Der letzte Single fangt den Mann
Ballerinas zu einer uralten Jeans, ein ärmelloses Top und einen Blazer. Sie sieht nicht schlecht aus, nur so, als hätte sie sich überhaupt keine Mühe mit ihrem Styling gegeben. Sehr untypisch für sie.
» Weil ich mir die Füße nicht versauen möchte, weil ich den ganzen Abend in verdammten High Heels herumrenne?«, entgegnet sie.
» Du sagst immer, flache Schuhe an einem Freitagabend seien ein Anzeichen für eine Depression«, wende ich ein.
Plum zögert ein paar Sekunden mit der Antwort.
» Du siehst übrigens gut aus.«
Sie sagt es ohne große Begeisterung, aber ich werde trotzdem rot vor Freude. Ich trage ein sehr adrettes weißes Hemd zu engen Jeans, dazu meinen weiten weißen Mantel und meine grünen Lieblingspumps. Ich habe mich wieder an Plums Motto » Hübsch mit einem schrägen Touch« gehalten, aber es ist schön, Bestätigung zu bekommen.
» Ich kann nicht glauben, dass ihr mich überredet habt«, seufzt Henry. » Die Rugby-Jungs dürfen das nie erfahren, okay? Niemals.«
» Sollen wir uns heute Abend Pseudonyme zulegen?«, schlägt Charlotte vor. » Das könnte die Nerven beruhigen. Ich bin Cherry. Cherry Buns.«
» Und ich bin dein Bruder«, sagt Henry grinsend. » Honey Buns.«
» Ich bin Chastity Rocks«, sage ich.
» Chastity, die Keusche! Als ob«, sagt Plum und grinst mich an, als wäre das lustig. Das ist ein bisschen krass. Ich habe erst als Single mit Röhrenjeans herumgemacht, und das weiß sie, und außerdem, wie kommt sie dazu, mich zu verurteilen? » Ich bin Debbie«, sagt sie und fügt hinzu: » Ich wollte schon immer Debbie heißen. Debbie Date-Schreck. Oder, oohhh, ich weiß– Debbie Desperate.«
Sie grinst mich hämisch an. Sie weiß genau, wie sehr ich dieses Wort hasse. Verzweifelt.
» Hat jemand Lipgloss dabei?«, fragt Charlotte.
Sie ist so klug zu wissen, dass die beste Methode, um einen Streit zwischen Frauen zu vermeiden, ist, über etwas Belangloses zu reden.
» Ich habe Big Baby von MAC «, sage ich und hole mein Schminktäschchen heraus.
» Ich habe von MAC Nymphette, Pink Poodle und Prrr«, sagt Plum, während sie alle drei Stifte aus ihrer Tasche nimmt und in ihren Händen ausbreitet.
» Ich könnte eine Doktorarbeit über die antifeministischen Verniedlichungen schreiben, mit denen MAC seine Lipgloss-Farben bezeichnet«, sage ich nachdenklich. » Trotzdem machen die tolles Lipgloss.«
» Ich stehe auch auf MAC «, stimmt Charlotte mir zu. » Ich habe auch ein Lipgloss von Chanel, das sich Glossimer nennt.«
» Das ist echt super!«, ruft Plum dazwischen. Charlotte scheint sich über die Zustimmung von einer, die sich selbst für eine Stilexpertin hält, zu freuen. » Ich benutze auch das von Rimmel, es heißt…«
» Vinyl?«, ruft Charlotte begeistert. » Das ist klasse! Meine Freundin Janey lebt in Tokio und hat Schwierigkeiten, es dort zu kriegen. Darum muss ich immer einen ganzen Vorrat für sie kaufen…«
» Ich muss mich wirklich wieder öfter mit Jungs treffen«, sagt Henry ausdruckslos. » Ernsthaft. Ihr bringt mich um.«
» Hat jemand einen Tampon für mich?«, bemerkt Plum als Antwort.
» Wo ist eigentlich dein Mitbewohner?«, fragt Henry mich. » Warum ist er nicht hier? Er könnte ganz schön absahnen an einem Abend wie heute…«
» Robert hasst Speed Dating. Du schwärmst für ihn, nicht?«, sage ich.
Henry spricht von Robert mit einer gewissen Ehrfurcht. Neulich waren wir alle zusammen aus, und Robert und Henry zogen am Ende des Abends mit einem schwedischen Zwillingspaar weiter, um etwas essen zu gehen. Robert nahm anschließend eine der Schwestern mit nach Hause. Henry ging allein nach Hause. Trotzdem war es einer der besten Abende seines Lebens.
» Nein«, protestiert Henry. » Ich wünschte nur, er wäre hier, um für ein bisschen Gleichgewicht zu sorgen.«
» Henry hat einen festen Freund«, sagt Plum.
Mein Handy piept. Ich habe eine SMS bekommen.
War ein toller Abend. Würde das sehr gerne wiederholen. Wie wäre es mit Lunch am Sonntag? Jon.
» Oh, von meinem Blind Date«, sage ich. » Sayonara, großer Junge.«
Löschen, ignorieren, weitermachen.
» Verfluchte Scheiße«, murmelt Plum leise.
» Okay, lasst uns gehen«, sagt Henry und steht auf.
Charlotte folgt ihm rasch, und sie unterhalten sich auf dem Weg zum Ausgang.
Als Plum und ich den Pub verlassen, stoße ich ein glückliches Seufzen aus. Nach zwei Gläsern Champagner fühle ich mich bereit für alles, was auch immer mich bei diesem Speed Dating erwartet.
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