Der Liebesschwur
geschwächt, dass sie zögernd nachgab. »Also gut.« Vane nahm sie auf seine Arme, und sie gestand ihm brummend: »Heute Abend fühle ich mich alt.«
Vane lachte leise und machte sich daran, sie zu necken, bis sie ihre gute Laune wiedergefunden hatte. Als sie dann schließlich ihr Zimmer erreicht hatten, war es ihm gelungen, sie zu einem Kommentar über seine Arroganz zu bewegen.
»Du bist deiner selbst zu sicher, Cynster.«
Mit einem Lächeln setzte Vane sie in ihren Sessel am Kamin. Timms eilte geschäftig hin und her, sie war den beiden auf den Fersen gefolgt.
Genau wie Patience.
Als Vane einen Schritt zurücktrat, bedeutete Minnie ihm mit einer Handbewegung zu gehen.« Ich brauche niemanden außer Timms – ihr beide könnt in den Salon zurückgehen.«
Patience warf Vane einen schnellen Blick zu, dann sah sie zu Minnie. »Bist du auch ganz sicher …?«
»Ich bin sicher. Verschwindet ruhig.«
Sie gingen – doch nicht zurück in den Salon. Es war bereits spät, und keiner von beiden hatte den Wunsch nach bedeutungslosem Geplauder.
Allerdings fühlten sie den Wunsch nach Leidenschaft. Sie knisterte zwischen ihnen, wob ihr Netz um sie. Als Vane neben Patience den Flur entlangging, begleitete er sie in wortloser Übereinstimmung zu ihrem Zimmer. Vane nahm an, dass er für das verantwortlich sein würde, was geschah.
Patience war unschuldig, auch wenn sie den Drang verspürte, die Führung zu übernehmen.
Genau das rief er sich ins Gedächtnis, als er vor ihrer Tür stehen blieb. Sie sah zu ihm auf – innerlich wiederholte Vane den Entschluss, den er nach dem Debakel in der Vorratskammer gefasst hatte. Bis er ihr die Worte gesagt hatte, die die Gesellschaft von ihm verlangte, sollten sie beide nicht allein miteinander sein.
Vor der Tür zu ihrem Schlafzimmer, zu Beginn der kühlen Nacht, waren sie nicht sicher, doch in ihrem Schlafzimmer – wo er sein wollte – war auch nicht der passende Ort.
Mit fest zusammengebissenen Zähnen rief er sich das ins Gedächtnis.
Sie sah fragend in seine Augen. Dann hob sie langsam eine Hand an seine Wange und strich sanft zu seinem Kinn. Ihr Blick glitt zu seinen Lippen.
Ohne es wirklich zu wollen, senkte Vane den Kopf und legte seine Lippen auf ihre, auf die sanften, rosigen Lippen, die er jetzt schon so gut kannte. Ihre Umrisse waren in seine Gedanken eingebrannt, ihr Geschmack hatte sich in seine Sinne gestohlen.
Patience schloss die Augen, stellte sich auf Zehenspitzen.
Vane hätte sich nicht von ihr zurückziehen können – er hätte diesen Kuss nicht vermeiden können – , selbst wenn sein Leben davon abgehangen hätte.
Ihre Lippen berührten sich ganz ohne das Feuer, ohne den Drang, den sie in ihren Seelen fühlten. Beide hielten sich zurück, leugneten die Leidenschaft. Für diesen Augenblick waren sie es zufrieden, sich nur zu berühren und berührt zu werden. Die Schönheit dieses zerbrechlichen Augenblicks zu genießen, sich von dem Wunder ihres Bewusstseins einhüllen zu lassen.
Beide zitterten, sehnten sich nacheinander. Sie waren eigenartig atemlos, als wären sie stundenlang gelaufen, eigenartig schwach, als hätten sie zu lange gekämpft und verloren.
Es kostete Mühe, die Augen zu öffnen. Als Vane das gelungen war, sah er, wie Patience noch langsamer ihre Augen öffnete.
Ihre Blicke trafen sich, Worte waren nicht nötig. Ihre Blicke sagten alles, was gesagt werden musste. Vane las die Botschaft in ihren Augen. Er zwang sich, einen Schritt von dem Türrahmen zurückzutreten, an dem er gelehnt hatte. Er zwang sich dazu, ein ausdrucksloses Gesicht zu machen, dann zog er eine Augenbraue hoch. »Morgen?«, fragte er. Er musste sie an einem Ort sehen, der ein wenig förmlicher war.
Patience verzog leicht das Gesicht. »Das kommt ganz auf Minnie an.«
Vanes Lippen bewegten sich, doch er nickte und zwang sich, einen Schritt von ihr wegzumachen. »Wir sehen uns beim Frühstück.«
Er wandte sich auf dem Absatz um und ging den Flur entlang.
Patience stand an der Tür ihres Zimmers und sah ihm nach.
Eine Viertelstunde später kuschelte sich Patience mit einem Schal um den Schultern in den alten Ohrensessel am Kamin und starrte bedrückt in die Flammen. Nach einem Augenblick zog sie die Füße unter den Saum ihres Nachthemdes, dann stützte sie die Arme auf die Armlehnen und legte das Kinn in die Handfläche.
Myst erschien, und nachdem sie sich umgesehen hatte, sprang sie auf Patience' Schoß und machte es sich dort bequem. Abwesend streichelte
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