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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Navin
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aus Tausenden von Kohlenöfen. Kein Lufthauch regte sich, was einerseits ein Segen war, anderseits ein Fluch. Der Wind hätte den Nebel gelichtet, aber die zusätzliche Kälte wäre unangenehm gewesen.
    Dennoch brach der Earl nach dem Frühstück auf, um sich die Beine zu vertreten und Briefe zur Post zu bringen.
    „Rutherford!", rief ihn eine dröhnende Stimme, bevor er noch weit gekommen war. Von der anderen Straßenseite herüber winkte ihm einer seiner alten Freunde zu. Magnus hob den Hut und wartete mit einem flauen Gefühl im Magen darauf, dass Mr Garding, ein alter Freund aus Oxford, die viel befahrene Straße überquerte, um ihn zu begrüßen. Sie hatten früher viel zusammen gelacht, hatten zusammen Orgien gefeiert, und dennoch konnte Magnus keine Freude über das Wiedersehen verspüren.
    „Wie, zum Teufel, geht's dir?", brüllte Garding in seiner üblichen Lautstärke und umarmte Magnus brüderlich.
    „Besser, seit Kurzem. Und du? Was machst du in London?", erkundigte sich Magnus ohne großes Interesse.
    „Ach, das Übliche. Aber es ist anstrengender ohne dich. Es gibt zu viele Huren, die besucht werden wollen, zu viele Narren, die man prellen kann. Warum, Hölle und Teufel, hast du mir nicht ausrichten lassen, dass du wieder in London bist? Komm doch heute Abend zu White's, alle werden dort sein."
    „Nicht heute Abend."
    „Warum denn nicht? Wir brennen alle darauf, dich wiederzusehen! Komm schon, alter Junge, es wird wie in alten Zeiten sein. Wir werden uns so richtig ausleben." „Für mich hat es sich ausgelebt", antwortete Magnus bestimmt, trat zurück und wandte sich zum Gehen. „Ich werde meine Gattin heute Abend in die Oper ausführen. Du kannst dich uns gern anschließen, aber nur, wenn du versprichst, dass du dich benehmen wirst. Auf Wiedersehen!"
    Mr Garding schnalzte mit der Zunge. „Gattin? Unmöglich, alter Knabe. Es hört sich an, als würdest du nur noch von einem Dämonen heimgesucht - einem weiblichen, der dich zähmt. In die Oper!" Schnaufend und dröhnend lachte er hinter Magnus her, als der die Straße entlangging.
    Merkwürdig, dass ich nie bemerkt habe, wie unangenehm dieser Säufer ist, dachte der Earl versonnen. Es war erst elf Uhr am Morgen, aber Magnus hatte an Gardings Atem riechen können, dass der Mann bereits betrunken war. Wie oft er wohl früher in demselben Zustand gewesen sein mochte? Ohne rechte Aufmerksamkeit betrachtete er die Auslagen der Geschäfte, an denen er vorüberging, und war in Gedanken bei Caroline. Heute Abend würde er sie stolz und freudig jedem, der in der Stadt etwas galt, als seine Ehefrau vorstellen.
    Allmählich lichtete sich der Nebel, und die Sonnenstrahlen brachen durch.
    In einem Schaufenster blitzte Porzellan im Licht der Sonne auf, aber er war schon
    drei Schritte weiter, als ihm bewusst wurde, was er gesehen hatte. Eine Dame aus Meissener Porzellan!
    Er ging zurück zu dem Schaufenster und sah sich die Figurine an. Es war die Meissener Porzellandame seiner Mutter. Oder jedenfalls eine, die ganz genauso aussah.
    Wenn es dieselbe Porzellanfigur war, dann lag er richtig, dann bestahl ihn irgendjemand. Aber wie war die Schäferin nach London gekommen?
    Zögernd öffnete er die Tür zum Laden.
    „Guten Tag!", rief ein untersetzter Mann hinter der Theke hervor. „Kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?"
    „Die Dame aus Meissener Porzellan im Schaufenster, auf die habe ich ein Auge geworfen."
    „O ja, ein sehr kostbares Stück. Ich werde Sie Ihnen holen."
    Der Earl sah sich kurz im Raum um, während der Mann vorsichtig die Figurine aus der Auslage hob. Magnus betrachtete sie eingehend und runzelte dann die Stirn. „Haben
    Sie auch Waterford-Waren da? Eine große Schüssel, etwa für Punsch?"
    „Nein, Sir", sagte der Ladeninhaber bedauernd.
    „Hmmh." Magnus versuchte sich daran zu erinnern, was sonst noch aus dem großen Salon fehlte. „Eine chinesische Figurine vielleicht?"
    „Nein, aber ich kann meine Verbindungen nutzen und eine bestellen, wenn Sie das wünschen."
    „Nein, ich bräuchte sie gleich jetzt. Vielleicht haben Sie ja ein Paar Kerzenleuchter aus geschliffenem Kristallglas?"
    „Ich hatte Leuchter, aber ich denke, die sind schon verkauft. Lassen Sie mich vorsichtshalber kurz nachsehen."
    Der Verkäufer eilte zu einem Glaskasten, der mit allerlei Kitsch und Nippes gefüllt war. Magnus drehte die Meissener Dame in den Händen. Seine Gedanken überschlugen sich. Wenn die Kerzenhalter ebenfalls hier waren, war dies die vermisste

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