Der Liebespakt
ihre Lippen, und ihr Pulsschlag begann sich zu beschleunigen. Es war wundervoll gewesen, ganz anders, als sie befürchtet hatte. Nie hätte sie gedacht, dass so überwältigende körperliche Empfindungen existieren könnten, wie Magnus sie mit seinen Zärtlichkeiten bei ihr ausgelöst hatte, nie, dass er sie an Stellen berühren würde, für die sie in ihrer Scham-haftigkeit nicht einmal Worte hatte.
Sie ließ die Hände über die zerwühlten Decken neben sich gleiten. Magnus war bereits aufgestanden, doch die Nacht über war er bei ihr geblieben, das wusste sie genau. Die ungewohnte Nähe eines Menschen neben sich hatte sie einige Male aus dem Schlaf aufdämmern lassen. Jedes Mal war sie zufrieden wieder eingeschlafen, denn sie fand es angenehm, Magnus' warmen, starken Körper neben sich zu wissen.
Gähnend streckte sie sich und erhob sich dann. Beim Aufstehen untersuchte sie das Bettlaken und wusste nicht, ob sie erleichtert oder erschrocken sein sollte, weil sie -und damit auch das Zimmermädchen - keine Blutflecken finden konnte. Lediglich an den Innenseiten ihrer Oberschenkel entdeckte sie ein paar Reste eingetrockneten Blutes. Das Ende ihrer Jungfräulichkeit war erstaunlich schmerzlos gewesen. Nachdem sie sich in ihrem Badekabinett gründlich mit Seife und einem Schwamm gereinigt hatte und in ihre knielangen Halbhosen geschlüpft war, band sie sich selbst ihre beiden Unterröcke - einen aus Flanell, einen aus gestärktem Leinen - mit Bändern fest um die Taille. Dann benutzte sie die Glocke auf ihrem Nachttisch, um nach Lillian zu läuten. Nach all den Jahren, die sie ohne Dienstmädchen hatten verbringen müssen, mutete es sie seltsam an, sich beim Ankleiden von einer fremden Frau helfen zu lassen. Es dauerte nicht lange, bis ihre Toilette beendet war. Lillian schnürte ihr nur das Korsett und hakte das sittsame, braungelb gemusterte Musselinkleid zu, bevor sie ihre Herrin frisierte.
Magnus und sein Bruder saßen an einem gedeckten Tisch, als Caroline wenig später nach einem Irrweg durchs Erdgeschoss mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen das Frühstückszimmer betrat, einen gemütlichen kleinen Raum, dessen Fenster auf den Garten hinausgingen. Ihr Ehemann blickte kaum von seiner Zeitung auf, um ihr einen guten Morgen zu wünschen, und gab sich reserviert und verschlossen. Sie hatte keine Zeit, dies zu bedauern, denn David war schon aufgesprungen, eilte herbei und begrüßte sie überschwänglich und ließ es sich auch nicht nehmen, ihr den Stuhl zurechtzurücken.
„Welch atemberaubende, überirdische Schönheit!", begeisterte er sich, während er ihre Serviette ausschüttelte und sie über ihren Schoß legte. „So früh am Morgen, und Sie sehen so taufrisch, so bezaubernd aus wie eine von den Strahlen der Morgensonne geküsste Rosenblüte, nein, wie eine vom Tau benetzte Rose. Wie bekömmlich der weiblichen Schönheit doch ein einfaches, ehrbares Leben ist, nicht wahr?"
Desinteressiert an den lyrischen Versuchen seines Bruders las der Earl in seiner Zeitung weiter und murmelte ungerührt, ohne aufzublicken: „Das Essen steht auf der Anrichte. Nimm dir, was du willst. Mrs Bronson wird weitere Wünsche mit Vergnügen entgegennehmen."
„Ich denke, mir genügt, was ich sehe, danke", gab Caroline kühl zurück und runzelte die Stirn.
War dies wirklich derselbe leidenschaftliche Mann, der nur Stunden zuvor ihr Blut in
Wallung gebracht hatte? Sein merkwürdiger Stimmungswechsel war schwer zu
begreifen, und dass er sie nun so gelangweilt und distanziert ansah, wo
sie vor Glück und Wonne am liebsten gejubelt hätte, schmerzte mehr als nur ein
bisschen.
„Nun, Schwägerin", unterbrach David ihre Gedanken. „Welche Pläne haben Sie für den heutigen Tag? Als echte Londonerin werden Sie das Landleben sicher sehr langweilig finden - zumindest tue ich das, und ich bin hier geboren worden."
Ohne ihre Antwort abzuwarten, schaltete sich Magnus ein und wandte sich an seine Frau. „Ich denke, das Beste wäre es, wenn du ein wenig Zeit mit Mrs Gervis, der Haushälterin, verbringen würdest. Sie wird dich über deine Pflichten als Hausherrin unterrichten. David und ich haben Geschäftsangelegenheiten zu besprechen und werden nach dem Mittagessen vielleicht ausreifen."
Sein Vorschlag war keine bloße Bitte, auch wenn sein Tonfall höflich war, und ihr blieb nichts anderes übrig, als zustimmend zu nicken und sich dann an der Anrichte zu bedienen.
Nach dem Frühstück machte sie sich pflichtschuldig
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