dass er chancenlos war, wenn er sich dem Angreifer stellte. Er herrschte über Dämonen, Drachen und Fabeltiere, hätte sich aber in einem magischen Zweikampf keine Minute gehalten. Und darum hatte er falsche Siegel über den Friedhof verteilt. Es würde den Fremden Kraft kosten, all diese Schatten einzufrieren und zu zerbrechen. Zwölf falsche Steine hatte Skugga geschaffen. Seine Chancen standen gut, dass dem Eindringling die Kraft schwand, bevor er den richtigen entdeckte. Und dann würde der Schattenspieler die Chance bekommen, sich für das nächste Mal einen neuen Plan einfallen zu lassen. Dies war fürwahr ein Spiel ganz nach seinem Geschmack …
    »Na, mein kleiner, wilder Freund, an welchem Stein willst du dich nun versuchen, tob dich aus, es sind genügend da ….« Während Skugga weiterlachte, war die Wut des Eindringlings bis in die entferntesten Schatten des Friedhofs zu spüren. Er wurde schneller, floss hastig über den Friedhof, umfuhr die Steine, bis er begriff, was der Schattenspieler plante.
    Und dann, von einem Moment auf den anderen, war der Eindringling verschwunden.
    Verwundert suchte der Wächter seine Spur in der Dunkelheit, spürte ihm nach. Er verfolgte ihn bis über die Mauer, hinaus auf den Platz und in Richtung des grauen Transporters mit der verwaschenen Schrift auf der Seite. Er wusste, was jetzt geschehen würde. Der Eindringling würde seine zweite

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