Der Liebespakt
Korridoren widerhallten.
Ansonsten schottete sich der Earl mehr als schon in den vorausgegangenen beiden Wochen vor allem ab.
Caroline war dankbar für Davids Gesellschaft und froh, ihn als Puffer zwischen sich und ihrem Gemahl zu haben, obwohl ihr die flegelhafte Unbekümmertheit des jungen Dandys gelegentlich auf die Nerven ging. Eines Abends saß sie mit David im Kerzenlicht am Schachbrett, während der Wind mit schrillem Pfeifen durch die Kamine fuhr.
Während David sich seinen nächsten Zug überlegte, grübelte Caroline vor sich hin. Der Earl hatte sich wie so häufig
in den letzten Tagen allein in sein Arbeitszimmer zurückgezogen. Nicht permanent seinem brütenden Schweigen und seinen starren Blicken ausgesetzt zu sein, war in gewisser Hinsicht erleichternd, und dennoch vermisste sie ihn - zumindest vermisste sie das, was einmal zwischen ihnen gewesen war. Obwohl er sie so sehr gedemütigt hatte, wie er sie überhaupt nur hatte demütigen können, änderte das nichts an ihren Gefühlen für ihn. Sie wusste, dass sein Stolz dafür verantwortlich war und er die jetzige unangenehme Situation einer Aussprache vorzog, obwohl er unter der feindseligen Atmosphäre zwischen ihnen sichtlich genauso litt wie sie selbst. Was sollte sie nur tun?
David rieb sich das Kinn, während er angespannt seine weniger werdenden
schwarzen Spielfiguren ansah und auf ihren Zug wartete. Wie ähnlich sich die Brüder doch in ihren Bewegungen sind!
Sie zog ihre Dame. „Schachmatt in drei Zügen", kündigte sie an.
Er verhehlte seinen Ärger nicht. „Ich weiß!" Dies war die dritte Partie, die sie gewinnen würde. Sie beschloss, ihn beim nächsten Spiel siegen zu lassen.
Schließlich kam es so, wie sie es vermutet hatte.
„Noch eine Partie?", fragte David und begann, die Elfenbeinfiguren erneut aufzustellen.
„Vielleicht morgen", antwortete Caroline müde.
„Sie können mich unmöglich als mehrmaligen Verlierer zu Bett schicken. Was sagen Sie zu einer kleinen Wette?"
„Ich wette nie, David!", erwiderte sie entschieden.
„Nur eine kleine Wette - um es interessanter zu machen", beharrte er.
Sie wehrte ab. „Nein, wirklich nicht. Wir können uns ja morgen Abend noch einmal messen."
„Aber ich plane, morgen früh abzureisen, wenn es das Wetter erlaubt. Sie müssen mir Revanche erlauben!"
„Nun gut", gestand sie ihm zu. „Aber keine Wette."
Sie hatten die Partie gerade eröffnet, als ein Schrei vor der Wohnzimmertür sie beide aufspringen ließ.
„Was, zur Hölle ...?" David rannte zur Tür.
Caroline eilte ihm nach, so rasch sie konnte.
Die Tür zum Arbeitsraum des Earl stand offen, und einige
Diener eilten gerade hinein. Im Zimmer sagte jemand: „Da ist Blut! Holt den
Doktor!", worauf eine schwache Stimme befahl, davon abzusehen.
Blut! wiederholte sie in Gedanken erschrocken.
Langsam kam der Earl, gestützt auf zwei Diener, aus dem Zimmer. Die drei Männer wankten den Gang entlang der Treppe zu. Als er Caroline im Korridor stehen sah, warf der Earl ihr einen so zornigen Blick zu, das sie unwillkürlich zusammenzuckte. Dennoch machte sie mutig ein paar Schritte auf ihn zu.
Magnus stöhnte, als sie sich ihm näherte. „Geh!"
Sie wusste, dass es verrückt war, sich seinen wiederholten Befehlen zu widersetzen. Aber konnte er ihr wirklich noch Schlimmeres antun als das, was sie die letzten beiden Wochen über erlitten hatte? Wenn er Blut verlor - nein! Sie würde ihn nicht auf seinem Sterbebett im Stich lassen. Entschlossen ging sie auf ihn zu.
Sie versuchte, neben ihm zu bleiben, während er vorwärts stolperte. Schweiß perlte auf seiner Stirn, und Caroline flüsterte besorgt: „Lass mich dir doch helfen!"
Er streckte den Arm nach ihr aus, und ihr Herz schlug schneller vor Freude. Doch dann legte er die Hand auf ihre Schulter und stieß sie von sich. Verstört wich sie zurück und musste hilflos mit zusehen, wie er die Treppenstufen halb hochgezogen, halb hochgetragen wurde.
David legte den Arm um ihre Schultern. „Er wird wieder gesund. Ich bin mir sicher,
dieser Anfall ist auch nicht schlimmer als die bisherigen." Er führte sie zurück zum Wohnzimmer und goss ihr dort ein Glas Brandy ein. „Runter damit!", befahl er, bevor er sich selbst bediente.
Nach einer Ewigkeit, die sie zusammen schweigend vor dem Kamin gesessen hatten, fragte sie: „Wie lange geht das jetzt schon so?"
David blickte starr in die rot schimmernde Glut der Kohlenreste. Das Feuer war schon lange erloschen. „Seit fast
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