Der Liebespakt
lange nicht, bis er mit Mr Hebbs geredet hatte.
„Es ging dir gestern sehr schlecht. Der Doktor meinte, dass du vielleicht etwas gegessen hast, das dir nicht bekommen ist." Das war nicht gelogen.
Sie hob die Hand an die Stirn. „Hast du Kopfschmerzen?", fragte er.
„Ein bisschen." Sie bemerkte, dass sie völlig nackt war, und errötete.
„Ich habe dich entkleidet. Der Doktor hat dich untersucht, um nach Bissen oder Stichen zu suchen, die für deine Krankheit Auslöser hätten sein können. Er hat aber nichts gefunden."
„Oh", sagte sie und zog die Decke hoch bis unter das Kinn. Es amüsierte ihn, welche Schamhaftigkeit sie mit einem Mal an den Tag legte. Eine spöttische Bemerkung lag ihm auf der Zunge, die er sich gerade noch rechtzeitig verkniff. Fast hatte er vergessen, wie es zwischen ihnen stand.
„Bist du hungrig?", fragte er. Sie nickte, und er stand auf, um nach der Dienerschaft zu läuten.
„Bist du die ganze Nacht hier bei mir gewesen?", fragte sie schüchtern. Sie wusste nicht recht, wie sie mit ihm umgehen sollte.
„Ja", antwortete er, ohne sich nach ihr umzudrehen. Wäre nicht sein Stolz gewesen, er hätte sich neben sie gelegt und ihr erzählt, wie erschrocken er gewesen war. Und dass er es nicht ertragen konnte, sie zu verlieren.
Aber die Dinge zwischen ihnen hatten sich seit der Zeit, in der er derartigen Gefühlen einfach hätte nachgeben können, gewaltig geändert. Zumindest fürchtete er das. Caroline Wembly Eddington hatte ihn des Geldes wegen geheiratet, womit er sich mittlerweile abgefunden hatte. Auch der Schmerz über ihren Betrug war dabei, zu verblassen. Doch nun hatte er eine neue Sorge. Er war nicht nur irgendein reicher Mann. Er war ein sterbender reicher Mann gewesen.
Was würde passieren, wenn sie herausfand, dass er - anders als sie gedacht hatte -gar nicht todkrank war?
„Der Doktor sagte, er würde dir heute Morgen noch einen Besuch abstatten. Er sollte bald da sein."
„Danke. Würdest du jetzt bitte gehen? Ich möchte ein wenig ruhen." „Aber natürlich."
Sie waren wieder da, wo sie am Anfang gewesen waren, und benahmen sich wie zwei höfliche Fremde/Bevor Magnus aus der Tür war, hielt ihre Stimme ihn zurück. „Danke, Magnus, dass du dich so gut um mich gekümmert hast."
„Ich habe es gern getan, Caroline. Nun bereite dich bitte auf den Besuch des Arztes vor. Ich werde dir Lillian schicken."
Magnus ging in sein Zimmer, wusch sich flüchtig mit einem Schwamm und rasierte sich. Der Butler kam, um ihm zu sagen, dass der Doktor angekommen sei und seine Visite mache. Schnell kleidete Magnus sich an und wartete vor Carolines Tür, bis Doktor Hebbs herauskam.
„Nun, wie steht es um sie, Mr Hebbs? Geht es ihr besser?"
Der Arzt lächelte. „Sie sieht so gesund wie der junge Morgen aus, Mylord."
„Und das Kind? Gibt es irgendwelche Anzeichen ... "
„Bislang habe ich nichts erkennen können. Ihre Gattin hat eine ausgezeichnete Konstitution, Mylord - es wird ihr schon nicht geschadet haben." Der Doktor neigte den Kopf und sah Magnus an. „Sie jedoch, Mylord, Sie machen mir Sorgen. Ich habe Ihretwegen die ganze Nacht nicht geschlafen. Können wir uns unterhalten?"
Magnus duldete eigentlich keine Vertraulichkeiten, aber die direkte Art, in der Mr Hebbs mit ihm sprach, machte ihm nichts aus, vermutlich weil der Doktor ihn ein wenig an seinen Vater erinnerte.
Sobald sie in der Bibliothek Platz genommen und Mr Hebbs Tee oder Kaffee ausgeschlagen hatte, bat Magnus: „Also, sagen Sie mir: Ist es möglich, dass ich vergiftet werde?"
„Es ist nicht nur möglich, sondern im Gegenteil sogar sehr wahrscheinlich. Die Symptome, die bei Ihnen und Ihrer Frau auftraten, sind identisch und deuten auf eine Vergiftung durch Digitalis hin."
„Dann bin ich nicht sterbenskrank, sondern gesund?" Magnus erhoffte eine Bestätigung seiner Worte.
„Ich würde Sie natürlich lieber untersuchen, bevor ich das behaupte, aber nach dem, was ich von meinen Kollegen über Ihren Fall gehört habe, nehme ich an, dass Sie nicht krank sind."
Fragend sah er Mr Hebbs an. „Warum haben die anderen Ärzte nicht auf eine Vergiftung geschlossen? Warum haben sie so bereitwillig angenommen, dass ich an einer Herzkrankheit leide?"
„Bitte denken Sie nicht schlecht von ihnen, Mylord. Es ist sehr schwierig, eine Vergiftung als solche festzustellen. Nur weil Ihre Frau genau dieselben Symptome zeigte, sind wir überhaupt darauf gekommen, das zu überprüfen. Wäre ich Ihr Arzt gewesen, hätte
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