Der Liebesschwur
was gesagt worden war, noch einmal zusammen, »dass die aquamarinfarbene Borte, die Ihre Mutter vorgeschlagen hat, wesentlich besser passen würde.«
Angela schmollte jetzt wirklich. Mrs. Chadwick warnte ihre Tochter sofort vor der Gefahr, davon Falten zu bekommen. Wie durch ein Wunder verschwand der schmollende Ausdruck wieder.
Patience trommelte mit den Fingern auf die Armlehne ihres Stuhles. Mit gerunzelter Stirn sah sie zur Tür und wandte sich wieder ihrer Überlegung zu – wie sie es am besten anstellen sollte, Vane Cynster zu warnen. Es wäre das erste Mal, dass sie einen Mann warnen würde, und es wäre ihr viel lieber, wenn sie nicht jetzt damit anfangen müsste, aber sie konnte die Dinge nicht weiter so laufen lassen, wie sie sich jetzt entwickelten. Abgesehen von dem Versprechen an ihre Mutter, das sie ihr am Totenbett hatte geben müssen – dass sie immer dafür sorgen würde, dass Gerrard in Sicherheit war – , konnte sie es einfach nicht zulassen, dass Gerrard auf diese Art und Weise verletzt wurde – indem er als Mittel benutzt wurde, um sie zu gewinnen.
Natürlich machten das alle so, auf eine gewisse Art und Weise. Penwick behandelte Gerrard wie ein Kind, er nutzte ihren Beschützerinstinkt aus. Edmond nutzte seine Kunst als Verbindung zu Gerrard, um ihr so seine Zuneigung zu ihrem Bruder zu zeigen. Henry tat so, als hätte er ein onkelhaftes Interesse an Gerrard, dabei fehlte ihm jegliches wirkliche Gefühl. Vane jedoch machte es besser – er handelte. Er beschützte Gerrard aktiv, weckte das Interesse ihres Bruders – und das alles mit der Absicht, die er sogar zugegeben hatte, sie dankbar zu machen, damit sie in seiner Schuld stand.
Das gefiel ihr nicht. Sie alle benutzten Gerrard, doch der Einzige, bei dem Gerrard wirklich Gefahr lief, verletzt zu werden, war Vane. Denn der Einzige, den Gerrard mochte, den er bewunderte und vielleicht verehrte, war Vane.
Patience massierte ihre linke Schläfe. Wenn die Männer nicht bald ihren Portwein getrunken hatten, würde sie eine rasende Migräne bekommen. Wahrscheinlich wäre das sowieso der Fall – nach ihrer unruhigen Nacht, gefolgt von der Überraschung am Frühstückstisch und den Erfahrungen auf ihrem Ausritt, hatte sie die meiste Zeit des Nachmittags damit verbracht, über Vane nachzudenken. Und das genügte, um selbst den klarsten Verstand zu verwirren.
Er beschäftigte sie auf vielerlei Arten, und sie hatte es bereits aufgegeben, ihre verwirrten Gedanken ordnen zu wollen. Es gab, da war sie sicher, nur einen einzigen Weg, um mit ihm fertig zu werden: direkt und entschieden.
Ihre Augen brannten, weil sie zu lange auf nur einen Fleck gestarrt hatte. Sie hatte das Gefühl, schon seit Tagen nicht mehr geschlafen zu haben. Und sie würde ganz sicher auch nicht eher wieder schlafen, bis sie diese Situation bewältigt hatte, bis sie der Beziehung, die sich zwischen Vane und Gerrard zu entwickeln begonnen hatte, ein Ende gesetzt hatte. Es stimmte, alles, was sie bis jetzt zwischen den beiden gehört und gesehen hatte, war unschuldig genug gewesen, aber niemand – niemand – konnte Vane unschuldig nennen.
Er war nicht unschuldig, aber Gerrard war es.
Und genau darum ging es.
Wenigstens glaubte sie das. Patience zuckte zusammen, als der Schmerz von einer Schläfe zur anderen fuhr.
Die Tür öffnete sich. Patience setzte sich auf. Sie betrachtete die Gentlemen, als sie den Raum betraten – Vane kam zuletzt. Er schlenderte in das Zimmer, in einer Art, die sie sicher machte, dass ihre quälenden Gedanken richtig gewesen waren. All diese arrogante Männlichkeit machte sie nervös.
»Mr. Cynster!« Errötend winkte Angela ihm zu. Patience hätte sie dafür küssen können.
Vane hörte Angela, sah, dass sie ihm zuwinkte, doch sein Blick ging zu Patience, und dann kam er mit einem Lächeln, das sie sofort als falsch erkannte, auf sie zu.
Alle drei – Mrs. Chadwick, Angela und auch Patience – standen auf, um ihn zu begrüßen, keine von ihnen wollte von ihrem Platz auf dem Sofa zu ihm aufsehen müssen.
»Ich wollte Sie etwas fragen«, begann Angela, noch ehe jemand anderes ein Wort sagen konnte. »Stimmt es, dass Kirschrot im Augenblick die modischste Farbe ist für die Verzierungen an einem Kleid für junge Damen?«
»Es ist ganz sicher eine bevorzugte Farbe«, antwortete Vane.
»Aber nicht auf einem blassgelben Kleid«, warf Patience ein.
Vane sah sie an. »Das will ich doch nicht hoffen.«
»In der Tat.« Patience griff nach seinem
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