Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
nicht…“
Ein
schmerzerfülltes Stöhnen entfuhr ihr, dann fuhr sie fort: „…ich konnte es
einfach nicht ertragen, dass ich auf diese Art und Weise sterben sollte. Sie
wollten mich ermorden, aber diesen Triumph gönne ich ihnen nicht. Wenn ich
schon sterben muss, dann durch meine eigene Hand!“ Mit einem verstörten Lächeln
auf den blassen Lippen schloss sie die Augen, das Zittern ihres Körpers wurde
schwächer. Wie angewurzelt blickten die beiden auf den zu Tode verurteilten
Körper der Frau, die sie bis eben noch für unschuldig gehalten hatten. „Bitte
Clarice, sag uns noch die Wahrheit. Bist du eine Hexe?“, entfuhr es Thalon,
der, im Angesicht der Situation, aufgebracht war. Ein letztes Mal öffnete sie
den Mund und sprach ihre endgültigen Worte: „Hexe? Für einige bin ich dies
vielleicht. Ich habe nur einige Kenntnisse im Gifte mischen, so auch ein Gift,
welches den Körper aufquellen lässt. Sir Ryan sollte merken, dass er nicht
alles mit uns Bürgern machen kann. Ich habe nur mittlerweile eingesehen, dass
mein Handeln töricht war, aber es war notwendig. Bevor ich in das Reich der
ewigen Träume übergehe, habe ich noch eine letzte Bitte an euch! Ich möchte
kein Begräbnis, das habe ich nicht verdient. Bitte lasst meinen Körper so wie
er ist. Und falls ihr jemals wieder meinen Sohn seht, sagt ihm, dass ich ihn
über alles liebe. Geht nun! Mein Verschwinden wird nicht lange unbemerkt
bleiben und ich will nicht, dass ihr für die Sache verantwortlich gemacht
werdet.“ Ein erneutes starkes Husten folgte, nachdem sie so lange
ununterbrochen gesprochen hatte. Dann zuckte ihr Körper noch einmal kurz und
rührte sich daraufhin nicht mehr. Kein Husten, kein Keuchen, kein Stöhnen,
lediglich Tod. Nicht in der Lage, irgendetwas dazu zu sagen, schauten sich
Thalon und Lewia nur lange an, bis sie schließlich wieder auf ihre Pferde
stiegen. Sie warfen einen letzten Blick auf die tote Frau, eingewickelt in
ihrer Decke, als würde sie nur schlafen, so friedlich lag sie da, dann ritten
sie schleunigst weiter.
Erst
als sie in der Ferne die Tore von Atusia, der Hauptstadt von Morgentau,
erblickten, machten sie Rast, aufgewühlt und verstört. Die Taten, die sie
soeben vollbracht hatten, waren zwar in guter Absicht geschehen, jedoch hatten
sie Clarice zu Unrecht vertraut. Sie waren in ihrem Bann gefangen gewesen, in
dem sie die beiden von Anfang an gehüllt hatte. Vermutlich hatte sie ihnen auch
deswegen so bereitwillig alles über die Geschehnisse erzählt, weil sie wusste,
dass Thalon und Lewia ihr glauben und Vertrauen schenken würden. Doch was hatte
sie nun davon? Jetzt war sie tot! Ein kalter Schauer lief Thalon über den
Rücken, denn noch nie zuvor hatte er ein schlechtes Gewissen besessen. Doch
jetzt plagte es ihn und innerlich stellte er sich nun die Frage, ob es dennoch
richtig gewesen war, der Mörderin der unschuldigen Soldaten geholfen zu haben,
schließlich stimmte zumindest die Aussage, dass sie keine Hexe sei. Lewia
schien ähnlich zu denken, denn immerhin hatte sie sich sogar in der
Versammlungshalle lautstark für Clarice eingesetzt gehabt. Um dieser Tatsache
aber nicht weiter Beachtung zu schenken, beschlossen sowohl Thalon als auch
Lewia, sich noch einmal auszuruhen und dann am nächsten Tag mit frischer Kraft
die Stadt zu betreten.
Kapitel 7: Die Stadt atusia
Der
ältere Priester von Donantal hatte klappernde und laute Geräusche gehört.
Sofort war er aus seinem Häuschen, welches direkt neben der alten Dorfkirche
stand, die wiederum ein kleines Stückchen abseits von Donantal gebaut worden
war, heraus geeilt, um zu sehen, was dort vor sich ging. Er traute seinen Augen
kaum, als er in der Ferne ein helles Leuchten vernahm. Verunsichert kniff er
die Augen zusammen, damit er in dem dichten Nebel Genaueres erkennen konnte. Es
war ein waberndes Leuchten, welches immer schneller näher zu kommen schien und
sich nach einiger Zeit als die Flammen von Fackeln entpuppte. Die Fackeln
wurden gehalten von einigen Reitern in schwarzer Rüstung. Ihre wütenden Rösser
galoppierten unaufhaltsam in Richtung des kleinen unscheinbaren Dorfes. Blanke
Panik packte den alten Priester, als er sah, was dort auf ihn zukam.
Pferdeschnauben und Rufe der unheimlichen Kämpfer in schwarzer Rüstung drangen
an sein Ohr, sowie der Gestank von Tod, Unheil und Krankheit. Trotz aller Angst
stellte sich der Priester auf die erdige Straße, die ins Dorf führte und
steckte seinen kunstvollen Stab, den er
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