Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Navin
Vom Netzwerk:
er den Kopf auf eine Hand und strich mit der anderen Caroline übers Haar. „Schlaf jetzt, Liebes." „Magnus?"
    „Ja?"
    Sie schien zu überlegen. Er spürte, was immer sie auch hatte sagen wollen - sie hatte sich entschlossen, es nicht auszusprechen. Stattdessen kam nur ein freundliches „Gute Nacht" über ihre Lippen.
    Es dauerte nicht lange, bis ihre Atemzüge langsam und tief wurden. Der Raum war dunkel, aber Magnus' Blick ruhte weiter auf der Frau, die neben ihm im Bett lag. Nach einer gewissen Zeit verspürte er erneut Erregung. Sogar schlafend weckte diese Frau sein Begehren.
    Er rollte sich auf den Rücken und verschränkte die Hände hinter dem Kopf, während er starr in die Dunkelheit blickte. Er hatte Carolines Leidenschaft wecken und ihr Lust bereiten wollen, damit sie nicht widerstrebend mit ihm ins Bett ging. Dabei hatte er sich selbst überlistet. Wie ein unreifer Jüngling war er vom Objekt seiner Begierde überwältigt worden.
    Wieder einmal.
    Er schloss die Augen, aber das Bild, das in ihm aufstieg, ließ sich nicht einfach verdrängen. Es war ungerecht, dass er, wenn er an seine Braut dachte, auch an die gefühllose Frau denken musste, die vor mehr als zwanzig Jahren sein Herz hatte höher schlagen lassen.
    Sie war eine Freundin seiner Mutter gewesen und so schön, dass er monatelang an nichts anderes als an sie hatte denken
    können. Dann hatte sie ihn bemerkt, ihn, einen Jungen von erst vierzehn Jahren, aber schon mit allen Kennzeichen eines Mannes, mit einem großen, wohlgeformten Körper und ausgeprägten, ebenmäßigen Gesichtszügen. Sie hatte ihn verführt. Während seine Seele nach Poesie und Blumen und dem romantischen Idealismus der Jugend hungerte, fiel sein Körper ihren Verlockungen anheim. Eines Abends bat sie ihn schließlich, nachts in ihr Zimmer zu kommen. Dort machte sie ihn, wie sie sagte, mit den „Künsten der Liebe" vertraut. Das erste Mal war so schön, so zärtlich gewesen, dass er nachher am liebsten geweint hätte. Was er stattdessen tat, endete in einem Desaster. Er hatte ihr von seiner Verehrung erzählt, dass sie die Einzige für ihn sei, dass er sie immer lieben werde. Sie hatte ihn nur angestarrt und dann
    gelacht.
    Er war in ihr Gelächter eingefallen. In diesem Augenblick, wie er im Nachhinein feststellte, hatte er eine Entscheidung getroffen. Er hatte vor der Wahl gestanden, sie unendlich blamiert zu verlassen oder mit ihr zu lachen und alles Zarte und Gute in sich zu verleugnen.
    Und so hatte er vorgegeben, dass das, was er gesagt hatte, nur ein Scherz gewesen sei, mit dem er sie habe unterhalten wollen. Irgendetwas in ihm war gestorben. Dies war der erste Schritt gewesen, den er getan hatte, um der tollkühne Taugenichts zu werden, als der er bekannt war.
    „Komm her, Magnus", hatte sie ihn gelockt, „komm und liebe mich noch einmal."
    Sie hatten immer noch gelacht, als er sich auf sie gelegt hatte, und dieses Mal war es nicht mehr schön gewesen, sondern trostlos und primitiv - nur ein körperlicher Akt der Entspannung. Über die Jahre hinweg hatte er viele Kunstgriffe gelernt und Erfahrung darin gesammelt, Lust zu schenken und zu empfinden. Er hatte bacchantische Orgien erlebt, die zu schildern selbst die bösartigsten Klatschmäuler nicht mutig genug gewesen wären. Immer weiter war er auf dem Weg gegangen, den er vor so vielen Jahren als Knabe eingeschlagen hatte, als er für seine Liebe verspottet worden war, und dennoch hatte er nie wieder dasselbe Wunder, dieselbe Hingebung, dieselbe Ekstase gespürt wie beim ersten Mal - bis zu dieser Nacht. Neben ihm bewegte sich Caroline im Schlaf, während
    schon die ersten Strahlen der Morgenröte durch die Vorhänge ins Zimmer krochen. Hatte er seine junge Frau wohl ebenso verändert, wie er selbst vor langen Jahren verändert worden war?
    Er war ein Schurke, ein Schuft, ein Haderlump erster Güte, mit einem teuflischen Temperament, einem unstillbaren sexuellen Appetit, brutalem Witz und schlechten Manieren. Er hätte dieses unschuldige Wesen nicht heiraten dürfen.
    In diesem Moment hasste er sich selbst mehr als alle seine zahllosen Feinde, mehr vielleicht sogar, als sein eigener Vater ihn gehasst hatte.
    Caroline wachte alleine in einem eleganten Raum auf. Sie blinzelte, und es dauerte einen Moment, bis ihr klar wurde, wo sie sich befand. Ganz plötzlich erinnerte sie sich bis ins kleinste Detail an alles, was in ihrer Hochzeitsnacht passiert war.
    Ach - die letzte Nacht. Ein glückliches Lächeln umspielte

Weitere Kostenlose Bücher