Der Liebespakt
auf den Weg nach unten, um Mrs Gervis aufzusuchen, die ihr in einem nicht enden wollenden Vortrag die Pflichten einer Hausherrin erläuterte und mit ihrem monotonen Tonfall selbst interessante Themen zu quälender Langweile breitredete. Dennoch ließ die Countess den Redeschwall höflich und aufmerksam über sich ergehen und versuchte, sich so viel wie möglich zu merken. Es war schon später Vormittag, als sie sich erheben und ihrer Mutter durch einen Boten eine Nachricht zukommen lassen konnte.
Auf das Stück Papier hatte sie nur schnell eine einzige Zeile hingeworfen: Noch kein Geld! Magnus hatte nicht einmal erwähnt, wann sie ihre Entlohnung erhalten würde. Wenn er das Thema nicht bald selber ansprach, müsste sie das tun. Sie dachte ungern daran.
Dann war es bereits wieder Zeit zum Mittagessen, das sie im Speisezimmer mit den Herren zusammenbrachte. Nach dem gemeinsamen Mahl kündete David an, dass er umgehend nach London zurückkehren wolle, da seine Dienste in Hawking Park nicht mehr vonnöten seien. Mit seinem Bruder war er bereits am Morgen die Bücher durchgegangen. Zum Abschied nahm er Carolines Hand in die seine, verbeugte sich so tief über sie wie ein preußischer Prinz und sagte: „Ich bin froh, dass Sie hier sind, Caroline. Obwohl er das niemals zugeben würde, braucht Magnus Sie, und ich bin glücklich, ihn in so guten Händen wie den Ihren zu wissen." Er wirkte für seine Verhältnisse ungewöhnlich ernst. Mit einem Nicken nahm die Countess das Kompliment entgegen, sich der Bedeutung seines Inhalts bewusst.
Magnus unterbrach die entstandene Stille mit den Worten: „Bist du immer noch da?"
Hastig ließ sein Bruder die Hand der jungen Frau los. „Bin schon weg", sagte er und schlug die Hacken zusammen. „Was bei so viel Schönheit leichter zu sagen als zu tun ist."
„Ja, ja - jetzt verschwinde aber. Ich würde heute gerne noch etwas anderes tun, als dir dabei zuzuhören, wie du vor meiner Gemahlin Süßholz raspelst." Magnus schaute betont zur Uhr auf dem Kaminsims hinüber.
Caroline fiel auf, dass ihr Gatte niemals wirklich verärgert über seinen Bruder zu sein schien, wie es sein grober Konversationston hätte vermuten lassen. Er schien seinen Bruder im Gegenteil sehr gerne zu mögen.
Als schließlich nach vielem Hin und Her David den Gang entlanggeeilt war, sah
Magnus Caroline fragend an. „Hättest du Lust, mit mir auszureiten?"
„Ich besitze kein Reitkostüm", erwiderte sie unsicher. Das, welches sie aus ihren Jugendtagen noch hatte, war so unmodisch und saß so eng, dass sie sich nicht mehr darin sehen lassen konnte.
„So ein Reitkostüm für Damen ist doch auch nur ein Kleid - zum Reiten nicht praktischer als irgendein anderes. Das Land in der Gegend gehört mir, es wird dich also niemand sehen, und mir ist es egal, was du trägst."
Caroline zuckte die Schultern. „Wenn das so ist, komme ich gerne mit." Sie unterließ es, ihn darauf hinzuweisen, dass ein Reitkostüm in der Regel allein schon deswegen bequemer für einen Ausritt war, weil unter dem Rock nur eine enge Hose und ein Unterrock getragen wurden und nicht viele verschiedene steife Unterröcke, wie sie gerade in Mode kamen. Doch da sie in den letzten Jahren kaum ein neues Kleidungsstück erworben hatte und nicht glaubte, dass ihre drei Unterröcke sie behindern würden, ließ sie sich einfach von ihm hinaus zu den Ställen führen, nachdem ihre Pelerine gebracht worden war.
„Reitest du gerne, Caroline?", erkundigte er sich höflich, um kein Schweigen aufkommen zu lassen.
Erst in der letzten Nacht hatte er sie meine Liebe genannt!
„Ich reite gerne, aber nicht besonders gut. Ich hatte nur selten Gelegenheit dazu." Sie äffte seine kühle Redeweise nach. Wie um die Distanz zwischen ihnen zu überbrücken, legte er seinen Arm um ihre Taille. Diese vertrauliche und besitzergreifende Geste war ihr sehr angenehm.
„Die Landschaft hier ist sehr schön, und Balthazar und ich lieben es, zusammen die Gegend zu erkunden."
„Balthazar?", fragte sie.
Mit seiner ausgestreckten Linken deutete er in Richtung der Ställe, wo bereits zwei gesattelte Pferde, von Stallknechten am Zaumzeug gehalten, auf sie warteten. Es war unschwer zu erkennen, welches der beiden Tiere Balthazar war. Sein tintenschwarzes Fell schimmerte im Sonnenlicht, und obwohl sie keine Hippologin war, wusste sie, dass es sich um ein außergewöhnliches Tier handelte. Als sie das ihrem Gemahl gegenüber bemerkte, stimmte er ihr geschmeichelt zu.
Sobald
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