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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Vielleicht eines, das mit der Schwarzen Lilie in Zusammenhang stand.

9
    Am nächsten Morgen schien wieder alles beim Alten zu sein. Ich räumte die Küche auf, brachte die Scherben weg, die Athos unter einen Stuhl geschoben hatte, und kratzte das Wachs mit einem Messer vom Tisch, das ich zuvor im Feuer etwas erwärmt hatte. Diesen Kniff hatte ich mir bei einer unserer Mägde abgeschaut. Als Athos herunterkam, hatte ich die Pferde, so gut es ging, versorgt und auch schon den Frühstückstisch gedeckt.
    Mein Dienstherr wirkte verkatert. Sein Gesicht war bleich, seine Miene verkniffen. Als ich den Milchkrug, dessen Aufbewahrungsort ich mittlerweile gefunden hatte, etwas laut auf den Tisch stellte, zuckte er zusammen.
    »Mach doch nicht so einen Krach, Bursche!«
    »Verzeiht, Monsieur«, sagte ich schnell, ohne dass es mir leid tat. Den Brummschädel hatte er sich selbst zuzuschreiben.
    Dennoch sah ich mich, was Geräusche anging, vor. Nach dem Zerbrechen des Waschkruges durfte ich mir keine Fehltritte mehr erlauben.
    Als Athos zur Kaserne ritt, war mir ein wenig leichter. Ich räumte auf, so gut es ging, kümmerte mich um die alte Margot und wäre am Nachmittag am liebsten zur Ulme gelaufen, aber ich wusste, dass Jules nicht dort sein würde. Da es keine andere Zerstreuung für den Nachmittag gab, übte ich Fechten. Als die Zeit zum Abendessen herannahte, lief ich zum Roten Hahn und holte dort ein wenig Brot, Suppe und Fleisch. Schlimmstenfalls würde mich Athos dafür tadeln, aber dann hatte ich wenigstens etwas Ordentliches im Magen.
    Als Athos schließlich zurückkehrte, nickte er nur beiläufig zu dem gedeckten Tisch, setzte sich und aß. Ich hatte mit Tadel gerechnet und kein Lob erwartet, doch dass er keinerlei Reaktion zeigte, verwunderte mich.
    Früher als sonst schickte mich Athos an diesem Abend in meine Kammer. Ich holte Antoines Medaillon hervor und strich über die Haarlocke. Ich wünschte mir so sehr, er wäre hier. Ob er auch so mürrisch mit seinem Diener umgegangen wäre wie Athos? Ich konnte es mir nicht vorstellen.
    In dieser Nacht bekamen wir Besuch. Hufgetrappel riss mich aus dem Schlummer. Neugierig geworden erhob ich mich von meinem Lager und ging zu dem kleinen Giebelfenster.
    Zunächst konnte ich nichts erkennen, denn das Fenster war recht hoch angebracht. Doch als ich auf eine Kiste stieg, konnte ich die Straße sehen. Der Reiter, der sich gerade aus dem Sattel schwang, trug dunkle Kleider und einen großen Hut mit schwarzen Federn.
    Ohne dass er klopfen musste, ließ ihn mein Dienstherr ein. Seine Schlaflosigkeit war offenbar nicht nur trunkenes Gefasel.
    Was hatte der Mann hier zu suchen? Ich bezweifelte, dass Athos nach mir rufen würde, weil er meine Dienste benötigte.
    Doch die Neugier packte mich.
    Rasch schlüpfte ich aus dem Bett, verzichtete auf meine Schuhe und schlich zur Tür. Als die Angeln leise knarrten, kniff ich die Augen zusammen. In meinen Ohren war das Geräusch unerträglich laut, doch Athos schien es nicht zu bemerken. Die beiden Männer unterhielten sich über etwas, das ich zunächst nicht verstand. Die Stimme des Fremden war angenehm dunkel. Ich hockte mich zwischen Tür und Rahmen und lauschte.
    »Warum bist du nicht zu unserer letzten Zusammenkunft gekommen, Armand?«, fragte der Mann, dann scharrten Stuhlbeine über den Fußboden. Die beiden ließen sich am Tisch nieder, dann hörte ich, wie Athos dem Besucher Wein eingoss. Ein kleiner Rest war vom Vortag noch übrig.
    »Du weißt, dass ich es als sinnlos erachte. Was sollen wir denn noch tun können?«
    »Die Männer finden und einen nach dem anderen bestrafen!«
    Athos lachte auf. »Als ob das in unserer Macht stünde! Wir werden schon von ihren Meuchelmördern gründlich auf Trab gehalten.«
    »Aber irgendetwas müssen wir tun. Nicht umsonst haben wir dem Lilienpakt Treue geschworen!«
    »Den Lilienpakt gibt es nicht mehr«, antwortete Athos finster.
    Dummerweise knarrte unter meinen Füßen plötzlich eine Diele. Ich hielt den Atem an, als die Männer verstummten.
    »Was war das?«, fragte der Besucher misstrauisch. Mein Körper spannte sich an. Würde er nachsehen kommen?
    »Mein Haus ist alt, mein Freund«, antwortete Athos leichthin. »Da knarrt es hin und wieder.«
    Obwohl es nicht so klang, als wollte er nachsehen, zog ich mich zurück. Auf meinem Strohsack dachte ich dann über das Gehörte nach. Was war dieser Lilienpakt, den es angeblich nicht mehr gab? Gehörte Athos auch einem obskuren Geheimbund an?

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